DPAM-Stratege: Erst die Arbeitsdebatte, dann die Inflationsdebatte

DPAM | 18.06.2021 13:13 Uhr
Peter De Coensel, CIO Fixed Income bei DPAM / © e-fundresearch.com / DPAM
Peter De Coensel, CIO Fixed Income bei DPAM / © e-fundresearch.com / DPAM
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Schlüsselbotschaften

·Wir raten Anlegern, den Erholungsprozess am Arbeitsmarkt gegenüber dem medial angeheizten Inflationsgeschehen in den Vordergrund zu stellen.

·Die Erholung an den Arbeitsmärkten wird sich als langwierig erweisen, wie es nach 2009 der Fall war. Die Debatte um die Diskrepanz zwischen Anforderungen und Qualifikationen an den Arbeitsmärkten sowie deren gesellschaftlichen Auswirkungen verdienen mehr Aufmerksamkeit. Spannungen, die aus Ungleichheiten resultieren, könnten zunehmen.

·Die US-Notenbank behandelt die Inflation als residuales und die Arbeitsmarktlage als ihr eigentliches Hauptziel. Die Fed verfügt über alle Instrumente, um die Zinsentwicklung zu steuern. Die implizite Zinskurvensteuerung, die in Postings des letzten Jahres oft diskutiert wurde, hat die Szene nie verlassen.

Viele Studenten legen im Juni eine Reihe von Prüfungen ab. Wenn Sie Wirtschaftsfragen zum Verhalten der Anleihenmärkte in jenem Moment stellen würden, in dem die Kerninflation in den USA 5 % erreicht, würden wohl nur wenige antworten, dass die Kurse von US-Treasuries stark anziehen und 10-jährige Renditen etwa 10 Basispunkte verlieren würden. Was geht hier vor? Einige Marktstrategen verweisen auf das technische Schließen von Short-Positionen, obwohl dies naturgemäß kurzfristig ist. Andere verweisen auf die kontinuierliche Umschichtung von Pensionsfonds in US-Treasuries, da die meisten ein Deckungsniveau von nahezu 100 % erreicht haben. Das Rebalancing verliert jedoch an Intensität. Eine wachsende Zahl von Marktteilnehmern ist sich allmählich darüber einig, dass der Inflationsschub in den USA vorübergehend ist. Dies bedeutet, dass wir anderen sensiblen Indikatoren Aufmerksamkeit schenken sollten, wie der Erholung des Arbeitsmarktes. Die Debatte sollte sich auf die Art der Erholung am US-Arbeitsmarkt und ihre Auswirkungen auf die US-Renditen verlagern.

Die Erholung des US-Arbeitsmarktes nach der Großen Finanzkrise hat sehr lange gedauert, die Arbeitslosenquote fiel erst 2016 unter 5 %. Während dieses Mal einige Arbeitsplatzverluste bereits wieder kompensiert wurden, haben die letzten beiden „Non-farm Payroll“-Veröffentlichungen enttäuscht. In den USA gibt es immer noch etwa sieben Millionen weniger Arbeitsplätze als Ende 2019. Aus vergangenen Rezessionen wissen wir, dass drei Punkte beachtet werden müssen, wenn Arbeitgeber mit einem Umfeld hoher Arbeitslosigkeit konfrontiert sind. Erstens haben Unternehmen größere Schwierigkeiten bei der Auswahl neu einzustellender Mitarbeiter. Zweitens steigt die Mitarbeiterrotation in Sektoren, die weniger von der Pandemie betroffen sind oder sogar davon profitieren, was zu längeren Vorlaufzeiten bei der Suche nach geeignetem personellem Ersatz führt. Drittens steigt die Kreditvergabe der Banken aufgrund der anhaltenden Unsicherheit nur langsam, und das zu einem Zeitpunkt, an dem einige Branchen ihre Aktivitäten ausweiten wollen. Die ersten beiden Punkte beziehen sich auf die Diskrepanz zwischen den Qualifikationen, die derzeit in den Gewinner- und Verliererbranchen auftreten. Außerdem könnten die am stärksten betroffenen Sektoren (Freizeit und Gastgewerbe, Einzelhandel, Unterhaltung usw.) einen höheren Anteil an dauerhaften Arbeitsplatzverlusten verzeichnen. Die Struktur des Arbeitsmarktes hat sich mehr in Richtung dienstleistungsbezogener Arbeitsplätze als in Richtung güterbezogener Arbeitsplätze verschoben. Wir müssen möglicherweise einen längeren Zeitraum einplanen, um die Lücke in der Erwerbsbevölkerung in qualitativer Hinsicht und mit entsprechend angemessener Bezahlung zu schließen. 

