Anleihen 2025: Agieren in Ungewissheit

Im laufenden Jahr gingen die Entwicklungen der USA und Europas auseinander – anhaltende wirtschaftliche Stärke trotz höherer Zinsen auf der einen, verschlechterte Aussichten auf der anderen Seite. Sam Vereecke, CIO Fixed Income von DPAM, blickt in diesem Umfeld voraus auf 2025: DPAM | 05.12.2024 09:18 Uhr
Sam Vereecke, CIO Fixed Income bei DPAM / © e-fundresearch.com / DPAM
Sam Vereecke, CIO Fixed Income bei DPAM / © e-fundresearch.com / DPAM

Die Fed hat auf die veränderten Konjunkturdaten mit einer Leitzinssenkung um 50 Basispunkte reagiert. Fed-Chef Powell richtete damit die US-Geldpolitik neu aus, da sich der Arbeitsmarkt ausreichend abgekühlt hatte.

Auch wenn die europäische Wirtschaft schon seit anderthalb Jahren stagnierte und sich im Vergleich zu den USA in einer viel schwächeren Position befindet, senkte die EZB die Zinssätze nur in kleinen Schritten. Anders als in den USA war dies eine verzögerte Reaktion auf sinkende Inflationsraten und keine Neukalibrierung der Geldpolitik.

Trump-Politik, die große Unbekannte

Die Fed verfolgt also einen anderen Ansatz zur Lockerung der Geldpolitik als die EZB und steht jetzt vor einer noch größeren Herausforderung: der Bewältigung einer zweiten Präsidentschaft von Donald Trump. Noch ist sehr ungewiss, ob und in welchem Umfang dessen Maßnahmen umgesetzt werden. Beispiel Einwanderung: Abgesehen von den schwerwiegenden Auswirkungen auf die Menschen werden Massendeportationen zu Störungen, höherer Inflation (durch einen negativen Angebotsschock) und geringerem Wachstum führen. Die Umsetzung könnte von der Entsendung einiger Busse an die Grenze bis hin zu millionenfacher Abschiebung reichen – mit enormen Unterschieden in der Wirkung.

Ähnliche Ungewissheit herrscht bezüglich der Zölle, Handelspolitik, Besteuerung, Deregulierung, Kostensenkungsprogramme, Sozialversicherung, des Gesundheitswesens und vieles anderen. All diese Faktoren haben kurzfristige Auswirkungen auf die Inflation oder langfristige Auswirkungen auf das Wachstum. Selbst ein kleiner Unterschied im Policy-Mix könnte zu völlig unterschiedlichen Wachstums- und Inflationsergebnissen führen.

In der ersten Jahreshälfte 2025 dürften Trumps Maßnahmen die Wirtschaft nicht direkt, aber durch veränderte Erwartungen beeinflussen. Auch die Fed wird entscheiden müssen, ob die Maßnahmen insgesamt einen wesentlichen Einfluss auf Wachstum und Inflation haben werden. Es wird allgemein erwartet, dass die Fed eine vorsichtige Haltung einnehmen und einige der für Anfang 2025 erwarteten Kürzungen verschieben wird.

Was bringt 2025?

Das Trump-Team dürfte vielen unorthodoxen Maßnahmen zum Trotz bei einer orthodoxen Ausrichtung bleiben, was Wachstum und Inflation angeht. Die Ernennung von Bessent zum Finanzminister ist ein Beispiel für eine marktfreundlichere Option.

Daraus ergibt sich eine moderatere Einschätzung der Inflationsrisiken. Zudem dürften mehrere Maßnahmen moderat wachstumsfördernd wirken. Die höheren US-Zinsen dürften diese Veränderungen allmählich korrekt widerspiegeln. Der Markt preist bereits ausreichend höhere Zinsen ein. Der Renditeanstieg für 10-jährige US-Staatsanleihen (von 3,85% auf 4,45%) ist für uns ein Signal, die Duration in den USA zu erhöhen.

Ableitungen fürs Portfolio

In einem stark schwankenden Umfeld sind unerwünschte Kursbewegungen immer möglich. Dem begegnen wir mit Positionen, bei denen wir uns kurzfristige Gegenbewegungen am Markt leisten können, d.h. die Positionen

  • …werden so bemessen, dass wir nicht gezwungen sind, sie aufgrund von Schwankungen vorzeitig aufzugeben.
  • …werden schrittweise eingegangen und aufgestockt, wenn der Markt bessere Einstiegspunkte schafft. Angesichts der hohen Volatilität dürfte es dafür mehrfach Gelegenheit geben.
  • …werden auf weniger schwankende Alternativen entfallen (z. B. andere entwickelte Märkte anstelle von US-Staatsanleihen).

Da die gestiegenen US-Zinsen unsere mittelfristige Sichtweise inzwischen besser widerspiegeln, erhöhen wir die Duration unseres globalen Portfolios nach zwischenzeitlicher Kürzung wieder, zunächst in Großbritannien und Neuseeland, die eine höhere Allokation verdienen und mit US-Staatsanleihen korrelieren. Sie eignen sich als Stellvertreter für die USA, sind jedoch ohne die gleiche politische Unsicherheit.

US-Staatsanleihen werden wir wegen der attraktiven Renditen schrittweise wieder aufstocken und dabei genügend Spielraum im Portfolio lassen, um bei einem Anstieg der Renditen und der erwarteten Volatilität weitere hinzuzufügen.

Von Sam Vereecke, CIO Fixed Income bei DPAM

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