Ideologiegetriebene Zollpolitik schafft Unsicherheit und schadet der globalen Wirtschaft

Die Situation um die Zölle von Donald Trump bleibt turbulent: Erst hob Donald Trump die Zölle für chinesische Waren auf 104 Prozent an, um die Gegenzölle, die das Land der Mitte erhoben hatte, abzustrafen. Bei anderen Ländern rudert er nun zurück. Anthony Willis, Investment Manager bei Columbia Threadneedle Investments, diskutiert in seinem Marktkommentar die Auswirkungen des Handelskriegs auf die globale Wirtschaft und worauf Anleger jetzt achten müssen. Columbia Threadneedle Investments | 10.04.2025 11:13 Uhr
Anthony Willis, Investment Manager bei Columbia Threadneedle Investments / © e-fundresearch.com / Columbia Threadneedle Investments
Anthony Willis, Investment Manager bei Columbia Threadneedle Investments / © e-fundresearch.com / Columbia Threadneedle Investments

  • Donald Trumps Zollkrieg geht in die zweite Runde: Zehn Prozent Zölle auf fast alle US-Importe und noch höhere Zölle auf Waren aus Ländern wie China, Japan und Indien sowie der Europäischen Union – auch wenn ein Teil davon nun für 90 Tage ausgesetzt ist. Dennoch bleibt es beim Basiszollsatz von zehn Prozent, und auch die 25 Prozent auf Autos, Stahl und Aluminium gelten weiter.
  • Nachdem die Märkte weltweit stark nachgegeben hatten, geht es nun wieder aufwärts. Die Zölle werden erhebliche Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben und könnten die Inflation in den USA anheizen sowie das Wachstum verringern.
  • Das globale Handelsumfeld wandelt sich. Chinas Vergeltungsmaßnahmen durch Zölle in Höhe von vorerst 34 Prozent auf US-Importe sorgen für weitere Unsicherheit, während andere Länder auf Verhandlungen setzen.
  • Die vielen schlechten Nachrichten werden allmählich eingepreist. Das bedeutet Kaufgelegenheiten, doch angesichts der hohen Volatilität sollten Anleger abwarten und die Situation vorerst noch weiter beobachten.

Donald Trumps Zollkrieg sorgt weiter für Aufregung: Ab dem 5. April belegt der US-Präsident fast alle Einfuhren in die USA mit Zöllen von zehn Prozent. Die „schlimmsten Übeltäter“ unter den Handelspartnern nimmt er besonders ins Visier: Zölle auf chinesische Waren sind von bisher 20 Prozent auf 104 Prozent gestiegen1. Für Waren aus Indien werden 26 Prozent veranschlagt, für Einfuhren aus Japan werden 24 Prozent und aus der Europäischen Union (EU) 20 Prozent Zölle erhoben – einige wurden jetzt jedoch um 90 Tage verschoben2. Importe aus dem Vereinigten Königreich werden mit 10-prozentigen Zöllen belegt. Waren aus Mexiko und Kanada sind aufgrund des USMCA-Handelsabkommens ausgenommen, doch es gelten 25 Prozent auf Stahl, Autoteile und Aluminium sowie bestimmte andere Produkte. Zudem ist die US-Regierung um die nationale und wirtschaftliche Sicherheit besorgt und hat deswegen den nationalen Notstand ausgerufen. Grund dafür sei, dass die Vereinigten Staaten ein zu großes und anhaltendes jährliches Defizit im Warenhandel aufweisen.

Die Trump-Zölle sind eine Gefahr für das globale Wachstum

Die US-Einfuhrzölle befinden sich bereits jetzt auf dem Niveau der 1930er Jahre während der Großen Depression. Zu dieser Zeit war das Welthandelsvolumen jedoch nur ein Bruchteil der heutigen Menge, und die globalen Lieferketten waren weit weniger integriert. Wenn die Zölle in der festgelegten Höhe eingeführt werden, könnte das Niveau der 1930er Jahre jedoch sogar noch deutlich übertroffen werden. Der effektive Zollsatz, also ein gewichteter Durchschnitt aller Einfuhrzölle, liegt bereits jetzt am oberen Ende der Erwartungsspanne. Bisher lag die Konsenserwartung für den effektiven Zollsatz bei 12-14 Prozent, jetzt erscheinen jedoch 20-24 Prozent plausibler. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr lag der effektive Zollsatz bei gerade mal 2,5 Prozent. Zudem sind noch viele weitere Variablen im Spiel, wie etwa weitere sektorale Zölle, wie wir sie für den Automobilsektor bereits gesehen haben.

Ersten Schätzungen zufolge wird dies das US-Wachstum um 1,0 bis 1,5 Prozentpunkte verringern und die Inflation um 1,0 bis 1,5 Prozentpunkte erhöhen. Das bedeutet zwar noch keine Rezession, wohl aber eine Wachstumsschwäche. Der Rückgang der Unternehmensgewinne sowie das beeinträchtigte Verbraucher- und Unternehmensvertrauen dürften sich ebenfalls negativ auf das Wachstum auswirken. Auch anderen Volkswirtschaften, die sich zu Produktionszentren für den Export in die USA entwickelt haben, bereitet die Situation erhebliche Schwierigkeiten – vor allem in Asien. Die Abwärtsrisiken für das globale Wachstum sind offensichtlich.

