Wie die meisten Anlegergruppen können auch M&A-Arbitrageure von Zeit zu Zeit ein wankelmütiges Völkchen sein, das dazu neigt, erst zu schießen und dann zu zielen. Zuckende Finger am Verkaufsabzug können periodenweise besonders attraktive Anlagefenster schaffen. Ein solches Fenster öffnete sich beispielsweise im März 2020, als der durch die Pandemie ausgelöste Bärenmarkt Anleger global aus der Bahn warf. Am Markt galt nur eines: verkaufen, so schnell man kann. Merger Arbitrageure machten es nicht anders und verkauften Spread-Positionen in M&A-Deals, um Risiko zu jedem Preis zu reduzieren. In der Folge stiegen damals in den USA die Arbitrage-Renditen von rund 5% p.a. im Februar 2020 innerhalb von weniger als zwei Monaten auf mehr als 20% p.a. – das »Arbageddon« war eingetreten. Nach der Panikphase erholten sich die Kurse schnell und Arbitrage-Renditen gingen stetig zurück. In den folgenden zwölf Monaten verzeichneten Indizes wie der »HFRI Merger-Arbitrage-Index« mit 23% ihre bisher beste Jahresperformance.
Diese Entwicklung könnte sich schon bald in Teilen wiederholen: So waren die US-Arbitrage-Renditen im Mai 2022 auf mehr als 15% p.a. gestiegen und sind zwischenzeitlich nur leicht gesunken. Diese Spreadausweitung hatte keinen fundamentalen Auslöser – seit Februar gab es zum Beispiel keinen einzigen gescheiterten M&A-Deal. Als die Renditen davor zuletzt derart in die Höhe schossen, gab es mit den globalen Lockdowns infolge der Corona-Pandemie zumindest einen guten Grund für die heftige Risikoaversion bei eigentlich sicheren, laufenden Deals. Was ist also diesmal der Grund?
Man könnte die Volatilität der Aktienmärkte nennen, aber das scheint zu kurz gegriffen. In M&A-Kreisen deutet manch ein Experte auf übereifrige Kartellbehörden, aber diese Begründung ist schon seit Sommer 2021 im Markt. Klar, eine Rezession steht wahrscheinlich vor der Tür, das drückt durchaus die Breakpreise, also die eigenständigen Unternehmenswerte ohne Übernahmeaufschlag. Und wer wie George Soros in Davos einen Weltkrieg und das Ende der Zivilisation befürchtet, der bringe sich in der Tat besser in Sicherheit. Wir hingegen sehen den M&A-Markt weit weniger düster. Trotz Risiken am Horizont sehen wir die wirtschaftliche und zivilisatorische Katastrophe nicht, auf welche die Arbitrage-Spreads – fast wie im 2020er »Arbageddon« – hindeuten. Auch wenn die geopolitische Lage nicht rosig ist, sind die aktuellen Spread-Niveaus für bereits vereinbarte, laufende Übernahmen unserer Ansicht nach – vor allem mit einem durchschnittlichen Horizont von nur rund acht Monaten bis Dealabschluss – nicht gerechtfertigt.
Ganz im Gegenteil. Geht es doch weiter rund in der Anlageklasse. Fusionen werden weiter angekündigt und abgeschlossen. Allein im Mai wurden in den USA mehr als 20 öffentliche Übernahmen bekannt gegeben, darunter die 69-Milliarden-US-Dollar-Übernahme von VMWare durch Broadcom, der größte Software-Deal aller Zeiten. Darüber hinaus wurden in den USA im Mai mehr als ein Dutzend Übernahmen im Wert von über 40 Milliarden US-Dollar erfolgreich abgeschlossen, während kein einziger Deal abgesagt wurde. Und die Corona-Krise hat uns gezeigt, wie schwer es wäre, als Käufer die Meinung zu ändern und aus einem Übernahmevertrag herauszukommen. Die Übernahme von Tiffany & Co. durch LVMH ist ein gutes Lehrstück dafür. Wenn der M&A-Markt also in Schwierigkeiten stecken sollte, dann hätte dies die Käuferseite zumindest nicht mitbekommen – denn Strategen (z.B. Philip Morris, Siemens Gamesa) und Private-Equity-Investoren (z.B. Thoma Bravo, KKR, Apollo) kaufen munter weiter.
Dabei haben sie ein renommiertes Vorbild: Warren Buffett, der ebenfalls in der aktuell schwierigen Zeit an den Finanzmärkten auf Arbitrage setzt. Gab er doch auf der jüngsten Hauptversammlung von Berkshire Hathaway vor ein paar Wochen sein Arbitrage-Engagement im Activision-Blizzard-Deal bekannt. Bei diesen attraktiven Spread-Niveaus auch kein Wunder. Ob Merger-Arbitrage-Anleger im Jahr 2022 also wieder mit zweistelligen Renditen von den aktuellen Niveaus aus belohnt werden, bleibt abzuwarten. Die Chancen dafür stehen jedoch alles andere als schlecht.
Investitionen über Event-Driven-Aktienfonds sinnvoll
Wenn Anleger von den Chancen im Merger-Arbitrage-Anlagesegment profitieren wollen, können sie in Event-Driven-Aktienfonds investieren, deren Manager die nötige Erfahrung im Handel mit M&A- und Sondersituationen haben.