Die Lehren der Pandemie für ESG-Investitionen

Die Pandemie und ihre schwerwiegenden Folgen für die Weltwirtschaft haben einmal mehr gezeigt, dass Unternehmen, die als „nachhaltig“ gelten, aus buchhalterischer und finanzieller Sicht widerstandsfähiger sind. Darüber hinaus schneiden sie besser ab als die Finanzmärkte. Hierauf verweist Ophélie Mortier, Chef-Strategin für nachhaltige und verantwortliche Investments bei DPAM. DPAM | 24.06.2020 09:31 Uhr
Ophélie Mortier, Head of Responsible Investments bei DPAM / © DPAM
Ophélie Mortier, Head of Responsible Investments bei DPAM / © DPAM
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Diese überlegene Leistung hat sich nicht nur in höheren Renditen der Unternehmen, sondern auch in deren Risikoprofilen niedergeschlagen. Es spielt keine Rolle, ob die Beobachtungen auf den europäischen oder amerikanischen Märkten oder in den Schwellenländern gemacht werden - die Schlussfolgerungen bleiben stets die gleichen: Höheres Alpha bei geringerem Risiko (d.h. geringeres Konkursrisiko, geringere Abwärtskorrekturen der Rentabilitätsprognosen, niedrigere Renditevolatilität usw.). 

Seit dem Ansatz einiger Pioniere vor etwa fünfzehn Jahren hat sich die Bewegung für nachhaltige und verantwortungsbewusste Investitionen drastisch beschleunigt. Die COVID-19-Krise hat den strukturellen ESG-Trend nur noch verstärkt. Da diese Nischenbewegung den Mainstream erreicht hat, haben sich nachhaltige Praktiken weiterentwickelt und sind deutlich robuster geworden. Ausgehend von einem Reputationsansatz sind nachhaltige und verantwortungsbewusste Investitionen nun zu einem Wirkungsansatz übergegangen. 

Heute sind Anleger aufgefordert, ihr Handeln aus einer globalen, ganzheitlichen Perspektive zu betrachten und ihre jeweiligen Auswirkungen (Impact) aufzuzeigen. Umweltexperten haben darauf hingewiesen: Die Übertragung des COVID-19-Virus vom Tier auf den Menschen wurde durch die massive und rasche Verschlechterung unserer biologischen Vielfalt verursacht. Dies zeigt, wie eng Umwelt- und Menschenfragen miteinander verflochten sind. Investoren werden zunehmend gefordert sein, ihre soziale Verantwortung, insbesondere im Hinblick auf die Menschenrechte, zu übernehmen und zu demonstrieren. 

Auch wenn Regierungen und Zentralbanken mit umfangreichen Maßnahmen der Krise entgegenwirken, muss insgesamt die Fähigkeit des globalen Finanzsystems in Frage gestellt werden, die Ziele des neuen Jahrhunderts zu erreichen. Es ist daher notwendig, weiterhin die Lehren aus den jüngsten Krisen, einschließlich der aktuellen COVID-19-Pandemie, zu ziehen. Sie wird es uns ermöglichen, mittel- und langfristig ausgerichtet zu bleiben und kooperative Aktionen für ein nachhaltigeres wirtschaftliches und finanzielles Umfeld zu unterstützen. 

Angesichts der gegenwärtigen Situation kann es ratsam sein, einige Prinzipien der Unternehmensführung flexibler als sonst anzugehen. Die COVID-19-Krise hat die Stakeholder-Governance im Gegensatz zur Aktionärs-Governance gestärkt. Die umfassendere Verantwortung eines Unternehmens gegenüber der Gesellschaft als Ganzes steht im Mittelpunkt der Debatte, ebenso wie die Suche nach einer ausgewogeneren Behandlung der verschiedenen Interessensgruppen. Die kontinuierliche Integration von ESG-Faktoren ermöglicht die Schaffung eines „Tugendkreislaufs“ mit längeren Anlagehorizonten und ESG-Best-Practices. 

Müssen wir derweil befürchten, dass die Verschiebung wichtiger internationaler Meetings wie der Weltklimakonferenz in Glasgow (COP 26) die jüngsten Fortschritte bei verantwortungsbewussten Investitionen verlangsamen wird? Es ist wichtig, zwischen den Fortschritten bei der Regulierung nachhaltiger und verantwortungsbewusster Investitionen auf der einen Seite und den Fortschritten bei der ‚grünen‘ oder ‚sozialen‘ Regulierung, die sich mehr an die Wirtschaft und Regierungen richtet, auf der anderen Seite zu unterscheiden. Ebenso müssen wir zwischen europäischen und internationalen Ambitionen unterscheiden. Die COVID-19-Krise zeigt, warum heute mehr denn je nachhaltige und verantwortungsbewusste Investitionen eine klare und gemeinsame Sprache brauchen, um ihr strukturelles Wachstum zu unterstützen. 

Zahlreiche Initiativen (z.B. die Empfehlungen des Sustainability Accounting Standard Board, der Global Reporting Initiative oder der Task Force for Climate-related Financial Disclosure) können verantwortungsbewusste Finanzpraktiken unterstützen. Ihre Vielfalt kann jedoch auch Verwirrung stiften. Die ‚Grüne Taxonomie‘ der Europäischen Kommission kann hier potenziell Unterstützung bieten. Sie zielt nicht ausschließlich auf grüne Produkte ab, sondern berührt alle Finanzlösungen. Darüber hinaus kann sie sich sogar auf die Unternehmensführung und -strategie auswirken, indem sie bestimmte Geschäftsaktivitäten in Frage stellt oder künftige Fusionen und Übernahmen beeinflusst, und somit einen bedeutenden Einfluss auf die gesamte Wertschöpfungskette von Investitionen ausüben.

Tipp: Den ausführlichen Kommentar von Ophélie Mortier finden interessierte LeserInnen hier als PDF-Dokument.

Für Interessenten an detaillierteren Informationen empfiehlt sich die aktuelle ESG-Artikelserie aus dem Hause DPAM, die über die nachfolgenden Links abrufbar ist: 

Teil 1: Nachhaltige Entwicklung: Ein lohnendes Unterfangen unter allen Umständen 

https://publications.dpamfunds.com/magazine/blog/esg-outlook-part-1/ 

Teil 2: Verteidigung der drei ESG-Dimensionen: Ein ganzheitlicher Ansatz - Mensch und Umwelt auf gleicher Augenhöhe 

https://publications.dpamfunds.com/magazine/blog/esg-outlook-part-2/ 

Teil 3: Nachhaltige wirtschaftliche Erholung: Alle Interessensgruppen im Einsatz für das Gemeinwohl 

https://publications.dpamfunds.com/magazine/blog/esg-outlook-part-3/ 

Teil 4: Wie ein verlangsamter Regulierungsfortschritt die internationalen Ambitionen gefährden kann 

https://publications.dpamfunds.com/magazine/blog/esg-outlook-part-4_/

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