Die Nachrichtenlage zur Präsidentschaftswahl in den USA fiel eindeutig zugunsten von Donald Trump aus. Nun ist jedoch Joe Biden als Kandidat der Demokraten zurückgetreten und Kamala Harris wird wohl seine Nachfolge antreten. Das dürfte sich in Umfragen positiv auswirken. Die Finanzmarktteilnehmer halten einen Wahlsieg Trumps dennoch für wahrscheinlich. Auch die Chancen, dass die Republikaner die Mehrheit im Repräsentantenhaus behalten und zusätzlich die Kontrolle über den Senat gewinnen, sind hoch. Damit wären alle Hindernisse für ihre Politik beseitigt, vor allem in Bezug auf den Haushalt.
Trump 2.0: Steigende Preise stützen Anleiherenditen, Steuersenkungen den Aktienmarkt
Der allgemeine Konsens lautet, dass eine Präsidentschaft Trumps Steuersenkungen für Unternehmen, Deregulierung und die Abkehr von Klimaschutzmaßnahmen sowie höhere Importzölle mit sich bringen wird. Diese Zölle würden zwar die Steuersenkungen ausgleichen, aber auch dazu führen, dass die Preise steigen. Die Anleiherenditen dürften davon profitieren. Gleichzeitig dürften Steuersenkungen dem Aktienmarkt zugutekommen, während höhere Zölle auf Importe sich vor allem auf kleinere US-Unternehmen positiv auswirken dürften.
Wie sich in dieser Situation der Dollar verhalten wird, ist noch unklar. Eine risikofreudige Aktienrallye würde die Währung tendenziell schwächen, doch höhere Zölle und Sorgen um die Performance der Schwellenländer könnten auch den gegenteiligen Effekt bewirken. Dabei dürfen wir die fundamentalen Aspekte nicht aus den Augen verlieren: Die Wirtschaften der anderen Industrieländer erholen sich und die Zinssätze gehen zurück. Gleichzeitig hat sich das Wachstum in den USA verlangsamt und die Inflationsdaten haben sich verbessert – eine positive Entwicklung.
Trumps Außenpolitik würde Schwellenländern schaden
Trump 2.0 würde auch für eine aggressivere Außenpolitik stehen, insbesondere gegenüber China. Für Schwellenländer ist das eine Hiobsbotschaft. Sowohl Trump als auch sein Vizepräsident J.D. Vance lehnen zusätzliche Unterstützung für die Ukraine und die Nato ab. Europa müsste dementsprechend einen größeren Teil seiner Verteidigungskosten selbst stemmen.
Bis zu den Präsidentschaftswahlen ist noch Zeit und es kann sich noch viel ändern. Sowohl der fundamentale Hintergrund als auch die Aussicht auf einen Wahlsieg Trumps scheinen eine breit aufgestellte Aktienrallye zu begünstigen, auch abseits der „Magnificent 7“. Die bisherigen Wahlen des Jahres 2024 haben die Märkte bereits in Aufruhr versetzt, unter anderem in Indien, Südafrika und Mexiko. Wie sich die weltweit wichtigste Wahl auf die Märkte auswirkt, werden Investoren allerdings erst im November herausfinden.
Von Steven Bell, Chefvolkswirt bei Columbia Threadneedle Investments
Den original Video-Kommentar von Steven Bell sehen Sie hier.