Liquiditätsnachteile und Gesamtkosten machen Hochzins-ETFs weniger attraktiv

Die Anleihen-Experten von DPAM, Bernard Lalière und Marc Leemans haben Anleihen-ETFs auf ihre vermeintlichen Vorteile hin geprüft: DPAM | 25.09.2024 10:14 Uhr
Die Anleihen-Experten von DPAM, Head of Credit Bernard Lalière und Fondsmanager Marc Leemans / © e-fundresearch.com / DPAM
Die Anleihen-Experten von DPAM, Head of Credit Bernard Lalière und Fondsmanager Marc Leemans / © e-fundresearch.com / DPAM

  • Hochzins-ETFs sind tendenziell volatiler als aktive Hochzins-Fonds 

  • Liquiditätsvorteil der Hochzins-ETFs ist nicht kostenlos 

  • Für die drei größten europäischen Hochzins-ETFs ergibt sich auf Fünfjahresstrategie ein durchschnittlicher Aufschlag von 0,42 Basispunkten 

ETFs erfreuen sich seit ihrer Einführung in Nordamerika in den 1990er Jahren und in Europa im Jahr 2000 großer Popularität. Hauptgründe sind die niedrigen Kosten, die Vorteile von Indexstrategien sowie der einfache Zugang und die Liquidität. 

Oft enge Marktsegmente

Viele ETFs bilden ihre ganz eigenen Indizes oder enge Marktsegmente nach. Ein Beispiel sind Hochzinsanleihen: Passive ETFs bilden hier andere Indizes nach als die, an denen sich aktiv gemanagte Fonds orientieren. Die von ETFs verwendeten Indizes stellen nur den liquidesten Teil der breiteren Marktindizes dar.

In der Regel schneiden diese liquiden Indizes schlechter ab als die von aktiven Fonds verwendeten. Selbst bei einer Konzentration von ETFs auf die liquidesten Anleihen kommt es vor, dass einige davon nur selten am Sekundärmarkt gehandelt werden. Während aktive Fondsmanager diese im Fonds behalten können, optimieren viele ETFs ihre Portfolios, indem sie die am wenigsten liquiden Wertpapiere im Index nicht halten. Diese Optimierung führt unweigerlich zu einer Abweichung (Tracking Error) vom zugrundeliegenden Index und damit zu einer Underperformance. Die Verwaltungsgebühren sind dabei ein wesentlicher Faktor. Sowohl aktive als auch passive Vermögensverwalter sehen sich mit dieser Herausforderung konfrontiert.   

Daher ist es sinnvoll, die Rendite pro Risikoeinheit von ETFs mit der von SICAV-Fonds zu vergleichen. Vergleicht man eine Auswahl großer europäischer Hochzinsanleihen-Fonds mit den drei größten europäischen Hochzinsanleihen-ETFs, ergibt sich das folgende Ergebnis: 

  • Hochzins-ETFs sind tendenziell volatiler als Hochzins-Fonds. Ihr Rendite-Risiko-Verhältnis ist schlechter. Investoren bieten sie keinen Vorteil, insbesondere wenn diese einen Zugang zu institutionellen Anteilsklassen mit niedrigeren Gebühren haben. 

  • Bei Markteinbrüchen weisen ETFs in den Kategorien Investment Grade und High Yield tendenziell größere Verluste auf als der Index. Der Renditeunterschied zwischen aktiven Fonds und ETFs lässt sich zum Teil auch dadurch erklären, dass ETFs nicht am Primärmarkt teilnehmen können. Bei der Emission neuer Anleihen erhalten aktive Fonds üblicherweise eine Emissionsprämie. 

Liquiditätsvorteil ist nicht kostenlos

ETFs kombinieren die Merkmale eines SICAV-Fonds (Zeichnung/Rücknahme von Fondsanteilen) mit denen einer Aktie (kontinuierlicher Börsenhandel). Am Primärmarkt sind „autorisierte Teilnehmer“ berechtigt, ETF-Anteile zu schaffen und zurückzunehmen. Jeden Tag veröffentlicht ein ETF-Manager eine Liste der Wertpapiere, die er in den Fonds aufnehmen möchte (Creation Basket). Um neue Anteile zu schaffen, kauft ein autorisierter Teilnehmer (Authorised Participant, AP) alle Wertpapiere in diesen Korb im richtigen Verhältnis, hinterlegt diesen Wertpapierkorb zusammen mit einer Barkomponente in einem Treuhandvermögen und erhält im Gegenzug ETF-Anteile, die auf dem Sekundärmarkt gehandelt werden können.

Am Sekundärmarkt werden die ETF-Anteile zu einem „Geld“- oder „Brief“-Kurs notiert. Die Geld-Brief-Spanne ist die Differenz zwischen diesen Kursen. Weniger gehandelte ETFs haben tendenziell größere Geld-Brief-Spannen. Die Spanne vergrößert sich in der Regel bei einem Marktcrash. Der für ETFs oft angeführte Liquiditätsvorteil hat also seinen Preis. 

Arbitrage sorgt (teilweise) für Effizienz am Markt

Der „Creation Basket“ wird auch zur Berechnung des Nettoinventarwerts (NAV) des Portfolios verwendet und am Ende jedes Handelstages veröffentlicht. Im Gegensatz zu einem SICAV-Fonds können ETF-Anteile jedoch während des gesamten Handelstages gehandelt werden, und es wird ein Intraday-Nettoinventarwert oder ein indikativer Wert auf Grundlage der Marktpreise der im ETF gehaltenen Wertpapiere veröffentlicht. Im Laufe des Tages schwankt der Preis des ETFs um diesen Intraday-NAV. Steigt der Preis stärker, als es der Wert der zugrunde liegenden Wertpapiere rechtfertigt, kaufen autorisierte Teilnehmer diese Wertpapiere und schaffen neue ETF-Anteile.

Aufgrund dieser Arbitrage wird ein ETF mit einem Auf- oder Abschlag gehandelt. Bei Wertpapieren wie Hochzinsanleihen kann dieser Aufschlag erheblich sein: Für die drei größten europäischen Hochzins-ETFs in den vergangenen fünf Jahren lässt sich ein durchschnittlicher Aufschlag von 0,42 Basispunkten errechnen – deutlich höher als zum Beispiel bei US-Aktien aus dem S&P 500 oder europäischen Investment-Grade-Unternehmensanleihen. Im Durchschnitt wird der Markt in 70 Prozent der Fälle mit einem Aufschlag gehandelt. Die autorisierten Teilnehmer gehen scheinbar nicht durchgehend davon aus, die zugrundeliegenden Anleihen effizient liefern zu können, um diese Prämie durch die Schaffung neuer Anteile zu nutzen.  

Fazit: Nachteile und Gesamtkosten machen ETF weniger attraktiv

ETFs sind nicht ausnahmslos der Heilige Gral fürs Management von Unternehmensanleihen-Portfolios. Einer der Schwachpunkte der derzeitigen Anleihe-ETFs besteht darin, dass sich ihr Anlageuniversum vom Index unterscheidet, der von den meisten SICAV-Fonds verwendet wird. Außerdem schneiden diese ETFs in der Regel schlechter ab als ihre eigenen Benchmarks und schwanken stärker. Auf den ersten Blick mögen die Verwaltungsgebühren attraktiv erscheinen, aber rechnet man sie zu den Gesamtkosten hinzu, einschließlich der Geld-Brief-Spanne und des durchschnittlichen Aufschlags, sind sie weniger attraktiv als häufig dargestellt.

Von Bernard Lalière, Head of Credit und Marc Leemans, Fondsmanager bei DPAM

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