Früher wurde die Nahrungsmittelproduktion zumeist gesteigert, indem man mehr Land und mehr Düngemittel einsetzte. Heute soll das gleiche Ziel mit weniger Ressourcen erreicht werden. Kurz gesagt: Man muss die Produktivität steigern oder weniger verschwenden.
Innovation spart Geld, schützt Vielfalt
Das Thema Agrartechnik umfasst mehr als Maschinen und Roboter. Es geht zum Beispiel um die Auswahl von Saatgut mit verbesserter Dürreresistenz. Von derartigen Veränderungen profitierten in der Vergangenheit vor allem die großen Saatgut- und Agrochemieunternehmen. Zukünftig werden sie hoffentlich auch den Landwirten und den Verbrauchern zugutekommen. Ein Beispiel für eine bereits vermarktete Innovation ist das von Deere entwickelte See & Spray-Sprühsystem. Dieses kann den Herbizideinsatz um 60-70% reduzieren und schont damit nicht nur den Geldbeutel des Landwirts, sondern auch die Artenvielfalt und die Gesundheit der Verbraucher.
Innovationen müssen erschwinglich, rentabel, skalierbar und ökologisch nachhaltig sein
Neue Technologien, die Agrartechnik auf absehbare Zeit zum Anlagethema machen, müssen vor allem erschwinglich, rentabel (durch Einsparungen oder zusätzliche Einnahmen) und skalierbar, also in großem Maßstab anwendbar, sein. Nicht alle Innovationen haben diese Qualitäten. Viel versprach man sich von vertikaler Landwirtschaft (Anbau von Gemüse in geschlossenen Lagern mit künstlicher Beleuchtung), aber viele Initiativen sind unter den eskalierenden Investitions- und Betriebskosten zusammengebrochen.
Neben der Maximierung der Produktivität sollen Lösungen auch die ökologische Nachhaltigkeit gewährleisten. Zählt der Agrartechnik-Sektor also zu den ESG-Investments? Solange sich das Verbraucherverhalten nicht plötzlich und grundlegend ändert, sind Technologien und Innovation die einzige Möglichkeit, die Auswirkungen des Agrarsektors auf die Umwelt spürbar zu verringern. Die Europäische Kommission schätzt, dass das globale Lebensmittelsystem etwa 30% der weltweiten Treibhausgasemissionen verursacht. Net-Zero-Ziele werden sich daher ohne einen erheblichen Beitrag der Landwirtschaft nicht erreichen lassen. Zusätzlich übt der Sektor Druck auf die Umwelt (Entwaldung, Verlust der biologischen Vielfalt) und auf die Gesundheit der Verbraucher aus.
Beispiel Rindfleischproduktion: Technologie als (fast) beste Lösung
Von allen Eiweißarten hat Rindfleisch den größten ökologischen Fußabdruck, da seine Herstellung viele Futtermittel und diese wiederum viel Land für die Produktion von Soja und Mais und große Mengen an Pestiziden fordert (vom Methan aus dem Verdauungssystem der Tiere ganz abgesehen). Solange der Rindfleischkonsum zunimmt, sind Technologien die beste Lösung, um die Auswirkungen der bestehenden Produktionskette zu mindern, also eine effizientere Pflanzenproduktion mit besserem Saatgut und moderneren Geräten. Ansetzen lässt sich zudem bei der Rindfleischproduktion selbst, über verbesserte Tiergenetik und Futtermittelzusätze, sowie mit Lösungen zur Verbesserung der Lebensmittelqualität wie natürlichen Konservierungsmitteln (bei gleichzeitiger Verringerung der Lebensmittelverschwendung). So mindert beispielsweise der von DSM-Firmenich entwickelte Futtermittelzusatz Bovaer die Methanemissionen um mindestens 30%. Sechs der größten Milcherzeuger haben auf der COP28 die Methan-Allianz gegründet, die Methanemissionen in ihrer Milchproduktion senken wollen.
Innovation senkt Kosten
Europas Landwirte haben es schwer: Die zunehmende Regulierung führt zu zusätzlichen Kosten und Investitionen, die sich über die Verkaufspreise nicht kompensieren lassen. Vorteile gegenüber billigeren importierten Lebensmitteln müssen über die Produktqualität oder über Innovationen erzielt werden.
Von Ignace De Coene, Fondsmanager Fundamental Equity bei DPAM