Weltwirtschaft in 2025: Eurozone mit Überraschungspotenzial, Großbritannien unter Druck, USA optimistisch

Columbia Threadneedle Investments | 07.01.2025 13:50 Uhr
Steven Bell, Chefvolkswirt bei Columbia Threadneedle Investments / © e-fundresearch.com / Columbia Threadneedle Investments
Steven Bell, Chefvolkswirt bei Columbia Threadneedle Investments / © e-fundresearch.com / Columbia Threadneedle Investments

  • Eurozone könnte mit besserem Wachstum überraschen, trotz struktureller Probleme in der Fertigung.
  • Steigende Inflation und Arbeitslosigkeit in UK: Bank of England vor Balanceakt beim Kampf gegen Inflation und Wirtschaftsschwäche.
  • Positive Aussichten für US-Wirtschaft bei moderaten Zinssenkungen – Trump als Unsicherheitsfaktor.

Der aktuelle Konsens für 2025 lautet Stagnation in Europa, Stagflation im Vereinigten Königreich, und ein Goldilocks-Szenario in den USA – doch wie wahrscheinlich ist das wirklich? Schließlich werden die Finanzmärkte letztendlich viel zu oft von wirtschaftlichen Überraschungen als von tatsächlichen Ergebnissen bestimmt.

Eurozone: Stagnation

In der Eurozone ist der Marktkonsens extrem düster – so düster, dass wir wahrscheinlich ein besseres Wachstum sehen werden, als von vielen erwartet. Die Konsumausgaben sind schwach und es gibt ernsthafte strukturelle Probleme in der Fertigung, insbesondere in Deutschland. Dennoch sind die Finanzen der Verbraucher gesund, das Vertrauen steigt und die Zinssätze sind niedrig und sinken sogar weiter. Europa wird also wahrscheinlich besser als erwartet abschneiden.

Vereinigtes Königreich: Stagflation

Im Vereinigten Königreich sind die Energiepreise um 10 Prozent gestiegen, statt wie erwartet zu fallen – und auch 2025 dürften sie nochmal leicht ansteigen. Dies hat das Verbrauchervertrauen geschwächt. Die neue Regierung hat die Lage durch starke Steuererhöhungen, Ausgaben und Kreditaufnahmen sowie durch die Erhöhung der Gehälter im öffentlichen Sektor und des Mindestlohns noch verschärft. Doch wie auch in der Eurozone verfügen die Verbraucher im Vereinigten Königreich über hohe Ersparnisse und können mehr ausgeben. Insgesamt wird die britische Wirtschaft 2025 eine höhere Inflation und ein schwächeres Wachstum erleben. Das bringt die Bank of England in ein Dilemma: Sie wird die hohen Zinssätze beibehalten müssen, um die Inflation im Zaum zu halten, aber angesichts der schwachen Wirtschaft gleichzeitig unter Druck geraten, die Zinssätze zu senken.

USA: Goldilocks-Szenario

Die USA dürften weiterhin gut performen. Das Wachstum ist weder zu heiß, um weitere Zinssenkungen zu verhindern, noch ist das Wirtschaftsklima zu abgekühlt, um in eine potenzielle Rezession zu rutschen. Während wir in Europa mit Steuererhöhungen konfrontiert sind, ist in den USA das Gegenteil der Fall, denn ein Großteil der Steuergutschriften und Subventionen im Rahmen des Inflation Reduction Acts und des CHIPS-Gesetzes wurden noch nicht ausgegeben. Das Verbrauchervertrauen ist stark. Die Inflation wird 2025 voraussichtlich über dem Zielwert bleiben, aber nur geringfügig. Der Markt erwartet lediglich bescheidene Zinssenkungen – und könnte angenehm überrascht werden. Die Politik des neuen Präsidenten ist dabei die große Unbekannte, wobei eine Konzentration auf angebotsorientierte Maßnahmen zu begrüßen wäre, und Zölle den Handelspartnern der USA durchaus mehr schaden dürften als dem Land selbst.

Hoffnungsschimmer in der Geopolitik

Die letzte Prognose ist eher eine Hoffnung: Unter den schrecklichen Konflikten in der Ukraine, im Nahen Osten und in weiten Teilen Afrikas leiden Millionen von Menschen. Einige dieser Konflikte sollten 2025 enden oder sich zumindest entschärfen. Wenn 2025 nur eine meiner Prognosen eintritt, dann soll es diese sein.

Von Steven Bell, Chefvolkswirt bei Columbia Threadneedle Investments

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