Was sind nun die Erwartungen der Marktteilnehmer? Dass expansive Staatsausgaben die Nachfrage angesichts eines anhaltenden Anstiegs der verfügbaren Einkommen ankurbeln? Dass wir uns im Sommer durch die Impfprogramme dem Niveau der Herdenimmunität annähern und sich der Konsum beschleunigt? Dass Ersparnisse angezapft werden, um die zurückeroberte Freiheit zu feiern? Dann könnte die US-Inflation in Kombination mit positiven Basiseffekten im Laufe des Jahres 2021 einen Wert von 2,5 % und mehr erreichen und die Renditen für 10-jährige US-Staatsanleihen auf 2,00 % steigen. So sehen es zumindest einige Marktbeobachter.
So plausibel sich die Abfolge der obigen Ereignisse auch lesen mag, Peter De Coensel, CIO Fixed Income bei DPAM, stellt dieses Szenario in Frage. Seine Gegenargumente beziehen sich auf den Regimewechsel auf der Ebene der monetär-fiskalischen Kooperation und Zusammenarbeit, der bereits im letzten Jahr oft diskutiert wurde. Anhaltende fiskalpolitische Initiativen, mit bedingungsloser Unterstützung der Geldpolitik, sind seines Erachtens erforderlich, um den Übergang der Weltwirtschaft zu einem nachhaltigen Ökosystem zu ermöglichen, Wachstumsziele als Motor des Wohlstands neu zu formulieren und die Ungleichheit der Entlohnung von Arbeit und Kapital zu verringern.
Es ist zu erwarten, dass die quantitativen Programme der FED in den nächsten Jahren in Umfang und Dauer überraschen werden, um die Entfaltung fiskalischer Initiativen zu ermöglichen. Die FED wird den Anstieg der Kapitalbeschaffungskosten für das US-Finanzministerium begrenzen. Überraschungen bei der Inflation werden die US-Anleihenmärkte nicht verschrecken, sondern die US-Realzinsen allenfalls tiefer in den negativen Bereich drücken.
Schwellenländer werden nach Ansicht von Peter De Coensel weiterhin von einem starken geld- und fiskalpolitischen Stimulus profitieren. Sie werden die allmähliche Erholung von der Pandemie anführen. Die Finanzierungskapazität und die fiskalischen Puffer werden die entscheidenden Faktoren für die Länderauswahl sein. Die Schuldenstände der Schwellenländer wurden durch eine Kombination aus negativem Wachstum und der Notwendigkeit höherer Ausgaben beeinflusst. Die Verschuldung im Verhältnis zum BIP ist zwar gestiegen, liegt aber immer noch deutlich unter dem Niveau der Industrieländer. Sinkende Risikoprämien, das Niedrigzinsumfeld und ein schwächerer Dollar werden die Kosten für den Schuldendienst für viele Emerging Markets senken.
‚Low for Longer‘ macht Schwellenländer-Staatsanleihen zu einer attraktiven Lösung. Ein gut diversifiziertes Portfolio, das in Lokalwährungsanleihen mit einem durchschnittlichen Investment-Grade-Rating investiert ist, rentiert heute um 5 % und damit deutlich höher als Anlagen in US- oder EUR-Staatsanleihen sowie IG- und HY-Unternehmensanleihen. Aus historischer Sicht sind die absoluten Renditen und Spreads nahe dem Tiefpunkt. Die realen Renditen und Spreads in lokalen Währungen sind jedoch immer noch auf einem sehr attraktiven Niveau. Betrachtet man nicht die Spreads, sondern das Verhältnis von Lokalwährungsrenditen zu US-Treasury-Renditen, so liegen wir immer noch rund 50 Basispunkte über dem Höchststand, der während der globalen Finanzkrise verzeichnet wurde! Peter De Coensel erwartet, dass diese Risikoprämie weiter sinken wird.
Den vollständigen Kommentar von Peter De Coensel finden interessierte LeserInnen hier als PDF-Dokument.