Nach einer langen Seitwärtsbewegung seit März 2024 hat sich der Eurostoxx, der die rund 300 liquidesten Titel umfasst, seit Jahresbeginn deutlich besser entwickelt als der S&P500. Europäische Aktien profitierten von wachsenden Vorbehalten gegenüber US-Tech-Titeln, nachdem Ende Januar das chinesische KI-Modell DeepSeek-R1 enthüllt worden war. Diese Entwicklung könnte sich in den nächsten Monaten fortsetzen: Während die Saisonalität eine positive Entwicklung in den USA und Europa erwarten lässt, deuten die Charttechnik und die Marktbreite auf deutlich positivere Perspektiven für europäische Aktien hin.
Während der US-Aktienmarkt im Dezember noch zur Jahresendrallye auflief, setzten europäische Aktien ihren seit März 2024 anhaltenden Seitwärtstrend zunächst fort. Die Outperformance der US-Aktien erfuhr Ende Januar allerdings mit der Enthüllung des chinesischen KI-Modells DeepSeek-R1 einen Dämpfer. Die Chip-Hersteller – allen voran NVIDIA – gerieten gehörig ins Straucheln. Die wachsenden Vorbehalte gegenüber US-Tech-Titeln führten indes nicht zu einer breit angelegten Risk-off-Bewegung, sondern drängten Investoren in die attraktiver bewerteten europäischen Aktien. Diese Rotation verhalf dem Eurostoxx, der die rund 300 liquidesten Titel umfasst, seit Jahresbeginn zu einer Outperformance von 7%-Punkten gegenüber dem S&P500.
Stimmung der Investoren ist neutral
Trotz des insgesamt positiven Jahresauftakts bei Aktien hält sich die Gier der Investoren noch in Grenzen: Der Indikator CNN Fear and Greed liegt bei 47, was einer neutralen Stimmung entspricht. Die Risikoprämien für High-Yields verharren, gemessen am »Markit iTraxx Europe Crossover Index«, mit einem Wert von 280 Basispunkten nahe den zyklischen Tiefständen. Auch die AAII-US-Investor-Sentiment-Readings-Umfrage deutet mit einem Anteil von 42% Pessimisten (Tendenz steigend) auf eine abwartende Haltung der US-Investoren hin. Die Kosten für aus dem Geld notierende Put-Optionen (Tail-Hedge) halten sich ebenso wie das Put-Call-Verhältnis auf moderaten Niveaus, was für eine vorsichtige, aber nicht panische Stimmung spricht. Die große Unsicherheit rund um Donald Trumps (Zoll-)Politik ist ein Grund, weshalb der Volatilitätsindex VIX mit einem Wert von 16 auf leicht erhöhtem Niveau notiert. Die in Contango handelnde Terminkurve für Volatilitätsfutures deutet auf eine steigende Unsicherheit hin. Sollte der Konsens recht behalten, dass die Zollverhandlungen schnell zu einer Einigung führen, dürfte sich die Stimmung aufhellen. Im Risikoszenario langwieriger Verhandlungen könnte sich das Sentiment hingegen deutlich eintrüben. Alles in allem ist die Stimmung aktuell neutral zu bewerten.
In saisonaler Hinsicht gibt es ein erstes, klar positives Vorzeichen für die Aktienmarktentwicklung im Kalenderjahr 2025: »As goes January, so goes the Year«, lautet eine bekannte Börsenregel. Mit einem Januar-Plus von 7% im Eurostoxx und 3% im S&P500 ist aus saisonaler Sicht mit einer positiven Wertentwicklung im Kalenderjahr 2025 zu rechnen. Im Februar ist angesichts der Unsicherheit rund um die Berichtssaison eine abgeschwächte Fortsetzung der Januar-Bewegung wahrscheinlich.
Marktbreite beim S&P500 schwach
Auf Indexebene zeigt sich die Marktbreite solide. So befinden sich 82% der globalen Aktienindizes im Aufwärtstrend, was einem Zuwachs von 18%-Punkten gegenüber Dezember entspricht. Lediglich einige asiatische Indizes verzeichnen noch einen negativen Trend. Auf Einzeltitelebene bleibt die Marktbreite für den S&P500 schwach. So stehen weiterhin die nach Marktkapitalisierung fünf größten Titel für 26% der Wertentwicklung. 60% der Titel notieren oberhalb der 200-Tage-Linie, aber nur 12% verzeichnen neue 4-Wochen-Hochs. In Europa ist die Marktbreite deutlich ausgeprägter. Hier notieren 65% der Titel im Eurostoxx über ihrer 200-Tage-Linie. Zusätzlich verzeichnen über 25% der Titel neue 4-Wochen-Hochs, was überdurchschnittlich ist. Zusammenfassend ist die Marktbreite in Europa gut, während sie im S&P500 weiterhin schwach bleibt.
Charttechnik: Eurostoxx vor S&P500
Auch charttechnisch sieht das Bild für den Eurostoxx rosiger aus als für den S&P500. Nachdem der Eurostoxx weite Teile des Jahres 2024 in einer volatilen Seitwärtsrange gehandelt hatte, gelang im Zuge der Rotation im Januar der Ausbruch nach oben. Infolgedessen wurden neue Höchststände erreicht. Das Momentum ist ungebrochen positiv. Der MACD-Indikator generiert sowohl auf Tages- als auch auf Wochenbasis ein Kaufsignal. Alle gleitenden Durchschnitte (5, 20, 50, 100, 200 Tage) sind aufwärtsgerichtet. Und auch die Bollinger-Bänder sprechen für einen intakten Trend. Einzig der RSI (Relative-Stärke-Index) signalisiert ein überkauftes Niveau, was angesichts der anhaltend starken Dynamik noch nicht überbewertet werden sollte. Erst beim Unterschreiten des mittleren Bandes bei 541 Punkten (-3,7%) wäre der Trend zunächst gebrochen. Damit dürfte sich die Outperformance des Eurostoxx gegenüber dem S&P500 fortsetzen. Unterstützung findet der Eurostoxx bei 543 Punkten (-3,3%) und anschließend bei 528 Punkten (-6,0%; zyklisches Hoch). Insgesamt ist das Bild für den Eurostoxx positiv.
Der S&P500 handelt seit November in einer volatilen Seitwärtsrange. Jüngst konnte sich der Index oberhalb der Unterstützungsmarke von 6.000 Punkten halten, wodurch die Schwankungsbreite rückläufig war. Damit steuert der Index auf ein symmetrisches Dreieck zu, das zu einem Ausbruch in beide Richtungen führen kann. Solange keine Rückschläge unterhalb der Marke von 6.000 Punkten erfolgen (-1,9%) sehen wir den Index gut unterstützt. Eine Unterschreitung würde zu einem Rückgang bis auf die zyklischen Tiefs von 5.780 (-5,4%; unteres Ende der Seitwärtsrange) und anschließend 5.700 (-6,7%; zyklisches Tief) führen. Wahrscheinlicher ist es, dass der Index dem positiven kurzfristigen Trend (20-Tage-Linie) folgt und die zyklischen Hochs bei 6.137 (+0,4%) mit einem positiven Ausbruch aus dem symmetrischen Dreieck testet. Sollte eine Überschreitung gelingen, wäre der seit November anhaltende Seitwärtstrend nach oben durchbrochen und der Index würde Fahrt zu neuen Hochs aufnehmen. Zusammenfassend bleibt das Bild für den S&P500 zunächst neutral.
Von Marcio Costa, Senior Portfolio Manager, BANTLEON