Die jüngst dovishe Rhetorik der Notenbanken hat nach dem Aktienmarkteinbruch Anfang August dem breiten Eurostoxx, der die rund 300 liquidesten Aktien umfasst, und dem S&P500 wieder zu neuer Stärke verholfen und eine Erholung auf die zyklischen Hochs befeuert. Übergeordnet ist die Stimmung positiv für Aktien. Die Marktteilnehmer ignorieren derzeit noch die hohen Bewertungen und die trüben konjunkturellen Perspektiven. Aus technischer Sicht ist der Ausblick für den amerikanischen Aktienmarkt positiver als für den europäischen. Einzig die Präsidentschaftswahl im November und der hohe Anteil der Tech-Giganten am Index könnten temporär zu einer überproportional hohen Volatilität führen.
Nach dem Aktienmarkteinbruch Anfang August hat die jüngst dovishe Rhetorik der Notenbanken dem breiten Eurostoxx, der die rund 300 liquidesten Aktien umfasst, und dem S&P500 wieder zu neuer Stärke verholfen und eine Erholung auf die zyklischen Hochs befeuert. Die Stimmung ist insgesamt positiv. So liegt der CNN-Fear-and-Greed-Indikator bei 72 und weist auf ein gesundes Maß an Risikofreude hin. Gemäß der AAII-US-Investor-Sentiment-Readings-Umfrage beträgt der Anteil der Optimisten 45% und überwiegt damit deutlich gegenüber dem Anteil der Pessimisten (25%). Die Prämie für Kreditausfallversicherungen von High-Yield-Anleihen bestätigt das positive Bild: Sie liegt gemessen am »Markit iTraxx Europe Crossover Index« bei 300 Basispunkten und damit nah am 2-Jahres-Tief. Bestätigung kommt ebenfalls vom Verhältnis von Put- zu Call-Optionen an der Optionsbörse CBOE, das aktuell bei nur 0,77 liegt und keine Indikation für eine erhöhte Nachfrage nach Aktienabsicherungen liefert. Einzig der Volatilitätsindex VIX spiegelt auf einem Niveau von aktuell 19 eine wachsende Verunsicherung. Seit der Kurskorrektur im August häufen sich die Ausschläge des Indikators, was darauf hinweist, dass die Bullenmarktrallye bereits fortgeschritten ist. Der Markt reagiert damit zunehmend anfälliger auf veränderte Marktbedingungen. Aber unter dem Strich bleibt das Sentiment positiv.
Im Oktober erhöhte Volatilität möglich
Aus der saisonalen Perspektive kann der Monat Oktober mit einer erhöhten Volatilität einhergehen. So fanden historisch einige große Aktienmarktkorrekturen (z.B. 1929 und 1987) im Oktober statt. Zudem spricht die US-Wahl am 5. November für eine erhöhte Volatilität, die an den Optionsmärkten zum Teil schon antizipiert wird. Sollte es über den November hinweg nicht zu einer starken Eintrübung der Konjunkturperspektiven kommen und sich der Tumult rund um die Wahlen beruhigt haben, könnte das Phänomen der Jahresendrallye im Dezember wieder die Oberhand gewinnen.
Zu berücksichtigen ist allerdings auch die weiterhin schwache Marktbreite. So ist der Anteil der »Magnificent 7« am S&P500 weiter auf über 27% gestiegen. Allein die drei größten Werte (Apple, Microsoft und NVIDIA) haben einen Anteil von nahezu 20% am Index. Und so hatten jüngst zumindest drei der »Magnificent 7« (Monatsperformance: NVIDIA +21%, Meta +7%, Apple +5%) einen maßgeblichen Einfluss auf die Erholung des US-Aktienmarktes. In Europa sieht dies ähnlich aus. Hier nehmen allein die Titel ASML, SAP und LVMH (alle Profiteure der China-Stimuli) zusammen einen Anteil von 20% ein. Damit ergibt sich weiterhin eine starke Abhängigkeit vom Momentum dieser Werte. Übergeordnet notieren 75% der Werte im S&P500 oberhalb der 200-Tage-Linie, was den Aufwärtstrend bestätigt. 91% der Titel handeln gemäß RSI-Index im neutralen Bereich und sind demnach nicht überkauft. Gleichzeitig verzeichneten nur 13% der Titel im September neue Höchststände, was für eine abnehmende Trenddynamik spricht. Damit ist auch die jüngste Entwicklung auf die Dominanz einiger weniger Titel zurückzuführen. Der breite Aktienmarkt bleibt daher anfällig für idiosynkratische Risiken der sehr hoch bewerteten (Tech-)Platzhirsche.
Charttechnik für S&P500 positiver als für Eurostoxx
Das charttechnische Bild ist für den S&P500 positiver als für den breiten Eurostoxx. Dem S&P500 gelang es jüngst, die Hochs vom Juli 2024 bei 5670 Punkten zu überwinden und mit einem Stand von 5780 Punkten einen neuen Höchststand zu markieren. Damit bleibt der Aufwärtstrend intakt. Auch der MACD-Indikator, die Bollinger-Bänder und alle gleitenden Durchschnitte (5, 20, 50, 100 und 200 Tage) sind nach oben gerichtet und sprechen für eine Fortsetzung des Aufwärtstrends. Unterstützungsmarken sind auf einem Niveau von 5670 Punkten, 5533 Punkten und 5155 Punkten zu finden. Eine deutliche Eintrübung der Aktienmarktperspektiven könnte zu einem Rückgang bis auf 5000 Punkte führen. Nach oben hin bleiben die Grenzen aus technischer Sicht zunächst offen. So ist es denkbar, dass sinkende Leitzinsen den US-Aktienmarkt stützen und ihm zu weiteren Rekordständen verhelfen.
Der breite Eurostoxx präsentiert sich indes deutlich weniger dynamisch. So hat er mit einem aktuellen Stand von 512 Punkten bisher nicht die Höchststände vom Mai 2024 überwunden. Das zyklische Hoch bei 528 Punkten scheint damit eine starke Widerstandsmarke zu sein, die angesichts des konjunkturellen Gegenwinds – insbesondere aus der Automobilindustrie – erstmal nicht getestet werden dürfte. Auch die Momentum-Indikatoren zeigen ein uneinheitliches Bild. Der MACD-Indikator generiert ein Verkaufssignal. Die Bollinger-Bänder sind neutral. Hier könnte ein Unterschreiten des mittleren Bands auf einem Niveau von 505 Punkten zu Abwärtsdruck führen. Auch die gleitenden Durchschnitte zeigen sich angesichts der fehlenden Kursdynamik eher uneinheitlich. Damit sich das charttechnische Bild aufhellt, müsste der Eurostoxx über den Höchststand von 528 Punkten steigen. Gelingt dies nicht, so ist eine Fortsetzung des Seitwärtstrends am wahrscheinlichsten. Unterstützungsmarken sind auf der 200-Tage-Linie bei 505 Punkten und bei 488 Punkten zu finden. Eine Unterschreitung könnte den Weg bis auf ein Niveau von 462 Punkten bedeuten. Das Bild für den Eurostoxx bleibt damit zunächst neutral.
Von Marcio Costa, Senior Portfolio Manager, BANTLEON