Die Invesco-Experten haben die Performancedaten für beide Indizes über einen Zeitraum von rund 15 Jahren – vom 31. Dezember 2005 bis zum 31. August 2020 – analysiert. In ihrem Untersuchungszeitraum verzeichnete der DAX der 30 deutschen Unternehmen mit dem höchsten Börsenwert eine jährliche Rendite von 6,1%, während der MDAX der 60 nächstgrößeren deutschen Unternehmen um 9,4% pro Jahr zulegte. Das entspricht einem annualisierten Renditeunterschied von 330 Basispunkten.
„Dieser Renditeunterschied wird häufig auf den ‚Size-Effekt‘ zurückgeführt, also das Phänomen, dass die Durchschnittsrendite von Aktien mit einer geringeren Marktkapitalisierung höher ist als die großer Unternehmen“, sagt Dr. Bernhard Breloer, Portfoliomanager, Invesco Quantitative Strategies. „Tatsächlich kann dieser Effekt die Outperformance des MDAX in dem von uns untersuchten Zeitraum aber nur begrenzt erklären.“
Breloer zufolge lässt sich der Mehrertrag größtenteils auch nicht durch quantifizierbare Merkmale wie Momentum, Qualität, Bewertung oder andere Stilfaktoren wie Wachstum, Volatilität und Liquidität erklären. Die wichtigsten von den Invesco-Experten identifizierten Treiber der Outperformance des Mid-Cap-Index sind einzeltitelspezifische Effekte und die Auswirkungen von Indexanpassungen und dem Auf- bzw. Abstieg einzelner Titel vom einen in den anderen Index.
„Unsere Analyse zeigt, dass die Effekte von Index-Wechseln die relative Performance von DAX und MDAX erheblich beeinflussen können“, so Breloer. Dabei handele es sich um einen systematischen Effekt. „Wenn eine Aktie in einen Index für höher kapitalisierte Werte aufsteigt, ist das ein Signal dafür, dass sich der Börsenwert der betreffenden Aktie in der jüngeren Vergangenheit gut entwickelt hat. Umgekehrt kann eine Herabstufung mit einer schwächeren Geschäftsentwicklung in Verbindung gebracht werden, die gewöhnlich von einer unterdurchschnittlichen Aktienperformance begleitet ist“, erklärt Breloer.
Im Hinblick auf die Performance sollte der MDAX von einem mit dem Börsenwert gekoppelten Index-Wechsel also profitieren, der Standardwerteindex dadurch hingegen belastet werden. Die gleiche Beobachtung ließe sich bei anderen europäischen Large-Cap-Indizes machen. Beispielsweise habe sich der breiter gefasste EuroStoxx® Index in den vergangenen fünf Jahren besser entwickelt als der EuroStoxx® 50 Index.
Wie Breloer erklärt, lässt sich dieser Effekt mit der Indexkonstruktion auf Basis der Marktkapitalisierung nicht beheben. Es gebe aber Möglichkeiten, ihn zumindest zu reduzieren, vor allem durch eine Erhöhung der Anzahl der Komponenten von Large-Cap-Indizes. „Wenn der Anteil jedes Titels am Index kleiner wäre, würden sich die Auswirkungen titelspezifischer Renditen und die Effekte von Index-Wechseln auf eine größere Basis verteilen, so dass die Auswirkungen auf den Gesamtindex insgesamt geringer sein könnten. Gleichzeitig könnte eine breitere Diversifikation des Index auch die titelspezifischen Risiken für den Einzelinvestor reduzieren“, so der Investmentexperte.
Titelspezifische Effekte könnten von Investoren bis zu einem gewissen Grad akzeptiert und durch eine breitere Portfolioaufstellung mit mehr Positionen teilweise „wegdiversifiziert“ werden, um die potenziellen Auswirkungen unternehmensspezifischer Ereignisse zu reduzieren. In diesem Sinne betrachten die Invesco-Experten auch Index-Wechsel als titelspezifische Effekte. Insbesondere der spekulative Handel im Vorgriff auf erwartete Indexveränderungen führe zu unnormalen Renditen einzelner Werte, die sich durch die traditionelle Faktoranalyse nicht erklären ließen. Ein besseres Verständnis dieser Effekte könne jedoch helfen, Rebalancing-Regeln für aktiv gemanagte Portfolios festzulegen, die die Grundlagen für eine systematische Outperformance legen.
„Vor diesem Hintergrund empfehlen wir Investoren, Large-Cap-Indizes mit einer kleinen Anzahl von Komponenten zu meiden, oder nach intelligenteren Regelwerken für die Konstruktion derartiger Indizes Ausschau zu halten, zum Beispiel Optimierungen auf Grundlage risikobasierter Ansätze oder anderer Kriterien als der Marktkapitalisierung“, so Breloer.
„Der jüngste Beschluss der Deutschen Börse zum Umbau des DAX bzw. MDAX kann für den DAX nur ein erster Schritt darstellen. Die Aufstockung des DAX um zehn weitere Titel sollte dabei keine wesentlichen Änderungen in der Sektorbreite hervorrufen und die Portfoliodiversifikation nicht verbessern. Zudem dürfte für den MDAX aufgrund der geplanten Kürzung um zehn Titel kein Vorteil im Hinblick auf die genannten Aspekte entstehen, schließt Breloer.
Die vollständige Analyse finden interessierte LeserInnen hier.