Die einst unkonventionellen, groß angelegten Käufe von Vermögenswerten durch die Notenbanken sind mittlerweile konventionell geworden - dauerhaft und grenzenlos. Ursprünglich sollten sie als temporäres monetäres Instrument dem zyklischen Gegenwind entgegenwirken. Doch haben sich die Anlagenkäufe mit der Zeit zu einem strukturellen Instrument gewandelt, das sowohl Geld- als auch Fiskalpolitik in großem Stil miteinander verbindet. Peter De Coensel, CIO Fixed Income bei DPAM, nennt dies ‚QE zum Quadrat‘, da die Beschleunigung der Intensität der quantitativen Maßnahmen eine quadratische Funktion imitiert. QE2 bringe die Märkte an die Grenzen ihres korrekten Funktionierens. Gestörte, von der Realität abweichende Marktbewertungen könnten dabei länger andauern. Wir könnten in ein neues Marktregime eingetreten sein. Ein Regime, das anhaltend hohe Volatilität mit sich bringt und viele Marktteilnehmer in seiner Aggressivität und seinen potenziellen Ergebnissen überraschen könnte, so der DPAM-Rentenexperte.
Das Volatilitätsbarometer des US-Aktienmarktes, der VIX, hatte im Sommer die 20er Marke getestet, liegt aber derzeit wieder über 30. Der Durchschnitt über das Jahr 2020 liegt bei etwa 30, was tägliche Bewegungen im S&P 500 von fast 2% impliziert. Was die Zinssätze betrifft, so wurde der Volatilitätsspitze im März durch beispiellose Anleihenkäufe von Zentralbanken entgegengewirkt, was die Schwankungen auf historische Tiefststände trieb. Im vergangenen Monat stellten wir jedoch einen erheblichen Anstieg der Volatilität bei den US-Renditen fest.
In den letzten 10 Jahren wurde die Volatilität der Märkte durch taktische quantitative Maßnahmen unterdrückt. Im Rückblick war das Basisszenario als „Goldlöckchen-Anlagebedingungen“ bekannt. Solide Risikobereitschaft wurde gut belohnt. Gleichzeitig erforderte das Risikoszenario nur wenig Aufmerksamkeit. Der Beginn struktureller, globaler und groß angelegter dauerhafter Anlagenkäufe könnte eine Phase überdurchschnittlicher Volatilität ausgelöst haben.
Marktteilnehmer sollten Peter De Coensel zufolge eine zunehmende Volatilität der Renditen bei Anleihen, Aktien und auch Balanced-Anlageinstrumenten erwarten. Angesichts der engen Zusammenarbeit zwischen Geld- und Fiskalpolitik, bei der die Zentralbanken die Rolle eines Wächters einnehmen, der die Zinssätze für die Regierungen auf einem ‚überschaubaren‘ Niveau hält, sollten Anleger aufmerksam sein und die Chancen nicht verpassen, die sich bieten, wenn die Langfristrenditen auf ein attraktives Niveau steigen. Der Markt für US-Staatsanleihen bewegt sich in Richtung attraktiver Einstiegspunkte. Demgegenüber bleiben die Bewertungen an den europäischen Anleihemärkten hoch, ein Ende der Hausse ist dort nicht in Sicht. Eine anhaltend hohe Volatilität könnte die Finanzmarktteilnehmer auf die Probe stellen. Es bleibt abzuwarten, ob die Zentralbanken ein Comeback des systemischen Finanzmarktrisikos vermeiden können, sobald die Spekulationswellen abflachen oder sogar in sich zusammenfallen...
Den ausführlichen aktuellen Kommentar von Peter De Coensel finden Sie hier.