Bantleon-Ökonom zur EZB-Sitzung: "Am unteren Ende der Erwartungen"

BANTLEON | 10.12.2020 16:45 Uhr
Jörg Angelé, Senior Economist der BANTLEON BANK AG / © Bantleon
Jörg Angelé, Senior Economist der BANTLEON BANK AG / © Bantleon
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Die wichtigsten Ergebnisse der heutigen Sitzung:

  • Wie bereits Ende Oktober angekündigt, hat die EZB bei ihren expansiven Massnahmen heute nachgelegt. Zum Ersten wird die Laufzeit des Pandemic Emergency Purchase Programm (PEPP) bis mindestens Ende März 2022 verlängert und das Volumen des Programms um 500 Mrd. EUR auf 1.850 Mrd. EUR aufgestockt. Zum Zweiten wird der Zeitraum, in dem Fälligkeiten aus dem PEPP-Portfolio wiederveranlagt werden, um ein Jahr bis Ende 2023 verlängert. Zum Dritten werden drei neue dreijährige zielgerichtete Refinanzierungsgeschäfte (TLTRO) angeboten, bei denen sich Banken jetzt Geld bis Mitte 2022 und damit ein Jahr länger für bis zu -1,0% bei der Notenbank leihen können.
  • Die Ende dieses Jahres auslaufende Aufstockung des Asset Purchase Programme (APP) wird nicht verlängert.
  • In den aktualisierten Projektionen zu Konjunktur und Inflation spiegelt sich das kurzfristig eingetrübte wirtschaftliche Umfeld wider: Für 2021 rechnen die Währungshüter mit einem Anstieg des BIP um 3,9% (zuvor: 5,0%); für die Inflationsrate wird im nächsten Jahr weiterhin von einem Anstieg um 1,0% ausgegangen. Für 2022 wird nur noch eine Inflationsrate von 1,1% erwartet (zuvor: 1,3%), für das BIP wird mit +4,2% dagegen ein grösserer Zuwachs angesetzt als bisher (+3,2%). Gemäss den erstmals vorgelegten Projektionen für 2023 würde die Inflationsrate mit 1,4% das EZB-Ziel auch in drei Jahren noch deutlich verfehlen.

Unsere Einschätzung:
Die EZB reagiert mit der heutigen Entscheidung auf die erneute Verschärfung der Pandemie sowie die sich daraus ergebenden Abwärtsrisiken für Konjunktur und Inflation. Im Unterschied zum Frühjahr, als die Risikoaufschläge von Staatsanleihen vor allem der Peripherieländer sowie von Unternehmensanleihen kräftig anstiegen, ist aktuell jedoch keine »Gefahr in Verzug«. Die Spreads liegen nahe mehrjährigen Tiefstständen. Die Rendite deutscher Bundesanleihen liegt weit im negativen Bereich (2J: -0,78%; 10J: -0,63%) und die Geldmarktsätze liegen sogar klar unter dem Vorkrisenniveau (3M-Euribor -0,55% vs. -0,42% Ende Februar). Wir halten die heute angekündigten Massnahmen daher in erster Linie für ein psychologisches Signal. Insbesondere, da die Pandemie dank der Verfügbarkeit von Impfstoffen im Laufe des nächsten Jahres abklingen sollte und mit dem EU-Wiederaufbaufonds bald ein schlagkräftiges fiskalisches Instrument zur Verfügung stehen wird.

Insgesamt liegt das Massnahmenpaket der EZB am unteren Ende der Markterwartungen. Insbesondere der Verzicht auf eine erneute Aufstockung des APP ist eine Enttäuschung. Der Wegfall der Käufe von monatlich gut 13 Mrd. EUR muss ab Januar 2021 über das PEPP kompensiert werden. Kaufte die EZB weiterhin Anleihen im Umfang von gut 100 Mrd. EUR pro Monat wie seit März, wäre das Volumen des PEPP Ende 2021 erschöpft. EZB-Präsidentin Christine Lagarde betonte jedoch, dass das erhöhte PEPP-Volumen nicht zwangsläufig ausgeschöpft wird und eher eine Absicherung für die Notenbank darstellt. Falls nötig kann sie damit rasch und entschlossen etwaigen Verwerfungen des geldpolitischen Transmissionsmechanismus entgegenwirken. Unerwartet ist auch der Verzicht der Währungshüter, den Freibetrag für Einlagen bei der EZB anzuheben. Durch die zusätzlichen Anleihenkäufe und TLTROs wird die Überschussliquidität weiter steigen. Dies belastet vor allem Banken aus der Kern-Eurozone, die schon jetzt im Geld schwimmen und jährlich Milliarden Euro an Strafzinsen bezahlen müssen. Banken aus der Peripherie dürften dagegen von der grosszügigen und günstigen Liquiditätsversorgung profitieren.

Wir gehen davon aus, dass eine Kombination aus Impffortschritten und einer günstigeren Witterung ab dem Frühjahr 2021 zu einem enormen Konjunkturschub führen wird, der bis weit ins Jahr 2022 anhält. Im Zuge dessen dürfte auch die Inflationsrate stärker steigen als von der EZB aktuell unterstellt. Insbesondere die Annahmen der Notenbank zum unterliegenden Preisauftrieb teilen wir nicht. Die von uns wie von den Währungshütern erwartete dynamische Konjunkturerholung im nächsten und übernächsten Jahr wird im Zusammenspiel mit höheren Energiepreisen, zusätzlichen Abgaben bzw. Steuern für den Klimaschutz und einem spürbar steigenden Mindestlohn zu einem erkennbaren und vor allem nachhaltigen Anstieg des unterliegenden Preisdrucks führen. Wir halten es daher für fraglich, ob die EZB den ausgeweiteten Rahmen bei den Anleihenkäufen am Ende ausschöpft. Wahrscheinlicher erscheint eine Reduzierung der Käufe ab der 2. Jahreshälfte 2021 und eine Einstellung 2022. Eine erste Zinsanhebung wäre dann 2023 möglich.

Jörg Angelé, Senior Economist der BANTLEON BANK AG

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