Aber warum ist das so? Die Argumente sind vielfältig und werden stark durch ESG-Faktoren (Environment, Social and Governance) beeinflusst, da Corporate-Governance-Faktoren in einigen Schwellenländern kaum Berücksichtigung finden. Im Grunde haben wir es mit einer jahrzehntelangen Anomalie zu tun, sozusagen einer erheblichen Verzerrung, die mit der Zeit nachlassen dürfte.
Die Situation verändert sich langsam. In der Vergangenheit bezog sich der MSCI China Index nur auf Hongkong. A-Aktien des chinesischen Festlandes sind kaum darin vertreten, obwohl sie eine höhere Marktkapitalisierung ausmachen als ganz Europa zusammen. MSCI hat nun angekündigt, den Anteil chinesischer A-Aktien im kommenden Jahr in jedem seiner Indizes zu erhöhen, nachdem sie in einer ersten Phase zu einer Gewichtung von fünf Prozent aufgenommen wurden. Dies ist ein vielversprechender Anfang.
Wir sehen in EM-Aktien große Chancen, da sie unterrepräsentiert, unterschätzt und unterbewertet sind. Gegenüber DM bieten sie aufgrund ihrer positiven währungsbereinigten Erträge ein günstiges relatives Risiko-Ertrags-Profil. Seit Jahresbeginn wurden die Bewertungen von EM-Aktien erheblich herabgesetzt. Diese liegen nun sowohl aus aktueller als auch aus historischer Sicht deutlich unter der Bewertung des S&P 500 Index. Die meisten dieser EM-Länder besitzen ein Investment-Grade-Rating mit positivem beziehungsweise neutralem Ausblick. Mit Ausnahme von China haben sie ihre Schuldenprofile unter Kontrolle und verzeichnen ein steigendes Pro-Kopf-Bruttoinlandprodukt (BIP). Das größte Risiko im EM-Bereich ist nach unserer Einschätzung immer noch eher die Möglichkeit einer Gesundheitspandemie als eine weitere impulsive Rally des US-Dollar oder ein gravierender Handelskonflikt.
Tim Love, Investment Director – Schwellenländeraktien
Leitzinsanhebungen der US-Notenbank
Die US-Notenbank (Fed) war in den vergangenen drei Jahren ein entscheidender Impulsgeber für Anleger, da sie für eine Normalisierung der Geldpolitik sorgte. Unlängst bestätigte der Fed-Vorsitzende Colin Powell, dass die Notenbank ein neutrales Zinsniveau ansteuere. Dies ließ die Anleger erleichtert aufatmen, da damit der geldpolitische Straffungskurs der Fed beendet sein dürfte. Nach unserer Einschätzung muss die Fed wahrscheinlich keine restriktive Geldpolitik anwenden, da die Inflation nicht Gefahr läuft, das von der Notenbank gesteckte Ziel zu überschreiten.
Andererseits könnten die Anleger die nächsten Schritte der Fed immer noch unterschätzen. Die Märkte nehmen bereits eine Zinserhöhung zu Ende 2018 sowie eine weitere im Jahr 2019 vorweg. Wir halten es dagegen für sehr wahrscheinlich, dass die Notenbank im kommenden Jahr mehrere Zinsschritte vornehmen wird. Daher rechnen wir damit, dass die Anleger früher oder später erkennen werden, dass die Geldpolitik doch restriktiver wird als derzeit eingepreist.
Zudem besteht ein gewisses Risiko des Überschießens, wenn sich die Inflation dem Ziel der Fed annähert oder dieses leicht übertrifft. In einem solchen Szenario reagieren die Märkte oft mit Verunsicherung auf die Aussicht einer restriktiveren und weniger berechenbaren Notenbank. Deshalb sind wir überzeugt, dass die Anlagebedingungen 2019 maßgeblich von geldpolitischen Unsicherheiten geprägt werden.
Larry Hatheway, Group Head of Investment Solutions und Chefökonom
Japan drückt nächstes Jahr eine Mehrwertsteuererhöhung durch
Japans Premierminister Shinzo Abe bekräftigte seine Pläne für eine Erhöhung der Mehrwertsteuer von acht auf zehn Prozent im Oktober 2019. Marktbeobachter fürchten jetzt, dass die bevorstehende Mehrwertsteuererhöhung die private Konsumlaune dämpfen könnte, wie dies nach der ersten Anhebung der Steuer von fünf Prozent auf acht Prozent im Jahr 2014 der Fall war. Dieses Mal sind wir jedoch optimistischer, da die Regierung bekanntgegeben hat, dass nach der Steuererhöhung im kommenden Jahr die Stärkung der japanischen Wirtschaft auf ihrer fiskalpolitischen Agenda steht. Geplant sind Steuererleichterungen für den Kauf von Fahrzeugen und Wohnimmobilien, geringere Steuersätze auf Lebensmittel und Rabatte für bestimmte bargeldlose Käufe. Daher sind wir überzeugt, dass die zweite Mehrwertsteuererhöhung im Gegensatz zur ersten keinen nennenswerten Effekt auf das Verbrauchervertrauen haben wird.
