Europäische Unternehmensanleihen guter Bonität zeigten sich in den vergangenen Monaten widerstandsfähiger als die Aktienmärkte, die ihre Talfahrt zuletzt stark beschleunigt haben. Trotzdem fiel die Bilanz für sie ernüchternd aus: Seit Jahresanfang verzeichneten sie einen Verlust von 0,40%. Damit schnitten sie schlechter ab als Hochzinsanleihen, die auf -0,04% kommen. Auf Sektorenebene standen insbesondere die Autohersteller und -zulieferer auf der Verliererseite: Wegen des Abgasskandals, der zunehmenden Handelsspannungen und der Brexit-Unsicherheit kamen sie im Jahresverlauf immer stärker unter Druck und die Risikoprämien weiteten sich um mehr als 64 Basispunkte aus. Bis in das 1. Quartal 2019 hinein dürfte sich der Ausblick für die Kreditmärkte weiter eintrüben, sodass die Abwärtsrisiken gegenüber den Chancen überwiegen werden. Zwar erwarten die Ratingagenturen weiterhin tiefe Ausfallraten. Aber trotz rückläufiger Ausfallwahrscheinlichkeiten und solider Fundamentaldaten sehen wir weiterhin kaum Spielraum für sinkende Risikoprämien europäischer Unternehmensanleihen.
Gegenwind durch konjunkturelle Abkühlung und geopolitische Störfeuer
Die europäischen Kreditmärkte, die sich bereits in einem fortgeschrittenen Kreditzyklus befinden, dürften anfällig für Korrekturen bleiben. So werden die Risikoprämien durch den anhaltenden Handelsstreit der USA mit einigen Ländern und die nachlassende Wachstumsdynamik in der Eurozone im 2. Halbjahr 2018 in die Höhe getrieben. Der Gegenwind durch die abkühlende Konjunktur sollte anhalten. Darüber hinaus dürfte die aktuelle Berichtssaison der Eurostoxx600-Unternehmen die Kreditmärkte belasten. Während bisher die Berichtssaison für das 3. Quartal in den USA die Anleger weitgehend überzeugen konnte, ist es in Europa bereits zu vermehrten und auch deutlichen Gewinnwarnungen führender Unternehmen gekommen.
Darüber hinaus werden nachlassende Käufe durch die EZB und das voraussichtliche Ende des Anleihenkaufprogramms zum Jahresende Spuren bei Unternehmensanleihen der Bonität Investment Grade hinterlassen. Hat doch die EZB das Volumen aller monatlichen Anleihenkäufe Anfang Oktober nochmals halbiert: auf 15 Mrd. EUR. Sollte die EZB das derzeitige Kauftempo beibehalten, dürfte das Volumen der monatlichen Nettokäufe von Unternehmensanleihen im 4. Quartal bei rund 3 Mrd. EUR liegen. Das wird zu einer weiteren Nachfragereduzierung führen. Dazu tragen auch die hohen Mittelabflüsse bei europäischen Unternehmensanleihen der Bonität Investment Grade bei. Im 4. Quartal dürften sich die Abflüsse zwar etwas abschwächen, aber insgesamt fortsetzen. Die Nebenwirkungen des EZB-Exits ließen sich nur verringern, wenn die EZB den Kapitalschlüssel des Anleihenkaufprogramms aufweicht und Rückflüsse zwischen den Programmen zugunsten von Unternehmensanleihen moderat umleitet. Diese Umsetzungsvariante für Reinvestionen hat im Dezember jedoch nur höhere Chancen, wenn im 4. Quartal ein Krisenszenario eintritt.
Fazit: Untergewichtung zugunsten der sicheren Häfen
Vor diesem Hintergrund sehen wir uns in unserer seit Monaten bestehenden defensiveren Ausrichtung bestätigt: Wir halten an unserem Untergewicht von europäischen Unternehmensanleihen der Bonität Investment Grade zugunsten von Top-Staatsanleihen und Covered Bonds fest und haben in den vorranging unbesicherten Financials ein Untergewicht gegenüber der Benchmark. Insbesondere italienische Emittenten, allen voran die Banken mit hohen Positionen in heimischen Staatsanleihen, meiden wir. Ihre Performance dürfte angesichts der hohen Unsicherheit um Italiens Haushaltsdisziplin volatil bleiben.
Obwohl die Risikoprämien von Unternehmensanleihen schon einige schlechte Nachrichten enthalten und sie deshalb etwas attraktiver bewertet sind, bleiben wir vorsichtig. Zwar ist der Renditevorsprung gegenüber Bundesanleihen markant gestiegen, aber dennoch ist das Renditeniveau noch immer historisch niedrig. Zudem dürfte die Risikobereitschaft der Anleger im Umfeld einer abnehmenden EZB-Unterstützung solange fragil bleiben, wie die Risiken von Konjunktur und Politik weiter anhalten. Bis Ende 2018 rechnen wir mit einer weiteren Ausweitung der Risikoprämien um 5 bis 15 Basispunkte, wobei das Ende der Fahnenstange noch nicht in Sicht ist. Unter dem Strich dürfte Ende 2018 bestenfalls ein sehr bescheidener Gesamtertrag stehen.
Rosemarie I. Baumann, Senior Portfolio Manager, Bantleon