Tapering:
Die Fed hat im Rahmen der gestrigen Notenbanksitzung erwartungsgemäss den Startschuss für die Rückführung der Anleihenkäufe gegeben. Wie schon im Protokoll des vorangegangenen FOMC-Treffens skizziert, werden die monatlichen Käufe Mitte November erstmals um 15 Mrd. USD von aktuell 120 auf 105 Mrd. USD reduziert (die Treasury-Käufe sinken von 80 auf 70 Mrd. USD und die MBS-Käufe von 40 auf 35 Mrd. USD).
Mitte Dezember sollen sie in einem zweiten Schritt auf 90 Mrd. USD zurückgeführt werden. Die Fed musste diese zweite Reduktion bereits jetzt bekanntgeben und konnte damit nicht bis zur nächsten Sitzung warten, da dieses Treffen zu spät im Dezember stattfindet. Nach Einschätzung der Notenbank wird es in den folgenden Monaten im gleichen Rhythmus weitergehen. Gleichwohl sei man bereit, das Tempo anzupassen, wenn Änderungen im wirtschaftlichen Ausblick dies erfordern.
Inflationsausblick:
Bei der Beschreibung des aktuellen Inflationsumfelds in der schriftlichen Erläuterung des geldpolitischen Entscheids lassen die Währungshüter nun eine etwas grössere Unsicherheit durchblicken. Bislang hiess es, die Inflation werde durch Faktoren in die Höhe getrieben, die »vorübergehender Natur sind«. Neu korrigieren die Währungshüter diese Sicht geringfügig: »Man gehe davon aus, dass diese Faktoren vorübergehender Natur sind«.
Ungeachtet dieser Relativierung hält die Fed an ihrer grundlegenden Einschätzung fest, wonach es sich beim aktuellen Inflationsschub um ein temporäres Phänomen handelt. Der Teuerungsdruck sei zwar ausgeprägter und halte auch etwas länger an als gedacht – nichtsdestotrotz rechne man mit wieder deutlich sinkenden Inflationsraten im Laufe des Sommerhalbjahres 2022. Dazu sollten auch die zu erwartenden Entspannungen der aktuell belastenden Angebotsengpässe beitragen.
Leitzinserhöhungen:
Die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für die erste Leitzinserhöhung ist für die Fed gegenwärtig noch kein zentrales Thema. Powell wiederholte erneut, dass aktuell die Zeit für eine Rückführung der Anleihenkäufe gekommen ist. Es sei aber noch nicht die Zeit, um über Zinserhöhungen zu diskutieren. Gleichwohl will sich die Notenbank hier mit Blick voraus alle Optionen offen halten. Auf Nachfrage gestand Powell ein, dass in der 2. Hälfte des kommenden Jahres die Bedingungen für Zinserhöhungen erfüllt sein könnten.
Unsere Gesamteinschätzung:
Letztlich brachte die heutige Fed-Sitzung kaum neue Erkenntnisse. Die Tapering-Entscheidung war so gut vorbereitet worden, dass sie niemanden überraschte. Auch der zügige Fahrplan, wonach die Käufe aller Voraussicht nach bereits im Sommer nächsten Jahres komplett eingestellt werden, war inzwischen absehbar. Ein Taper-Tantrum wie im Jahr 2013, als die globalen Finanzmärkte allein im Vorfeld der Rückführung der damaligen Anleihenkäufe gehörig durchgeschüttelt wurden, hat die Fed mithin erfolgreich vermieden. Was den bevorstehenden Zinserhöhungszyklus angeht, kann die Fed darüber hinaus gelassen bleiben. Obwohl die Finanzmärkte schon für Sommer 2022 mit dem ersten Zinsschritt rechnen, bewegen sich die Renditen 10-jähriger Treasuries mit knapp 1,60% immer noch auf sehr moderatem Niveau. Die Finanzierungskonditionen sind folglich trotz begonnener geldpolitischer Wende nach wie vor äusserst günstig.
Unser Ausblick:
Wir gehen davon aus, dass die US-Wirtschaft nach der Überwindung der Corona-Pandemie in den kommenden Jahren deutlich über ihrem Potenzialniveau wächst. In diesem Zuge sollte sich die Arbeitsmarkterholung mit hohem Tempo fortsetzen und eine Lohn-Preis-Spirale in Gang kommen, sodass die Inflationsraten erkennbar über dem 2%-Ziel der Fed bleiben werden. Unter diesen Voraussetzungen rechnen wir nicht nur mit der ersten Anhebung der Fed-Funds-Rate spätestens im 4. Quartal 2022. Vielmehr dürften in den folgenden Quartalen kontinuierlich weitere Straffungen vorgenommen werden. Die von den Geldterminmärkten für die kommenden drei Jahre eskomptierten Leitzinserhöhungen um insgesamt rund 150 Bp sehen wir entsprechend als zu zurückhaltend an.
Dr. Andreas A. Busch, Senior Economist der BANTLEON BANK AG