Fed hält zum zweiten Mal still
Wie erwartet hat die Fed die Leitzinsbandbreite bei 5,25% bis 5,50% belassen, dem höchsten Niveau seit 22 Jahren. Es handelt sich dabei um das zweite Stillhalten in Folge. Die schriftliche Begründung zum Zinsentscheid unterschied sich nur geringfügig von den Ausführungen im September. Zum einen spricht die Fed nun von einer »starken Konjunktur im 3. Quartal« – vor sechs Wochen war noch allgemein von einer »soliden Konjunktur« die Rede. Im Gegenzug verwies die Fed dieses Mal nicht nur auf verschärfte Kredit-, sondern auch auf verschärfte Finanzmarktkonditionen als Belastungsfaktoren für das künftige Wirtschaftswachstum.
Tightening Bias light
In der Pressekonferenz begründete Notenbankpräsident Jerome Powell das Stillhalten wie schon im September damit, dass man nach den kräftigen Leitzinsanhebungen in den vergangenen Quartalen nun langsamer vorgehen und entsprechend abwarten könne. Mit Blick voraus sei die entscheidende Frage, ob die Geldpolitik mittlerweile ausreichend restriktiv ausgerichtet ist, um das 2%-Inflationsziel zu erreichen. Zur Beantwortung würde ein breites Bündel an Daten betrachtet. Aktuell sei man noch nicht überzeugt, dass die Leitzinsen tatsächlich ein genügend restriktives Niveau erreicht hätten. Powell wiederholte darüber hinaus einmal mehr seine Aussagen von Mitte Oktober, wonach ein nachhaltig über dem Potenzialtrend liegendes Wirtschaftswachstum oder ein Ende der Abkühlung am Arbeitsmarkt weitere Straffungen erfordern könnten.
Alles in allem erweckten diese Ausführungen den Eindruck, dass die Geldpolitik weiterhin einen eindeutigen Tightening Bias besitzt. Der Notenbankpräsident schwächte diese Einschätzung jedoch ab. So gab er zu bedenken, dass die »Dots« – die im September noch einen Zinsschritt in diesem Jahr nahelegelegt hatten –, aufgrund von Meinungsänderungen bei einzelnen FOMC-Mitgliedern möglicherweise nicht mehr aktuell sind. Außerdem könnte es sein, dass die Geldpolitik doch schon restriktiv genug ist. Schließlich gestand er auf Nachfrage ein, dass bei der Risikoabwägung zu starker geldpolitischer Straffungen auf der einen Seite oder einer zu wenig straffen Geldpolitik auf der anderen Seite inzwischen eine Verschiebung stattgefunden habe. Anders als am Anfang des Zinserhöhungszyklusses würden sich diese Risiken jetzt die Waage halten.
Ausblick auf die nächste FOMC-Sitzung: Datenabhängigkeit
In diesem Hin und Her lassen die Ausführungen Powells die Beobachter hinsichtlich der nächsten FOMC-Sitzung Mitte Dezember im Dunklen tappen. Offensichtlich wollte der Notenbankpräsident keine klaren Signale aussenden, sondern sich vielmehr alle Optionen offenhalten. Entsprechend kommt es ganz zentral auf die bis dahin eingehenden Wirtschaftsdaten an. Wir sehen gute Chancen, dass diese das Bild einer nachlassenden Wachstumsdynamik, einer sich fortsetzenden Abkühlung am Arbeitsmarkt und weiter nachgebender Inflationsraten zeichnen. Mithin sehen wir es als wahrscheinlich an, dass die Fed auch bei der letzten Sitzung in diesem Jahr die Füße stillhalten wird.
Von Dr. Andreas A. Busch, Senior Economist des Asset Managers BANTLEON