Wie erwartet hat die EZB auf die aus ihrer Sicht unangemessene Verschärfung der Finanzierungsbedingungen reagiert. Zwar bleiben das Volumen des PEPP (1.850 Mrd. EUR) und die Leitzinssätze unverändert, gleichwohl sollen die Anleihenkäufe im nächsten Quartal »erheblich höher ausfallen, als während der ersten Monate des Jahres« (Schnitt Januar bis März 2021: 18,2 Mrd. EUR pro Woche). Je nach Finanzmarktumfeld sollen die Anleihenkäufe maximal flexibel angepasst werden, um eine Verschärfung der Finanzierungskonditionen zu verhindern. Bisher lautete die entsprechende Passage, die Anleihenkäufe zielten darauf ab, günstige Finanzierungsbedingungen aufrecht zu erhalten.
Die wichtigsten Ergebnisse der heutigen Sitzung:
- Wie erwartet hat die EZB auf die aus ihrer Sicht unangemessene Verschärfung der Finanzierungsbedingungen reagiert. Zwar bleiben das Volumen des PEPP (1.850 Mrd. EUR) und die Leitzinssätze unverändert, gleichwohl sollen die Anleihenkäufe im nächsten Quartal »erheblich höher ausfallen, als während der ersten Monate des Jahres« (Schnitt Januar bis März 2021: 18,2 Mrd. EUR pro Woche). Je nach Finanzmarktumfeld sollen die Anleihenkäufe maximal flexibel angepasst werden, um eine Verschärfung der Finanzierungskonditionen zu verhindern. Bisher lautete die entsprechende Passage, die Anleihenkäufe zielten darauf ab, günstige Finanzierungsbedingungen aufrecht zu erhalten.
- Die Inflationsprognose für das laufende Jahr wurde zwar erkennbar von 1,0% auf 1,5% angehoben, Frau Lagarde betonte aber nachdrücklich, dies gehe ausschliesslich auf technische bzw. temporäre Faktoren zurück (MwSt. Deutschland, Warenkorbgewichte, Energiepreise). Für ein Anziehen des unterliegenden Preisauftriebs gebe es weiterhin keine Hinweise. Entsprechend blieb die Inflationsprognose für 2022 und 2023 mit 1,2% bzw. 1,4% wie bisher deutlich unterhalb des Ziels der Notenbank.
Unsere Einschätzung:
Die Ankündigung einer signifikanten Erhöhung der Wertpapierkäufe ist eindeutig »taubenhaft« zu werten und nichts anderes als ein zusätzlicher temporärer geldpolitischer Impuls. Allerdings lassen sich in der geldpolitischen Stellungnahme auch zwei weniger »taubenhafte« Aspekte finden. Zum einen ist dies die explizite Begrenzung der erhöhten Käufe auf den Zeitraum eines – nämlich des nächsten – Quartals sowie zum anderen die Beibehaltung der Formulierung, dass das Volumen des PEPP nicht zwangsläufig aufgebraucht werden muss. Wir sehen beide Punkte als Entgegenkommen an die »Falken« im EZB-Rat. Schliesslich verleiht auch die günstigere Einschätzung der Konjunkturperspektiven der Zinsentscheidung einen weniger »taubenhaften« Anstrich. Gemäss EZB-Präsidentin Christine Lagarde sind die Auf- und Abwärtsrisiken für die Konjunktur ausgeglichener als vor einigen Wochen.
Mit Blick auf die kurz- und mittelfristigen Ziele der EZB brachte Frau Lagarde erneut kein Licht ins Dunkel. Trotz mehrfacher Nachfrage konnte oder wollte sie erneut nicht erklären, was genau die Währungshüter unter günstigen Finanzierungsbedingungen verstehen bzw. was genau sie mit den temporär erhöhten Anleihenkäufen erreichen möchte. Ihre Ausführungen waren langatmig und teils nur schwer nachzuvollziehen. Obwohl Lagarde betonte, die EZB betreibe keine Zinskurvenkontrolle, drängt sich der Eindruck auf, dass die Notenbank eben genau dies tut.
Wir interpretieren die heutige Entscheidung so, dass die EZB eine aus ihrer Sicht verfrühte Verschärfung der Finanzierungskonditionen in jedem Fall verhindern möchte. Angesichts des unsicheren Konjunkturausblicks für die nächsten Monate ist dies nachvollziehbar. Die klare zeitliche Begrenzung der erhöhten Anleihenkäufe zeigt jedoch auch, dass der EZB-Rat nach wie vor an eine kräftige konjunkturelle Belebung im 2. Halbjahr glaubt. Diese wird unserer Einschätzung nach durch einen markanten Anstieg der Inflationsrate auf zeitweise über 2% begleitet werden. Die EZB signalisiert mit den heute getroffenen Massnahmen daher auch, dass sie sich im weiteren Jahresverlauf nicht mehr gegen einen angemessenen Renditeanstieg stellen wird.
Wir gehen davon aus, dass der ab dem Frühjahr erwartete dynamische Konjunkturaufschwung – gestützt durch eine äusserst lockere Fiskalpolitik – bis weit ins Jahr 2022 anhält. Im Zuge dessen dürfte auch die Inflationsrate im nächsten und übernächsten Jahr höher ausfallen als von der EZB unterstellt – der verstärkte Preisauftrieb in diesem Jahr sollte sich somit nicht als Strohfeuer erweisen. Wir halten es daher für fraglich, ob die EZB den aktuellen Rahmen bei den PEPP-Käufen am Ende ausschöpft. Wahrscheinlicher erscheint uns eine Reduzierung der Käufe im 1. Halbjahr 2022 und eine Einstellung der Nettokäufe Ende des nächsten Jahres. Eine nochmalige Aufstockung des PEPP-Rahmens erwarten wir nicht. Eine erste Zinsanhebung wäre dann 2023 möglich.
Jörg Angelé, Senior Economist der BANTLEON BANK AG