Bereits beim letzten Treffen Mitte Dezember hatten die Währungshüter das Tempo der im März 2022 begonnenen geldpolitischen Straffungen verlangsamt. Nach vier Erhöhungen um rekordhohe 75 Bp wurde die Leitzinsbandbreite »nur noch« um 50 Bp auf 4,25% bis 4,50% angehoben. Gestern schaltete die Fed einen weiteren Gang zurück und erhöhte die Fed-Funds-Rate um lediglich 25 Bp.
In der Summe belaufen sich die Zinserhöhungen inzwischen auf 4,50%-Punkte innerhalb von gut zehn Monaten. Das ist mit Abstand der steilste Zinserhöhungszyklus seit vielen Jahrzehnten (vgl. nachfolgende Abbildung). Die Leitzinsbandbreite liegt nun mit 4,50% bis 4,75% immer deutlicher über dem neutralen Niveau, das von der Fed auf rund 2,50% veranschlagt wird.
Ungeachtet der erneuten Verlangsamung des Erhöhungstempos hielt die Notenbank an ihrem Leitzinsausblick fest. In der schriftlichen Erläuterung des Zinsentscheids wurde diesbezüglich die bislang verwendete Formulierung nahezu ohne Abstriche wiederholt. Demnach halte der Offenmarktausschuss weitere geldpolitische Straffungen für nötig, damit die Leitzinsen ein ausreichend restriktives Niveau erreichen. Gleichwohl wurde der Fokus etwas verschoben. Wie schon im Nachgang der Dezember-Sitzung erläutert, stehe nicht mehr die Frage im Mittelpunkt, wie schnell die Leitzinsen, sondern wie weit sie noch angehoben werden sollen.
... die Notenbank sieht sich aber immer noch nicht am Ziel und sieht erst recht keinen Grund für Zinssenkungen ...
In der Pressekonferenz nahm die Diskussion um den Umfang künftiger Zinserhöhungen entsprechend grossen Raum ein. Notenbankpräsident Jerome Powell skizzierte als Basisszenario des Offenmarktausschusses zwei weitere Anhebung der Leitzinsbandbreite um 25 Bp auf 5,00 bis 5,25%. Auf diesem Niveau sollte die Fed-Funds-Rate dann im weiteren Jahresverlauf verharren. Für Zinssenkungen sieht Powell derzeit keinen Grund, da nur mit einem langsamen Rückgang der Inflationsraten zu rechnen sei und von einem anhaltenden, wenn auch schwachen Wirtschaftswachstum ausgegangen werde. Zu einer Rezession wird es nach Einschätzung der Fed nicht kommen.
... in unseren Augen wird es aber zu umfangreichen Zinssenkungen kommen
Nach unserer Auffassung ist das von der Fed unterstellte Szenario unrealistisch. Schon jetzt ist zu erkennen, dass die Wirtschaft immer mehr Fahrt verliert. Der jüngste Rückgang des ISM-Einkaufsmanagerindex der Industrie im Januar lieferte einen neuen Beleg dafür. Er zeichnet vor, dass die Investitionsnachfrage der Unternehmen weiter sinken wird. In diesem Zuge wird auch der aktuell noch robuste Arbeitsmarkt unter Druck kommen. Alles in allem ist daher die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die US-Wirtschaft schon im laufenden Quartal in eine Rezession abrutscht, die nach Massgabe unserer weit vorauslaufenden Frühindikatoren bis zum Jahresende andauern dürfte.
Letztlich sollten sich damit die aktuellen Projektionen der Fed früher oder später als hinfällig erweisen. Die derzeitige Ankündigung, die Leitzinsen nicht zu senken, dürfte dann Makulatur sein. Powell zog diese Möglichkeit im Rahmen der Pressekonferenz durchaus in Betracht, da er immer wieder die Datenabhängigkeit der künftigen Zinsentscheidungen betonte. Wir gehen daher davon aus, dass die Fed ab dem Sommer auf eine deutlich steigende Arbeitslosigkeit und schneller sinkende Inflationsraten mit Zinssenkungen um mehr als 100 Bp reagieren wird.
Auch für die Frage, wie weit die Leitzinsen vorher noch angehoben werden, spielen die Wirtschaftsdaten eine immer entscheidendere Rolle. Unserem skeptischen Konjunkturausblick zufolge dürften sie die Fed davon abhalten, die Leitzinsbandbreite wie im Dezember avisiert in zwei 25-Bp-Schritten bis auf 5,00% bis 5,25% anzuheben. Wir können uns maximal noch eine 25-Bp-Zinserhöhung vorstellen. Und selbst diese steht in unseren Augen in Frage, wenn die bis zur März-Sitzung zur Veröffentlichung anstehenden zwei Arbeitsmarkt- und zwei Inflationsberichte jeweils deutliche Abschwächungen erkennen lassen.
Von Dr. Andreas A. Busch, Senior Economist des Asset Managers BANTLEON