Bantleon-Ökonom Angelé: EZB legt mit Jumbo-Zinsschritt nach

BANTLEON | 08.09.2022 17:00 Uhr
Jörg Angelé, Senior Economist der BANTLEON AG / © e-fundresearch.com / Bantleon
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Die wichtigsten Ergebnisse der heutigen Sitzung:

  • Anhebung der Leitzinssätze um 75 Bp
  • Weitere Zinsschritte werden in Aussicht gestellt, das jeweilige Ausmaß ist datenabhängig
  • Quantitative Tightening ist derzeit kein Thema
 

Unsere Einschätzung:

Nachdem die EZB im Juli als eine der letzten Notenbanken ernsthaft in die Inflationsbekämpfung eingestiegen war, legte sie jetzt nach. Die Rekordinflation in Kombination mit den abermals merklich nach oben korrigierten Inflationsprognosen lässt ihr auch keine andere Wahl (vgl. Tabelle unten). Die für 2023 nach unten revidierte BIP-Prognose zeigt zwar, dass sich auch die Notenbank auf einen markanten Konjunkturabschwung im Winterhalbjahr einstellt (vgl. Tabelle unten). Allerdings überwiegen zurzeit in den Augen der Währungshüter ganz klar die Inflationsrisiken vor den Konjunkturrisiken. Die EZB erklärt sogar explizit, Zinsanhebungen seien notwendig, um die Nachfrage zu dämpfen. Zumal in den meisten harten Konjunkturdaten bis dato keine Abschwächung erkennbar ist. Hinzu kommt, dass die Wirtschaft im 1. Halbjahr überraschend stark gewachsen ist, was sich unter anderem auch in einer weiter rückläufigen Arbeitslosenquote niedergeschlagen hat. Wir gehen daher davon aus, dass die Leitzinsen im Oktober um weitere 50 Bp angehoben werden. Auch um einem etwaigen nachhaltigen Anstieg der langfristigen Inflationserwartungen entgegenzuwirken und dem Euro Halt zu geben.

Gegen Jahresende dürfte sich der Konjunkturabschwung, den die Frühindikatoren bereits signalisieren, auch in den harten Konjunkturdaten widerspiegeln. Die Wirtschaftsleistung wird unserer Einschätzung nach ab dem 4. Vierteljahr 2022 über mehrere Quartale hinweg schrumpfen. Wir unterstellen dabei den permanenten Stopp so gut wie aller Gaslieferungen aus Russland. Die Folge ist ein anhaltend hoher Gaspreis. Die EZB unterstellt diese Entwicklung nur in ihrem Negativszenario, nicht jedoch in ihrem Basisszenario. Wir sehen somit weiteres Abwärtspotenzial für die BIP-Prognose der Notenbank für 2023. Die EZB dürfte nach einem Zinsschritt um 25 Bp im Dezember daher eine Zinsanhebungspause einlegen. Per Jahresende hätten die Währungshüter mithin ihr Ziel eines aus ihrer Sicht neutralen Zinssatzes von 1,5% (Einlagensatz) erreicht.

Erwähnenswert ist die Mahnung von EZB-Präsidentin Christine Lagarde an die Fiskalpolitik, die angesichts des Energiepreisschocks beabsichtigten Entlastungsmaßnahmen für private Haushalte zielgerichtet auf die wirtschaftlich verletzlichsten Teile der Bevölkerung zu beschränken. Die bisherigen Hilfsmaßnahmen, die vielfach nach dem Giesskannenprinzip verteilt wurden/werden, könnten die Bemühungen der Notenbank, den Inflationsdruck zu senken, unterlaufen.

Quantitative Tightening, sprich die Reduktion des Anleihenportfolios, ist derzeit kein Thema. Rückflüsse aus Wertpapieren, die im Rahmen des APP gekauft wurden, sollen noch für lange Zeit reinvestiert werden. Beim PEPP sollen diese Reinvestments bis mindestens Ende 2024 erfolgen.

Fazit:

Die EZB zeigt sich entschlossen, die Leitzinsen nach ihrem bis Ende 2021 zu zögerlichen Agieren nun rasch nach oben zu führen. Weitere Zinsschritte im Oktober und Dezember sind daher sehr wahrscheinlich. Der Lackmustest steht dann Anfang 2023 an. Wir gehen davon aus, dass sich die Eurozone dann in einer Rezession befindet und sich zudem die Anzeichen mehren, dass die Inflationsrate auf einen Abwärtstrend einschwenkt. Wir halten es für fraglich, ob die EZB in einem solchen Umfeld weiter an der Zinsschraube dreht. Eine wichtige Rolle dürfte dabei die Fiskalpolitik spielen. Fallen die geplanten Unterstützungsmaßnahmen (Einmalzahlungen, Strom- und Gaspreisbremse, Steuersenkungen etc.) zur Bewältigung des Energiepreisschocks zu großzügig aus, könnte sich unsere Konjunkturprognose als zu pessimistisch herausstellen, die von den Währungshütern erhoffte Nachfragedämpfung könnte ausbleiben.

 

2022

2023

2024

Wachstum in %*

3,1 (2,8)

0,9 (2,1)

1,9 (2,1)

Inflation in %*

8,1 (6,8)

5,5 (3,5)

2,3 (2,1)

Kerninflation in %*

3,9 (3,3)

3,4 (2,8)

2,3 (2,3)

 

Quelle: EZB, * Jahresdurchschnitt, in Klammern Projektionen vom Juni

Jörg Angelé, Senior Economist der BANTLEON AG

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