„Der European Green Deal sowie eine stärker linksgerichtete künftige US-Regierung könnten eine Investitionswelle auslösen“, so Giorgio Caputo, Senior Fund Manager und Leiter des Multi-Asset-Value-Teams von J O Hambro Capital Management (JOHCM). Damit würden anstehende und zu erwartende Konjunkturprogramme entlang der Lieferketten die Dekarbonisierung vorantreiben und Wettbewerbsvorteile für diese Unternehmen schaffen. Für Investoren sollten sich damit zukünftig auch in aktuell eher unbeliebten Branchen Anlagechancen ergeben. Insgesamt zielt der Green-Deal vor allem auf technische Effizienzmaßnahmen ab. Neben Automobilzulieferern, die beispielsweise von der Einführung weiterer Elektrofahrzeugmodelle profitieren dürften, sieht Caputo auch bei Versorgungsunternehmen durch die voranschreitende „Ökologisierung" des Stromnetzes langfristig Potenzial. Auf Erzeugung und Verbrauch von Energie entfallen laut EU-Kommission mehr als 75 Prozent der Treibhausgasemissionen der Europäischen Union. Die Dekarbonisierung des Energiesektors ist deshalb ein zentrales Element im Green Deal. Auch im traditionellen Bauwesen und bei Baustoffunternehmen sieht Caputo wachsenden Bedarf durch die zu erwartenden Investitionen in nachhaltige Immobilien. Beispielsweise entfallen auf Gebäude laut der EU-Kommission 40 Prozent des Energieverbrauchs. Im Rahmen eines Green Deals sollen die Sanierungsraten von öffentlichen und privaten Gebäuden mindestens verdoppelt werden. „Wenn Sie grün werden wollen, brauchen Sie mitunter viel Grau, um dorthin zu gelangen“, fasst Caputo zusammen.
Abseits der vermeintlich sicheren Häfen bieten sich wieder Anlagechancen
„Wir sehen in zunehmendem Maße attraktive Aktien, die in der Krise abgestraft wurden“, schlussfolgert Caputo. In den wenigen Branchen, in denen Marktteilnehmer seit Covid-19 einen vermeintlich sicheren Hafen gesucht haben, zeigt sich für den Anlageexperten aktuell kaum Aufwärtspotential. Technologieunternehmen hingegen, oft noch in einem frühen Stadium, sind die Krisengewinner. Ein Trend, der zusätzlich durch technisch quantitativ gesteuerte Zahlungsströme verstärkt wurde. Starke Eintrittsbarrieren, hohe Kapitalrenditen und günstige Wachstumstrends sprechen zwar weiterhin strukturell für viele IT-Unternehmen, bieten jedoch kaum Einstiegsmöglichkeiten auf dem aktuellen Kursniveau. Hauptsächlich angetrieben durch den Technologie-Sektor, schlossen Wachstumstitel insgesamt das 2. Quartal mit einem Jahresplus ab, während Value Aktien im gleichen Zeitraum einen Rückgang um fast 20 Prozent verzeichneten. Damit bieten sich für Investoren zunehmend abseits der durch Covid-19 favorisierten sicheren Häfen Anlagechancen für den Experten.
Der Schlüssel zur Bewältigung dieses unsicheren Umfelds besteht nach Meinung von Caputo darin, Anlagen ausgewogen über verschiedene Themen und Stile zu streuen. Für Investoren mit einem festen Anlagemandat eine Herausforderung. Die heutigen Marktstrukturen verstärken Trends, und sprechen weiterhin für Marktschwankungen. Eine flexible Strategie kann sich jedoch die Volatilität weiterhin zunutze machen.