Umfeld für breiten europäischen Aktienmarkt wird schwieriger

Die Aktienmärkte befinden sich seit der Kurskorrektur im April von etwa 5% beim S&P500 und dem breiten Eurostoxx, der die rund 300 liquidesten Titel umfasst, übergeordnet wieder im Aufwind. Auch wenn die Abhängigkeit von einzelnen Tech-Schwergewichten weiter zugenommen hat, bleiben Stimmung, Marktbreite und charttechnisches Bild für den S&P500 weiter positiv. Für den Eurostoxx zeigt sich derzeit ein neutrales Gesamtbild. Sollte sich die Stimmung angesichts der vorgezogenen französischen Parlamentswahlen verschlechtern, könnte das Gesamtbild für den Eurostoxx ins Negative drehen. Entsprechend ist Anlegern kurzfristig zu einer vorsichtigeren Haltung gegenüber dem breiten europäischen Aktienmarkt zu raten. BANTLEON | 18.06.2024 10:57 Uhr
Marcio Costa, Senior Portfolio Manager, BANTLEON / © e-fundresearch.com / BANTLEON
Marcio Costa, Senior Portfolio Manager, BANTLEON / © e-fundresearch.com / BANTLEON

Seit der Kurskorrektur im April von etwa 5% beim S&P500 und dem breiten Eurostoxx, der die rund 300 liquidesten Titel umfasst, befinden die Aktienmärkte sich übergeordnet wieder im Aufwind. Die Euphorie rund um das Thema Künstliche Intelligenz und überraschend robuste Konjunkturdaten verhalfen Aktien wieder zu mehr Stabilität. Dabei gewannen US-Indizes, die weiterhin von der überdurchschnittlichen Performance der Mega-Caps profitieren, deutlich an Dynamik. Die Stimmung ist derzeit moderat positiv. So liegt die Zahl der Aktienmarktoptimisten gemäß AAII-US-Investor-Sentiment-Readings-Umfrage bei 39% und damit nur 10%-Punkte über dem Anteil der Pessimisten (29%). Der Volatilitätsindex VIX der Options-Börse CBOE hat sich von den erhöhten April-Ständen wieder auf ein tiefes Niveau von 13 zurückgebildet, was charakteristisch für positive Aktienmarktphasen ist. Dieses Bild wird von mehreren Indikatoren bestätigt: Die Prämie für Kreditausfallversicherungen von High-Yield-Anleihen (gemessen am »Markit iTraxx Europe Crossover Index«) liegt mit 320 Basispunkten nahe den zyklischen Tiefständen und der CNN Fear and Greed Indicator deutet auf ein neutrales Verhältnis von Angst zu Gier hin. Zudem zeigt auch das durchschnittliche Verhältnis von Put- zu Call-Optionen von 0,87 an der CBOE eine entspannte Stimmung an den Aktienmärkten. Kurzfristig könnte die vorgezogene Parlamentswahl in Frankreich zu einer Verschlechterung des Sentiments in Europa und damit zu einer Underperformance des Eurostoxx führen. Grundsätzlich ist die Stimmung dennoch moderat positiv.

Zwei Gründe für Fortsetzung der (US)-Hausse

Saisonal gesehen sprechen zwei Faktoren für eine Fortsetzung der positiven Aktienmarktentwicklung. So hat ein positiver Jahresauftakt in der Vergangenheit auch oft für einen positiven weiteren Jahresverlauf gesprochen. Zudem neigen Regierungen in Wahljahren dazu, die Wirtschaft – und damit den Aktienmarkt – mit expansiven Fiskalmaßnahmen zu unterstützen, was angesichts der rekordhohen Staatsausgaben derzeit der Fall ist. Ab dem Sommer ist mit Blick auf die abnehmende Liquidität und die Brisanz des US-Wahlkampfs mit erhöhter Volatilität zu rechnen.

