"Da Nachholeffekte – vor allem in den USA – fehlen und die geldpolitischen Impulse erschöpft sind, zeichnet sich zwar keine kräftige Belebung ab. Dafür dürfte es sich jedoch um einen synchronen Aufschwung rund um den Globus handeln.
Für diese optimistische Prognose gibt es gute Gründe: Beginnen wir zunächst mit den USA, deren Wirtschaft sich lange Zeit dem globalen Abwärtstrend widersetzen konnte, mittlerweile aber auch einen Schwächeanfall erlitten hat. Das rückläufige Geschäftsklima und die schwachen Auftragseingänge der Industrie sind die auffallendsten Indizien dafür. Zuletzt ist auch die Beschäftigungsnachfrage abgeebbt. Die Fed hat entsprechend in der vergangenen Woche zum dritten Mal in diesem Jahr den Leitzins gesenkt. Ob dies ausreicht, um die US-Wirtschaft vor einer Rezession zu bewahren, wird derzeit heiß diskutiert.
Unserer Einschätzung nach werden die USA nicht in die Rezession rutschen. Die anziehenden Hausverkäufe und Baugenehmigungen signalisieren bereits, dass der Immobilienmarkt von der expansiveren Zinspolitik profitiert. Über kurz oder lang sollte sich dies auch auf die Unternehmensinvestitionen übertragen. Wenn Donald Trump die Nerven behält und den Handelsstreit nicht erneut eskalieren lässt, sollte die US-Konjunktur den Hals aus der Schlinge ziehen und nach der Delle im 2. Halbjahr 2019 im kommenden Jahr erneut nach oben drehen.
Während die USA erst seit Kurzem mit konjunkturellem Gegenwind kämpfen, ist dies in Asien und Europa bereits seit Längerem der Fall. In China ist das Wachstum im 3. Quartal mit 6,0% (im Vorjahresvergleich) auf einen fast 30‑jährigen Tiefststand gefallen. Gleichzeitig nähert sich die Eurozone der 1,0%‑Marke.
Indes sind sowohl die Akteure in China als auch in der Währungsunion nicht untätig geblieben. Die chinesische Regierung steuert schon länger mit expansiven Maßnahmen gegen einen Abschwung – unter anderem wurden die Mindestreservesätze für Großbanken in den vergangenen Monaten von 17% auf 13% reduziert. In Europa hat die EZB im September ebenfalls ein Stimulierungspaket lanciert und die Fiskalpolitik ist expansiv ausgerichtet. Inzwischen gibt es überdies Entspannungssignale im Handelsstreit und beim Brexit, die entsprechend positiv auf die Stimmungsindikatoren ausstrahlen. Alles in allem verdichten sich in Europa und Asien die Indizien für eine Wende zum Besseren.
Unter dem Strich gehen wir davon aus, dass die gesamte Weltwirtschaft im Jahr 2020 an Dynamik gewinnen wird – Asien und Europa indes mehr profitieren werden als die USA. So haben die meisten Schwellenländer und Eurostaaten stärker unter dem Handelskrieg gelitten und starten im Konjunkturzyklus von einem tieferen Niveau aus. Entsprechend größer ist jetzt das Potenzial für Aufholeffekte. Die Aktienmärkte in den Emerging Markets und der Eurozone dürften daher dynamischer zulegen als diejenigen der USA. Gleichzeitig sollte der US-Dollar endgültig seinen Höhenflug beenden. Beides zusammen hätte zumindest ein Gutes für die Vereinigten Staaten: Das US-Handelsbilanzdefizit würde abschmelzen und in dieser Hinsicht Donald Trump besänftigen."
Daniel Hartmann, Chefvolkswirt, BANTLEON