Ignace De Coene, Fundamental Equity Fund Manager bei DPAM, liefert vier Antworten und noch mehr Unternehmensbeispiele zu aktuellen Entwicklungen in der Nahrungsmittelindustrie:
Herr De Coene, welche Trends sind für Investments in Nahrungsmittelwerten derzeit besonders interessant?
Ignace De Coene: Wir finden entlang der gesamten Wertschöpfungskette interessante Themen und Titel, also nicht nur bei der Produktion von Lebensmitteln, sondern auch im Vorfeld und in nachgelagerten Bereichen. Dabei setzen wir vor allem auf Chancen bei mittelständischen Unternehmen mit interessantem mittelfristigem Potenzial, die sich mit Innovationen oder durch besonders nachhaltige Lösungen hervortun.
Wie kann denn eine solche nachhaltige Lösung im Lebensmittelbereich aussehen?
Ignace De Coene: Denken Sie an Verschwendungen von Lebensmitteln beziehungsweise dem, was davon übrig bleibt. Nachhaltig wäre, Reste und Abfälle zu recyceln und zu nutzen, zum Beispiel Schlachtabfälle, gebrauchte Speiseöle und tierische Fette. Darling Ingredients recycelt diese zu nützlichen Produkten wie Green Diesel und erneuerbarem Gas aus Fermentation. Vom jüngsten Vorschlag der US-Umweltschutzbehörde EPA, zur Unterstützung des Agrarsektors die Verwendung von Biokraftstoffen massiv zu erhöhen, dürfte das Unternehmen doppelt profitieren: über bessere Margen beim Green Diesel und durch höhere Preise für gebrauchte Speiseöle und tierische Fette.
Finden Sie auch im Trend hin zu gesunder Ernährung Gewinner?
Ignace De Coene: Der Trend zu gesünderer Ernährung kommt u.a. dem Segment der trinkfertigen Proteinshakes zugute. Dort steigt außerdem die Nachfrage durch Nutzer der GLP-1-Abnehmmedikamente, die weniger essen, aber nützliche Nährstoffe in anderer Form benötigen. Hier hat sich das Unternehmen BellRing Brands eine solide Marktposition geschaffen und erfreut sich steigender Umsätze.
Auch im Bemühen um gesündere Zutaten für Lebensmittelprodukte liegt Potenzial. Hier hat sich Tate & Lyle von seinen Wurzeln als Zuckerproduzent zum margenstarken Anbieter von Zuckerersatz- und anderen Stoffen und Zutaten entwickelt, der über sehr viel Know-how in der gesünderen Gestaltung von Produkten verfügt.
Worauf setzen Sie noch im Lebensmittel-und Agrarsektor?
Ignace De Coene: Es gibt Unternehmen, bei denen wir aufgrund strategischer Veränderungen Potenzial sehen. So hat der Saatgutproduzent KWS Saat AG die meisten Aktivitäten außerhalb Europas verkauft (zuletzt durch einen Rückzug aus einem US-amerikanischen Joint Venture), weil sie zu klein oder nicht rentabel waren. Nach den Veräußerungen verbindet das Unternehmen eine sehr solide Bilanz und eine günstige Bewertung.
Im Lebensmitteleinzelhandel hat das Unternehmen Colruyt zuletzt einen Käufer für den Großteil seines französischen Supermarktgeschäfts gefunden. Der verbleibende Non-Food-Einzelhandel steht ebenfalls zum Verkauf. Ergebnis dieser Fokussierung sind der trotz starker Konkurrenz sehr profitable Lebensmittelvertrieb in Belgien, Netto-Barmittel, eine interessante Wachstumsoption (Newpharma) und ein durch Aktienrückkäufe sinkender Streubesitz.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr De Coene!