US-Haushalte tragen die Kosten

Laut Trump würden die Zölle Geld für Steuersenkungen einbringen und die heimische Produktion wiederbeleben. Bei gleichbleibender Handelsaktivität könnten die Zölle Schätzungen zufolge bis zu 600 Milliarden US-Dollar erwirtschaften. Das entspräche 2,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und wäre damit doppelt so hoch wie die größte Steuererhöhung in der modernen Geschichte der USA. Den Preis zahlen jedoch die US-Verbraucher: Das Peterson Institute for International Economics schätzt, dass diese Zölle den typischen US-Haushalt mehr als 1.200 Dollar pro Jahr kosten würden.

Zölle sind grundsätzlich stagflationär, da sie das Wirtschaftswachstum bremsen und den Inflationsdruck erhöhen. Unternehmen und Verbraucher werden wahrscheinlich vorerst abwarten und versuchen, die Auswirkungen der Zölle zu antizipieren. Erstere werden vor der Wahl stehen, die durch die Zölle verursachten Kosten zu absorbieren – was ihre Gewinne verringert – oder diese an den Endverbraucher weiterzugeben. Auch die Federal Reserve (Fed) steht vor einer geldpolitischen Herausforderung. Sie wird sehr darauf bedacht sein, dass sich die hohen und weiter steigenden Inflationserwartungen nicht verfestigen.

Ist ein globaler Handelskrieg jetzt unvermeidlich? Die Vorzeichen stehen im Moment nicht gut, aber es wird kein „globaler“ Handelskrieg sein. Stattdessen sind es eher die USA gegen alle anderen. Das Land ist ohnehin eine relativ geschlossene Volkswirtschaft, auf die nur etwa 15 Prozent der weltweiten Importe entfallen – den Handel dominieren die USA nicht so sehr wie die globalen Finanzen oder die Militärausgaben. Andere Länder können auch ohne die Vereinigten Staaten Handel treiben, denn die EU, die 12 Mitglieder des asiatischen Freihandelsabkommens CPTPP, Südkorea und andere offene Volkswirtschaften machen beispielsweise 34 Prozent der weltweiten Importnachfrage aus. Auch unwahrscheinliche Allianzen wurden bereits geschmiedet: China, Südkorea und Japan haben eine gemeinsame Antwort auf die US-Zölle in Betracht gezogen.

Die USA nehmen globale wirtschaftliche Schäden in Kauf

Die gegenseitigen Zölle beruhen auf einer sehr einfachen Berechnung, die auf dem US-Handelsdefizit der jeweiligen Länder basiert. Dieses Vorgehen lässt denjenigen Ländern, die Zugang zur US-Regierung haben und sie beeinflussen können, einen gewissen Verhandlungsspielraum. Diese Liste dürfte allerdings ziemlich kurz sein. Einige Nationen werden sich für inländische Konjunkturmaßnahmen entscheiden, um die Auswirkungen der Zölle auszugleichen und eine weitere Eskalation zu vermeiden. Andere werden wiederum entweder sofort oder erst nach vorherigen Verhandlungsversuchen mit Vergeltungszöllen antworten.

Die Handelspartner der USA werden ihre Reaktionen also vorsichtig abwägen. Laut US-Finanzminister Scott Bessent würden Vergeltungsmaßnahmen eine Eskalation auslösen, sonst seien die aktuellen Zölle aber auf der Höchstmarke angekommen. Während der ersten Präsidentschaft Trumps schienen sie ein Mittel zu sein, um Handelsabkommen durchzusetzen. Jetzt ist die Situation jedoch eine andere: Der Präsident verfolgt eine politische Doktrin mit dem Ziel, die Produktion ins Inland zu verlagern und die US-Wirtschaft weiter vom Rest der Welt abzukapseln. Dafür nimmt er einen schwierigen Übergang in Kauf. Sollten sich die USA wirklich aus dem Welthandel zurückziehen, werden die Folgen für das globale Wirtschaftswachstum tiefgreifend sein. Potenzielle Verhandlungen müssten also schnell erfolgen, um die negativen Auswirkungen zu begrenzen.

Ideologische Politik sorgt für große Unsicherheit

„Ungewissheit“ ist mittlerweile zu einem überstrapazierten Wort geworden, aber es besteht tatsächlich eine Informationslücke – auch wenn es trotz des Aufschubs mittlerweile unwahrscheinlich ist, dass die USA nachgeben werden. Die Märkte sind gefallen, doch nun geht es wieder bergauf. China hat bereits am vergangenen Freitag Vergeltungszölle in Höhe von 34 Prozent auf US-Waren eingeführt, was Anleger noch weiter verunsichert. Die größte Leidtragende ist jedoch nach wie vor die US-Wirtschaft selbst – während die US-amerikanische Handelspolitik für Europa und China sogar positiv sein könnte, denn diese schaffen nun wirtschaftliche Anreize, um den Wirtschaftsschaden durch die Zölle abzufangen.

Wir werden in den nächsten Tagen sehen, ob und in welchem Umfang die anderen Länder mit den USA verhandeln wollen – das wird Aufschluss darüber geben, wie weit sich die Lage noch zuspitzen wird. Die Haltung der US-Regierung ist ideologisch getrieben und basiert nicht auf wirtschaftspolitischen Abwägungen. Bis klar wird, wie umfangreich, weitreichend und langanhaltend die Zölle ausfallen werden, bleibt die Risikobereitschaft der Marktteilnehmer gering.

Die vielen schlechten Nachrichten für die Konjunktur und die Erträge werden allmählich eingepreist. Wir sind der Meinung, dass sich einige Kaufgelegenheiten ergeben werden, aber angesichts der hohen Volatilität sollten Anleger noch abwarten und die Situation weiter beobachten.

Von Anthony Willis, Investment Manager bei Columbia Threadneedle Investments

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