DPAM Fondsmanager: Brasilien vor dem Wendepunkt?

Über den weiteren Weg Brasiliens wird das Ergebnis der Wahl im Jahr 2026 entscheiden. Michael Van der Elst, Head of Emerging Market Debt bei DPAM, über den jetzigen Stand: DPAM | 09.05.2025 09:12 Uhr
Michaël Vander Elst, Fondsmanager für Schwellenländer-Anleihen bei DPAM / © e-fundresearch.com / DPAM
Michaël Vander Elst, Fondsmanager für Schwellenländer-Anleihen bei DPAM / © e-fundresearch.com / DPAM

Sollte der amtierende Präsident Lula (79) nicht erneut kandidieren, gibt es in seiner Partei nur wenige überzeugende Alternativen. Ein Sieg ist ohnehin nicht garantiert; angesichts hoher Lebensmittelpreise liegen Lulas Zustimmungswerte derzeit nur bei 40%.

Das Wirtschaftswachstum dürfte sich in diesem Jahr auf 1,6% bis 2,3% verlangsamen. Der Arbeitsmarkt hält sich mit einem Reallohnwachstum von 3% gut; die Landwirtschaft verzeichnet Rekordernten von Soja und Mais. In bevölkerungsreichen Swing State Minas Gerais, der oft als Spiegelbild der nationalen Stimmung gilt, liegt Lula vorn. Die Zustimmungswerte für den Präsidenten steigen in der Regel etwa sechs Monate vor den Wahlen, wenn sich der Amtsinhaber mit großzügigen fiskalischen Maßnahmen Unterstützung erkauft. Die pragmatisch agierenden Parteien der Mitte dürften Lula unterstützen, wenn es ihren Interessen dient. Sie dürften Reformen des Sozialprogramms „Bolsa Família“ für einkommensschwache Familien unterstützen. Höhere Löhne im öffentlichen Dienst seit Jahresbeginn verbessern ebenfalls die Stimmung.

Fiskalische Möglichkeiten begrenzt

Weitergehende fiskalische Unterstützung ist unwahrscheinlich, da nur 8% des Bundeshaushalts für diskretionäre Ausgaben (und Wahlgeschenke) bereitsteht. Eine Ausgabenobergrenze verschärft die fiskalischen Zwänge zusätzlich. Diese Regel wurde 2016 eingeführt, um nach der Wirtschaftskrise Brasiliens Verschuldung und Inflation einzudämmen. Lula hat diese Begrenzung bereits 2023 gelockert; weitere Änderungen könnten das Vertrauen der Investoren erschüttern, die Inflation anheizen und die Kreditkosten erhöhen; sie scheinen daher unwahrscheinlich.

Es gibt jedoch Auswege: Lula könnte sich an staatliche Unternehmen oder Banken wenden, um Mittel außerhalb des Haushalts zu kanalisieren. Große staatliche Unternehmen wie Petrobras und Eletrobras könnten angewiesen werden, mehr in Infrastruktur, Sozialprogramme oder Subventionen zu investieren. Staatliche Banken könnten zu günstigeren Krediten für Wohnraum, Landwirtschaft oder Unternehmenserweiterungen gedrängt werden.

Solche Maßnahmen könnten zwar Lulas Popularität kurzfristig steigern, aber nicht die hartnäckige Inflation eindämmen. Die aktuellen Zahlen von 5,5 bis 6% liegen weit über dem offiziellen Ziel der Zentralbank (3%). Diese hat ihren Leitzins auf 14,25% angehoben. Bis Mitte 2025 könnt er einen Höchststand von 15% erreichen. Einige Analysten erwarten gar 18%.

Zentraler Konflikt der brasilianischen Wirtschaft

Die Bemühungen der Zentralbank zur Eindämmung der Inflation stehen im Widerspruch zur fiskalischen Expansion vor den Wahlen. Das kürzlich eingeführte „Lohnkreditprogramm“ soll weitere Milliarden in die Kaufkraft pumpen, was dazu führen könnte, dass sich die Nachfrage überhitzt und die Inflation verschärft. Solche Maßnahmen erklären, warum die Realzinsen seit Jahren hartnäckig hoch bleiben. Eine einfache Anhebung der Zinsen ohne die notwendigen Ausgabenrestriktionen wird langfristig nicht helfen.

Bolsonaro hofft auf Rückkehr

Bei den Konservativen muss Jair Bolsonaro auf eine Mehrheit im Senat hoffen, um ein Comeback à la Trump zu starten und gerichtlichen Urteilen gegen ihn zu entgehen. Potenzielle Ersatzkandidaten aus der eigenen Familie oder der Gouverneur von São Paulo können bisher nicht überzeugend. Investoren könnten die Haushaltsdisziplin einer konservativen Regierung begrüßen – diese könnte Ausgaben kürzen, die Schulden stabilisieren und das Wachstum des Privatsektors fördern. Nach Bolsonaros turbulenter erster Amtszeit könnte die Rechte jedoch auf Widerstand stoßen, insbesondere wenn Lulas Basis die Wahl als unfair empfindet oder die Sozialausgaben stark gekürzt werden.

Unabhängig vom Wahlsieger dürfte Brasilien ausgewogene Beziehungen zu seinen Nachbarn und den USA anstreben. Ethanolzölle und andere Handelsthemen geben Anlass zur Sorge. Und eine Rezession in den USA könnte eine Flucht aus Schwellenländern auslösen. Die brasilianische Zentralbank kann die Währung nicht unbegrenzt verteidigen. Immerhin ist die Wirtschaft des Landes in einer besseren Ausgangsposition als die vieler anderer Schwellenländer.

Die Entwicklung Brasiliens wird weitgehend davon abhängen, wer das Land regiert und wie er das tut. Angesichts des anhaltenden Inflationsdrucks muss die nächste Regierung einen Weg finden, die fiskalischen Ambitionen zu stabilisieren und sich den wirtschaftlichen Realitäten zu stellen.

Von Michaël Vander Elst, Fondsmanager für Schwellenländer-Anleihen bei DPAM

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