Steigende Staatsverschuldung: Investoren könnten sich von Staatsanleihen abwenden

Steigende langfristige Anleiherenditen und die Rekordjagd des Goldpreises senden ein klares Signal: Anleger verlieren zunehmend das Vertrauen in die Tragfähigkeit staatlicher Finanzen. Der weltweite Schuldenberg wächst weiter – und das in einer Zeit, in der ein schwächeres Bevölkerungswachstum und alternde Gesellschaften die öffentlichen Haushalte künftig noch stärker belasten werden. Invesco | 20.10.2025 09:50 Uhr
Paul Jackson, Global Head of Asset Allocation Research im Global Market Strategy Office von Invesco / © e-fundresearch.com / Invesco
Paul Jackson, Global Head of Asset Allocation Research im Global Market Strategy Office von Invesco / © e-fundresearch.com / Invesco

Wie Paul Jackson, Global Head of Asset Allocation Research bei Invesco, erklärt, könnte der rapide Anstieg der weltweiten Staatsverschuldung Investoren zu einer strategischen Neuausrichtung ihrer Vermögensallokationen veranlassen. „Investoren könnten sich stärker von Staatsanleihen abwenden und vermehrt in nichtstaatliche Anlageinstrumente wie Aktien, Unternehmensanleihen oder Private Credit investieren. Eine derartige Verschiebung könnte engere und möglicherweise sogar negative Credit Spreads rechtfertigen“, meint Jackson. In einem solchen Umfeld könnten Anleger zudem Anleihen mit kürzeren Laufzeiten den Vorzug gegenüber länger laufenden Anleihen geben und vermehrt in Gold und Bitcoin investieren.

Wie der Invesco-Experte anmerkt, sind hohe BIP-Schuldenquoten vor allem in den Industrieländern zu beobachten – mit wenigen Ausnahmen wie China, Südkorea und Thailand. Unter den entwickelten Volkswirtschaften weise Deutschland derzeit die niedrigste Gesamtverschuldung im Verhältnis zum BIP auf. Durch die geplante Ausweitung der Staatsausgaben könne sich das jedoch ändern. In Japan und Italien dominiert die öffentliche Verschuldung, in den Niederlanden, der Schweiz und Schweden die Unternehmensverschuldung. In Australien und der Schweiz spielt die Verschuldung der privaten Haushalte zudem eine große Rolle.

Der Anstieg der Schuldenquoten in den letzten Jahrzehnten begann mit der globalen Finanzkrise und wurde durch die Corona-Pandemie noch verstärkt. Den sprunghaften Anstieg der weltweiten Schuldenquote im Jahr 2020 erklärt Jackson mit dem gleichzeitigen Einbruch beim BIP und steigenden Staatsschulden. Dass die Schuldenquote anschließend wieder sank, habe allein an der wirtschaftlichen Erholung gelegen, da die Schulden weiter zunahmen. Die Unternehmen hätten zwar auch Schulden gemacht – für den zuletzt starken Anstieg der globalen Schuldenquote sei jedoch vor allem die steigende Staatsverschuldung verantwortlich.

Und diese dürfte in den wichtigsten Volkswirtschaften weiter zunehmen. Berechnungen von Invesco zufolge könnten die Schuldenquoten bis 2075 auf über 250% des BIP steigen – basierend auf IWF-Schätzungen für 2024 und der Annahme unveränderter nominaler BIP-Wachstumsraten, konstanter Primärdefizite und gleichbleibender Staatsanleiherenditen. Japan dürfte mit einer prognostizierten Schuldenquote von 334% des BIP (nach 135% im Jahr 2024) an der Spitze stehen, gefolgt von den USA (268%), Großbritannien (265%) und Frankreich (254%). Anders als in früheren Krisen resultiert der künftige Anstieg nicht aus akuten Schocks, sondern aus strukturell hohen Primärdefiziten und gestiegenen Anleiherenditen.

Demografische Entwicklungen verschärfen die Lage zusätzlich. Ein schwächeres Bevölkerungswachstum könnte das nominale BIP-Wachstum bremsen. Das würde es schwerer machen, die Schuldenquote zu senken. Gleichzeitig werden steigende Ausgaben für Renten- und Gesundheitssysteme in alternden Gesellschaften die Steuerzahler zunehmend belasten.

Auch der Klimawandel droht, zur fiskalischen Dauerbelastung zu werden. Regierungen werden enorme Mittel für Klimaschutz und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel mobilisieren müssen, zumal viele große Finanzzentren in Küstenregionen liegen. Jackson verweist auf Schätzungen, wonach die jährlichen wirtschaftlichen Kosten extremer Wetterereignisse künftig auf 0,5–1,0% des BIP steigen könnten (gegenüber 0,1% im Jahr 2005). Einige Modelle prognostizieren einen permanenten BIP-Verlust von 3% – oder bis zu 10% bei einer globalen Erwärmung um 5 bis 6 Grad. Das käme einem Wohlstandsverlust von etwa 20% des Pro-Kopf-Konsums gleich.

Für die Tragfähigkeit der Schulden ist vor allem die Zinslast entscheidend. Da die Zinssätze in den meisten Volkswirtschaften gestiegen sind, dürften die Nettozinsausgaben im Verhältnis zum BIP in den kommenden Jahren weiter ansteigen. Jackson prognostiziert, dass die Zinslastquote sowohl in Großbritannien als auch in den USA bis 2075 bei über 10% liegen könnten – verglichen mit 2% bzw. 4% im Jahr 2024. „Sollten Investoren für das höhere Anleiheangebot noch höhere Renditen verlangen, könnten die Schuldenquoten noch schneller steigen. Bei einem Anstieg der Renditen um 100 Basispunkte könnten die Zinskosten in beiden Ländern bis zu 19% des BIP erreichen. Ein solches Niveau halte ich für nicht tragfähig“, warnt der Invesco-Experte.

Theoretisch könnten Schuldenquoten durch Primärüberschüsse stabilisiert werden. Das erfordert jedoch höhere Steuern und/oder Ausgabenkürzungen – politisch kaum durchsetzbare Maßnahmen, wie die jüngsten Proteste in Großbritannien und in Frankreich gezeigt haben. „Sollten sich die Staatsschulden als untragbar erweisen, könnten sogenannte Bond Vigilantes die Renditen durch Verkäufe weiter nach oben treiben – und Regierungen so zu fiskalischer Disziplin zwingen. Das könnte engere Credit Spreads rechtfertigen“, so Jackson. „Andernfalls könnte es zur Entwertung von Staatsschulden kommen, wenn Regierungen ihre Schulden nicht mehr bedienen oder die Inflation als Mittel der Entschuldung einsetzen, oder Regierungen könnten ihre Zentralbanken zu anhaltenden Anleihekäufen auffordern. Im Extremfall könnten solche Entwicklungen zu Forderungen nach einer Rückkehr zu einer Art Goldstandard führen – was erklären könnte, warum Gold derzeit so stark ist.“

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen. Das NewsCenter ist eine kostenpflichtige Sonderwerbeform der e-fundresearch.com AG für Asset Management Unternehmen. Copyright und ausschließliche inhaltliche Verantwortung liegt beim Asset Management Unternehmen als Nutzer der NewsCenter Sonderwerbeform. Alle NewsCenter Meldungen stellen Presseinformationen oder Marketingmitteilungen dar.

Melden Sie sich für den kostenlosen Newsletter an

Regelmäßige Updates über die wichtigsten Markt- und Branchenentwicklungen mit starkem Fokus auf die Fondsbranche der DACH-Region.

Der Newsletter ist selbstverständlich kostenlos und kann jederzeit abbestellt werden.