Die Kombination des aktuell hohen Zinsniveaus mit der Aussicht auf Zinssenkungen im Jahr 2024 stimmt Paul Jackson von Invesco optimistisch für eine ganze Reihe von Anlageklassen.
„Wir gehen davon aus, dass die Zinsen in den meisten Ländern im Jahr 2024 deutlich sinken werden. Daher dürften festverzinsliche Anlagen so hohe Renditen abwerfen wie seit langem nicht mehr“, erklärt Paul Jackson, Global Head of Asset Allocation Research bei Invesco. „Risikoreichere Anlageklassen dürften kurzfristig volatil bleiben, auf mittlere Sicht aber von den niedrigeren Zinsen und einer höheren Wachstumsdynamik profitieren. Insgesamt erwarten wir die besten Multi-Asset-Renditen seit 2019“, so Jackson.
In seinem Jahresausblick beschreibt Jackson sein Basisszenario als das einer „holprigen Landung“ der Wirtschaft mit schwächeren Wachstums- und Inflationsraten, einer Lockerung der Geldpolitik und einer anschließenden Konjunkturerholung bis Ende 2024. Im Zusammenhang mit der Geopolitik und den 2024 anstehenden Wahlen sehen sie durchaus Risiken. Nachhaltig negative Auswirkungen auf die Anlageerträge erwarten sie dadurch jedoch nicht, sondern höchstens eine gewisse Volatilität.
Jackson rechnet auch nicht mit einer globalen Rezession. Bis die Zentralbanken das offizielle Ende ihrer Zinsstraffung erklären und eine Lockerung der Geldpolitik in Aussicht stellen, könne eine anhaltende Wachstumsabschwächung jedoch zu einer höheren Volatilität an den Kapitalmärkten führen. Der Invesco-Experte sieht den Zinshöchststand bereits erreicht. Wenn die US-Notenbank (Fed) dem gleichen Muster wie in früheren Zinszyklen folge, werde es die erste Zinssenkung in den USA voraussichtlich im zweiten Quartal 2024 geben.
„Bei aller Verunsicherung über konjunkturelle und geldpolitische Zyklen gibt es auch eine gute Nachricht: In vielen Anlageklassen ist das Bewertungsniveau so günstig wie schon lange nicht mehr“, betont Jackson. Die Tatsache, dass die globalen Anleiherenditen mindestens dem historischen Durchschnitt entsprächen, verbessere die Performanceaussichten. Insbesondere die Renditen von Schwellenländeranleihen lägen größtenteils immer noch über der historischen Norm und den in anderen Bereichen verfügbaren Renditen.
„Unsere Renditeprognosen sind insgesamt so ehrgeizig wie seit langem nicht mehr. In der Gesamtbetrachtung über alle Anlageklassen hinweg werden sie allerdings dadurch etwas gemindert, dass einige Risikoanlagen bereits einen wirtschaftlichen Aufschwung eingepreist haben und die Volatilität kurzfristig zunehmen könnte, falls sich die Weltwirtschaft noch weiter verlangsamen sollte,” erklärt Jackson. Die Spreads von Hochzinsanleihen zum Beispiel seien kleiner, als es in dieser Phase des Zyklus normalerweise zu erwarten sei. Aktien hätten sich 2023 bereits gut entwickelt und Energierohstoffe seien weiterhin relativ teuer.
„Von den schnellen Zinssenkungen, die wir erwarten, sollten aber nicht nur Anleihen profitieren, sondern letztlich auch Risikoanlagen“, sagt Jackson. „In früheren Zinszyklen hat die Fed nach der Zinswende in aller Regel schnell gehandelt. Daher vermuten wir auch, dass die Märkte das Tempo der zu erwartenden Zinssenkungen unterschätzen könnten – genauso, wie wir alle unterschätzt haben, wie schnell die Zinsen steigen würden.“
Jackson wendet einen Optimierungsprozess an, um Risiko und Ertrag in seiner Modell-Asset-Allokation auszubalancieren. Die Ergebnisse dieser Optimierung auf Basis der von ihm prognostizierten Renditen der Anlageklassen sind am eindeutigsten für Investment Grade-Anleihen (IG) und Bank Loans (beide durchweg übergewichtet) sowie für Gold, Aktien und Rohstoffe (alle untergewichtet). Auf regionaler Ebene hat der Invesco-Experte eine Präferenz für Europa und die Schwellenmärkte.
Während die Staatsanleiherenditen so hoch sind wie schon lange nicht mehr, rechnet Jackson mit einer Versteilung der Zinsstrukturkurven und bevorzugt mit Blick auf 2024 andere Anlageklassen. Trotz der aktuell attraktiven Verzinsung und der Tatsache, dass Geldmarktanlagen in einem kurzfristig volatilen Umfeld ein guter Diversifikator sein könnten, hält der Invesco-Experte auch Cash für vergleichsweise unattraktiv.
Was Aktien angeht, stehe der Tatsache, dass diese in Aufschwungphasen in der Regel gut abschneiden, die bereits sehr gute Performance des Jahres 2023 entgegen. Jackson befürchtet eine kurzfristig erhöhte Volatilität an den Aktienmärkten, und die überzogene Bewertung der US-Indizes dämpft seinen Optimismus in Bezug auf die globalen Aktienrenditen. In seiner Modell-Asset-Allokation bevorzugt der Invesco-Experte zyklische Aktien und Wachstumswerte sowie Technologietitel, wobei er stärker auf europäische Aktien setzt und weiter eine Präferenz für die Emerging Markets hat. Gemessen an der Bewertung und wirtschaftlichen Dynamik favorisiert er chinesische Aktien.
Obwohl Rohstoffe und Gold von einem schwächeren Dollar profitieren könnten – und Gold zudem von sinkenden Anleiherenditen –, hält Jackson beide für teuer. Seine Top-Anlageklassen auf Basis der prognostizierten Renditen in lokaler Währung sind Investment Grade-Anleihen aus Schwellenländern, US Bank Loans und Aktien aus der Eurozone. „Wenn uns die Entscheidung zwischen zwei Anlageklassen schwerfällt, tendieren wir angesichts unserer Erwartung eines starken Rückgangs der Zinsen im Jahr 2024 jetzt zur risikoreicheren Anlage“, erklärt der Invesco-Experte. Daher erhöhe er auch seine Allokation in Hochzinsanleihen, die sich in konjunkturellen Erholungsphasen generell gut entwickeln, sowie in Immobilien, d. h. REITS, die einen Großteil des Risikos seiner Meinung nach bereits eingepreist haben.
In Anbetracht der Unwägbarkeiten, mit denen ihr Basisszenario behaftet ist, zieht der Invesco-Experte zudem zwei alternative Szenarien in Betracht: Im Negativszenario einer „harten Landung“ kommt es infolge einer zu starken Zinsstraffung zu einer Rezession und schnellen Disinflation, die die Zentralbanken dazu zwingt, mit einer aggressiven Lockerung ihrer Geldpolitik gegenzusteuern. Nach Ansicht von Jackson würde ein derartiges Szenario für defensive Anlagewerte sprechen. Im Positivszenario einer „weichen Landung“ würde eine schwächere Inflation die realen Einkommen und damit das Wachstum stärken, die Wirtschaft würde in der ersten Jahreshälfte 2024 wieder an Dynamik gewinnen und die Bedeutung der geopolitischen Einflussfaktoren würde abnehmen. Von diesem Szenario, in dem die Zentralbanken ihre Geldpolitik nur allmählich lockern, würden seiner Ansicht nach vor allem zyklische Anlagewerte profitieren.