Wir halten die Mehrwertsteuererhöhung für einen entscheidenden Schritt für die Glaubwürdigkeit der japanischen Regierung im Kampf gegen die hohe Staatsverschuldung. Aus diesem Grund dürfte auch das Ende der quantitativen Lockerung für Japans Regierung im kommenden Jahr keine Priorität haben, da sie sich auf die Mehrwertsteuererhöhung konzentriert. Eine Änderung der expansiven Geldpolitik könnte dagegen die Marktdynamik stören.
Reiko Mito, Fondsmanagerin – Japanische Aktien
EZB schlägt neue Richtung in der Geldpolitik ein
Die allseits erwartete Ankündigung der ersten Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank wurde nun auf das Jahr 2019 verschoben, und zwar den jüngsten Angaben zufolge auf September. Steigende Zinsen wirken sich meist positiv auf die Gewinne von Finanzunternehmen aus. Deshalb rechnen wir damit, dass die Anleger, je mehr wir uns dem September nähern, ihre Aufmerksamkeit auf die Wahrscheinlichkeit einer stärkenden Wirkung, die ein solcher Schritt auf die Bilanzen haben kann, lenken werden. Dies betrifft insbesondere die von uns bevorzugten nationalen Marktführer. Da wir mit einer Gewichtung unserer Strategien in variabel verzinslichen und Fixed-to-Float-Anleihen von 50 Prozent bereits für den Zinsanstieg positioniert sind, streben wir an, sowohl von besseren Bonitätskennzahlen als auch vom Umfeld steigender Zinssätze zu profitieren.
2018 konzentrierten sich die Anleger vor allem auf die Risikoreduzierung. 2019 dürften die Zentralbanken zunehmend zu einer quantitativen Straffung (Quantitative Tightening, QT) tendieren. Wir werden häufig gefragt, inwiefern uns das betrifft. QT tangiert uns kaum, da wir im Zuge der quantitativen Lockerung (Quantitative Easing, QE) keine Finanzwerte zugekauft haben und daher auch kein unmittelbarer Zwang zur Auflösung in diesem Bereich besteht.
Grégoire Mivelaz, Fondsmanager –Anleihen in Industrieländern
Brexit
Der Stichtag für den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union rückt näher. Die Lage ändert sich nun nicht mehr täglich, sondern minütlich. Erst am Nachmittag des 10. Dezembers beschloss Theresa May, die für den 11. Dezember 2018 geplante bedeutungsschwere Abstimmung über das Brexit-Abkommen zu vertagen. Denn trotz ihres unrühmlichen Versuchs, Minister und konservative Abgeordnete zusammenzubringen, deutete alles auf eine Niederlage der britischen Premierministerin hin. Hintergrund der Absage ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, dass Großbritannien seine Austrittserklärung nach Artikel 50 jederzeit vor Ablauf der vorgeschlagenen Frist am 29. März 2019 widerrufen kann. Damit räumte der EuGH den Briten die Möglichkeit ein, den Brexit noch zu stoppen.
Das britische Pfund ist aufgrund der stockenden Brexit-Verhandlungen abermals unter Verkaufsdruck geraten. Die aufgeschobene Abstimmung betrachten wir lediglich als einen weiteren Schritt in Richtung eines zweiten Referendums (das zwar nicht vor dem Stichtag im März stattfinden kann, aber vielleicht innerhalb von sechs Monaten, sofern es eine Fristverlängerung gibt), denn wir sehen für das Vereinigte Königreich keine andere Möglichkeit, diesem Fegefeuer zu entkommen, in das es sich durch sein Referendum unabsichtlich gestürzt hat.
Charles Hepworth, Investment Director – Managed Portfolio Services
ILS knacken 100-Milliarden-Dollar-Marke
Wir sind überzeugt, dass der Markt für Katastrophenanleihen und versicherungsgebundene Wertpapiere (Insurance Linked Securities, ILS) im Jahr 2019 mit den gesamten umlaufenden Wertpapieren ein Volumen von über 100 Milliarden US-Dollar erreichen wird – ein wichtiger Meilenstein für den Markt.
Das Überschreiten der Marke von 100 Milliarden US-Dollar ist insofern entscheidend, als viele Marktbeobachter vor gerade einmal 15 Jahren dem damals neu entstandenen Markt lediglich ein Volumen von fünf Milliarden US-Dollar zutrauten. Das Erreichen dieses Meilensteins wird weitere Dynamik freisetzen. Davon dürfte unser Markt sowie die gesamte Versicherungsbranche profitieren.
In einer hohen Anlegernachfrage nach ILS sehen wir zwangsläufig gute Chancen für weiteres Wachstum. Das Bewusstsein dafür, dass dieser Markt noch stärker wachsen und eines Tages ein Volumen von 300 Milliarden US-Dollar erreichen wird, ist gestiegen. Wir sind davon überzeugt, obwohl es unterschiedliche Wege gibt, dieses Ziel zu erreichen. Zum einen kann es durch natürliches Wachstum erfolgen, zum anderen durch eine weitere Expansion in Deckungslücken. Zudem sehen wir bedeutende Chancen für eine Expansion außerhalb des US-Marktes, vor allem in China, sowie bei anderen Ereignissen als Naturkatastrophen wie Cyber-Angriffen und Haftplicht.
John Seo, Mitgründer und Managing Director von Fermat Capital Management, LLC