Aktienmarktanstieg wird übergeordnet von breiter Masse an Titeln getragen

Eine starke Pfadabhängigkeit ergibt sich auch aus der Marktbreite. Zwar gehören mittlerweile nicht mehr alle Titel der »Magnificent 7« zu den Top-Performern, jedoch reicht allein das Gewicht der drei jüngsten Überflieger Nvidia, Apple und Alphabet in den Börsenindizes aus, um diese signifikant anzutreiben. Zusammen haben allein diese drei Titel einen Anteil von über 17% am S&P500 und haben deshalb seit Jahresanfang eine Outperformance des marktgewichteten S&P500 gegenüber dem gleichgewichteten Pendant von 8,7%-Punkten ermöglicht. Übergeordnet zeigt sich die Marktbreite solider: Etwa 70% der Titel in S&P500 und Eurostoxx notieren oberhalb ihrer 200-Tage-Linie. 93% aller Titel in beiden Börsenindizes handeln auf einem RSI (Relative-Stärke-Index) zwischen 30 und 70, nur etwa 2% handeln oberhalb der kritischen 70er-Marke. Damit ist nahezu kein Titel im S&P500 und im Eurostoxx überkauft. Global betrachtet verzeichnen 74% der Länderindizes einen Anstieg im Monatsvergleich. Zusammenfassend sehen wir die jüngste Entwicklung breit abgestützt. Dabei sollte die zunehmende Dominanz einiger weniger Titel in den breiten Börsenindizes, die das Risiko idiosynkratischer Ereignisse erhöht, nicht außer Acht gelassen werden.

Charttechnik zeichnet ein gemischtes Bild

Das charttechnische Bild zeigt sich für die USA und Europa zweigeteilt. Nahezu alle Momentumindikatoren erzeugen für den S&P500 ein Kaufsignal. So generiert der MACD ein positives Signal und auch die Bollinger-Bänder deuten auf einen intakten Aufwärtstrend hin. Im April hatte der S&P500 das mittlere Band auf einem Niveau von 5.000 Punkten getestet, jedoch nicht nach unten durchbrochen. Seitdem handelt der S&P500 wieder nahe am oberen Band. Auch die übergeordneten gleitenden 20-, 50-, 100- und 200-Tage-Durchschnitte sind – ebenso wie der exponentiell gleitende Durchschnitt – aufwärtsgerichtet. Einzig der RSI handelt mit einem Wert von 69 nahe am überkauften Bereich, was allein jedoch nicht für eine Trendumkehr reicht. Das charttechnische Bild ist für den S&P500 damit durchweg positiv. Kritische Unterstützungen sehen wir bei 5.260 Punkten (-2,9%; zyklisches Hoch) und anschließend bei 5.000 Punkten (-7,7%; zyklisches Tief). Für eine Trendumkehr wäre eine Korrektur von mindestens -4,5% unter das mittlere Bollinger-Band nötig.

Das charttechnische Bild für den Eurostoxx zeigt sich weniger optimistisch. So generieren insbesondere die reagibleren gleitenden Durchschnitte (5, 20 Tage und exponentiell gleitender Durchschnitt) ein Verkaufssignal – ebenso der MACD und die Bollinger-Bänder. Einzig die längeren gleitenden Durchschnitte (50, 100 und 200 Tage) sind noch aufwärtsgerichtet. Auch der seit November 2023 anhaltende Aufwärtstrendkanal ist gebrochen. Anders als beim S&P500 hat sich der Eurostoxx in einer Seitwärtsbewegung eingependelt, ohne einen neuen Aufwärtstrend zu etablieren. Die Unterschreitung des mittleren Bollinger-Bands bei 510 Punkten hat dazu geführt, dass nun die nächste kritische Marke (zyklisches Tief) bei 500 Punkten (aktuelles Niveau) getestet wird. Sollte diese reißen, würde dies auf einen beginnenden Abwärtstrend hinweisen. Dann wäre der Weg bis auf das zyklische Hoch vom August 2023 bei 470 Punkten (-6,0%) offen. Unter dem Strich bleibt das charttechnische Bild für den Eurostoxx zunächst noch neutral.

Von Marcio Costa, Senior Portfolio Manager, BANTLEON

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