Der „Non-farm Payroll“-Bereich benötigt einen monatlichen Zuwachs von etwa 300.000 Arbeitsplätzen über die nächsten zwei Jahre, um die Beschäftigungszahlen per Ende 2019 im Sommer 2025 zu erreichen. In einem Szenario, in dem einerseits kleine und mittlere Unternehmen in ihrem Überlebenskampf beschließen, nicht oder weniger einzustellen, und andererseits die sehr erfolgreichen Firmen, die ein höheres Produktivitätsniveau anstreben, ebenfalls langsamer einstellen, muss der oben genannte Zweijahreszeitraum möglicherweise verlängert werden. Plattformbasierte, netzwerkabhängige Geschäftsmodelle schaffen Telearbeitsplätze und sparen so Arbeitskosten und den äquivalenten Zeitwert von Vollzeit-Arbeitsplätzen ein. Bei einem durchschnittlichen monatlichen Zuwachs von mehr als 200.000 Arbeitsplätzen können bis Sommer 2026 sieben Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden.

Die Teilnehmer am US-Treasury-Markt sind sich dessen bewusst. Das Schließen der Beschäftigungslücke im Jahr 2026 würde der US-Notenbank weniger Spielraum für eine Straffung ihrer Geldpolitik lassen. Die Fähigkeit, eine Normalisierung des Arbeitsmarktes zu erreichen, wird die Normalisierung der Notenbankpolitik vorantreiben. Die Fed hat der Vollbeschäftigung im Rahmen ihres dreifachen Mandats Priorität eingeräumt. Stetiges Wachstum wird durch die Zusammenarbeit mit dem US-Schatzamt erreicht, das ein noch zu beschließendes Fiskalpaket ausrollen wird. Inflation wird zur Restgröße.

Das inoffizielle vierte Ziel, die Finanzmarktstabilität, könnte mit dem gewohnten ‚gradualistischen‘ Ansatz erreicht werden, einschließlich eines bedarfsweisen Einsatzes quantitativer Maßnahmen. Der letzte Zinszyklus dauerte drei Jahre (Dezember 2015 bis Dezember 2018) und hob die Leitzinsen auf 2,5%. Die Zukunft könnte uns mit einer Abfolge neuer Tiefststände konfrontieren. Wie in den vergangenen Wochen bereits erwähnt, könnte sich der vor uns liegende Zinserhöhungszyklus „nur“ auf 1,5 % oder 2,00 % erstrecken. Das könnte erklären, warum die 10-jährigen US-Renditen die zwei Monate alte Spanne von 1,50% bis 1,75% durchbrochen haben. In dem Moment, in dem der Markt thematisch von Inflation auf Arbeitsmarkterholung umschaltet, könnten wir in eine Spanne von 1,25 bis 1,50 % für die 10-jährigen US-Renditen eintreten.

Peter De Coensel, CIO Fixed Income bei DPAM

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen. Das NewsCenter ist eine kostenpflichtige Sonderwerbeform der e-fundresearch.com AG für Asset Management Unternehmen. Copyright und ausschließliche inhaltliche Verantwortung liegt beim Asset Management Unternehmen als Nutzer der NewsCenter Sonderwerbeform. Alle NewsCenter Meldungen stellen Presseinformationen oder Marketingmitteilungen dar.
Klimabewusste Website

AXA Investment Managers unterstützt e-fundresearch.com auf dem Weg zur Klimaneutralität. Erfahren Sie mehr.

Melden Sie sich für den kostenlosen Newsletter an

Regelmäßige Updates über die wichtigsten Markt- und Branchenentwicklungen mit starkem Fokus auf die Fondsbranche der DACH-Region.

Der Newsletter ist selbstverständlich kostenlos und kann jederzeit abbestellt werden.