Die wichtigsten Ergebnisse der heutigen Sitzung:
- Die EZB hat im Rahmen der heutigen Notenbanksitzung erwartungsgemäss keine neuen Entscheidungen getroffen. Die bestehenden Wertpapierkaufprogramme (PEPP und APP) sollen wie geplant fortgeführt werden.
- Die wichtigste Botschaft von Christine Lagarde war, dass das Volumen des PEPP-Ankaufprogramms aller Voraussicht nach voll ausgeschöpft wird. Lediglich für den Fall sehr grosser positiver Überraschungen würde die EZB unter dem Zielvolumen (1.350 Mrd. EUR) bleiben. Diese Klarstellung war notwendig geworden, nachdem einige EZB-Vertreter zuletzt suggeriert hatten, das Volumen von 1.350 Mrd. EUR sei nur eine Obergrenze, die wahrscheinlich nicht voll ausgenutzt werde.
- Gleichzeitig räumte Lagarde aber auch ein, dass in den vergangenen Wochen weniger Anleihen über PEPP gekauft wurden, weil sich die Lage an den Finanzmärkten stabilisiert habe. Dies entspreche dem flexiblen Charakter von PEPP. Insgesamt sei die EZB zufrieden mit der aktuellen Entwicklung an den Finanzmärkten (allen voran der Spreadeinengung).
- Eine stärkere Befreiung der Banken vom Strafzins auf EZB-Einlagen wurde von den Währungshütern dagegen nicht diskutiert. Zuletzt waren die Überschussreserven im Euro-Bankensystem auf einen Rekordstand von 2,8 Billionen Euro gestiegen. Damit unterliegen wieder weit mehr EZB-Einlagen als 1,0 Billionen Euro dem Strafzins, was für die Banken einen Belastungsfaktor darstellt. Die EZB wollte darauf aber offensichtlich vorerst nicht reagieren.
- Notenbankpräsidentin Lagarde war sichtlich darum bemüht, das makroökonomische Umfeld weiterhin mit vielen Molltönen zu beschreiben. Die Wirtschaft habe sich seit Mai zwar wieder etwas gefangen. Es bestehen aber unverändert grosse Unsicherheiten über die Chancen einer raschen Erholung. Nach wie vor würden die konjunkturellen Abwärtsrisiken überwiegen. Auch beim Inflationsausblick gibt sich die EZB weiterhin sehr pessimistisch. Die schwache Nachfrage werde sich lange Zeit dämpfend auf die Teuerung auswirken.
Unsere Einschätzung:
Wir sind in Bezug auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung weniger skeptisch als die EZB. Die jüngsten Daten haben bestätigt, dass sich die Konjunktur der Eurozone spürbar belebt. Der Trend dürfte sich in den nächsten Monaten fortsetzen. Vor allem rechnen wir aber ab 2021 mit einem deutlich steileren Aufwärtstrend bei der Inflation. Die Notenbank geht für 2021 lediglich von einer durchschnittlichen Teuerungsrate von 0,8% aus. Wir erwarten hingen rund 2,0%. Es sollte daher tatsächlich zu »positiven Überraschungen« im nächsten Jahr kommen. Entsprechend gehen wir davon aus, dass die (Netto-)Wertpapierkäufe 2021 erkennbar gedrosselt werden und Ende 2021 unter Umständen ganz eingestellt werden.
Dr. Daniel Hartmann, Chefvolkswirt, BANTLEON