Berenberg-Strategen: Erste ökonomische Folgen des Coronavirus werden sichtbar

Prof. Dr. Bernd Meyer, Berenberg-Chefstratege Wealth and Asset Management, und Ulrich Urbahn, Leiter Multi Asset Strategy & Research, zur Auswirkung des Corona-Virus auf die internationalen Finanzmärkte. Berenberg | 25.02.2020 12:55 Uhr
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Erste ökonomische Folgen des Coronavirus werden sichtbar
Die ersten Anzeichen der ökonomischen Folgen des Coronavirus werden sichtbar. Auf der Unternehmensebene gab die Reduktion der Umsatzerwartungen durch Apple für das erste Quartal am letzten Dienstag den Startschuss. Es folgten weitere Unternehmen, auch aus Europa, die über die Effekte auf die Gewinne und die Probleme in den Lieferketten berichteten. Bei den Konjunkturdaten waren es insbesondere die vorläufigen Markit Einkaufsmanagerindizes für den Monat Februar für die USA, die am Freitag enttäuschten. Überraschend war die Schwäche des Index für den Dienstleistungssektor. Der Gesamtindex fiel auf das niedrigste Niveau seit 2013.

Risiko einer Pandemie und längeren Belastung der Konjunktur steigt
Der Markt hatte die zu erwartenden ökonomischen Folgen bisher als größtenteils temporär angesehen und damit durch die zu erwartende Schwäche hindurch geschaut. Dabei spielte insbesondere die stark abnehmende Zahl der Neuinfektionen in den letzten Wochen in China eine zentrale Rolle. Es sah so aus, als hätte China das Problem in den Griff bekommen. Ein zügiges Überwinden des Virus und seiner konjunkturellen Belastungen schien möglich.

Mit der Verbreitung des Virus insbesondere in Südkorea und Italien ist aber die Gefahr eines erneuten Aufflammens des Virus über das Wochenende realer geworden. Insbesondere die Schwierigkeit die Ursprungsherde in den jeweiligen Ländern ausfindig zu machen und somit die Ausbreitung schnell einzudämmen, erhöht das Risiko einer Pandemie. Die Wahrscheinlichkeit für länger anhaltende und stärkere Belastungen des globalen Wachstums ist gestiegen. Der Markt hatte dieses Risiko in den vergangenen Wochen unterschätzt. Entsprechend korrigierten die Marktteilnehmer ihre Erwartungen und reduzierten Risikopositionen. Gewinnmitnahmen belasteten besonders die häufig hochgewichteten „Lieblinge“ der letzten Zeit aus dem Technologie- oder Konsumsektor. Aber auch zyklische Sektoren dürften zunehmend unter Druck geraten, sollte eine globale Konjunkturerholung aufgrund einer schwächelnden Nachfrage, unterbrochenen Lieferketten und Produktionsunterbrechungen in der Industrie ausbleiben. Gold und Staatsanleihen sind hingegen in ihrer Funktion als sichere Häfen gefragt.

Die Gefahr für weitere Rückschläge ist nicht zu vernachlässigen 

1.  Eine weitere Ausbreitung des Virus könnte zunehmend das globale Wachstum belasten. Die erwartete Wachstumsstabilisierung dank der geringeren politischen Unsicherheit nach dem Phase-1-Abkommen zwischen China und den USA und angesichts der starken geldpolitischen Unterstützungaus 2019 wird sich voraussichtlich weiter in die Zukunft verschieben und könnte geringer ausfallen als zunächst angenommen.

2.  Systematische Anlagestrategien weisen im historischen Vergleich hohe bis sehr hohe Aktienquoten auf. Dies ist das Ergebnis der kontinuierlichen, positiven Entwicklung über die letzten 6-12 Monate und die sehr niedrige Volatilität über diesen Zeitraum. Setzt sich der aktuelle Rücksetzer fort, müssen Momentumstrategien, Strategien mit Zielvolatilität oder „Risk Parity“-Strategie ihre Aktienpositionen reduzieren. Dies würde die Korrektur verstärken. Aber auch panische Abverkäufe seitens Privatinvestoren sind nicht auszuschließen.

3. Das fundamentale Potenzial für Aktien bleibt begrenzt. Die Gewinnerwartungen der Analysten für das Jahr 2020 sind über die letzten Monate kontinuierlich nach unter korrigiert worden und erscheinen noch immer zu optimistisch. Wir hielten bereits im Dezember für das Jahr 2020 lediglich mittlere einstellige Wachstumsraten der Unternehmensgewinne als realistisch. Mit den Belastungen durch das Coronavirus drohen die Wachstumsraten nun noch geringer auszufallen. Die Bewertungen von Aktien auf Basis von Kurs-Gewinn- oder Preis-Buch-Verhältnissen befinden sich im historischen Vergleich, mit Ausnahme der TMT-Bubble um 2000, am oberen Rand des Bewertungsbandes. Der Markt hat damit eine Wachstumsstabilisierung und –beschleunigung bereits eingepreist.

Der dritte Punkt ist nicht neu und die ersten beiden Punkte unterliegen hoher Unsicherheit.

Mittelfristig bestehen aber auch Chancen für Aktien

1. Aktien haben in den letzten Monaten von deutlichen Zuflüssen in Fonds und insbesondere ETFs profitiert. Diese hielten auch seit dem Ausbruch des Coronavirus an. Starke Abflüsse aus Aktienanlagen in 2019 bis zum dritten Quartal legen nahe, dass viele Anleger im letzten Jahr nicht von der guten Aktienmarktentwicklung profitiert haben. Vor diesem Hintergrund und angesichts der reduzierten politischen Risiken führen jegliche Zeichen einer Konjunkturstabilisierung zu deutlichen Zuflüssen bei Aktien.

2. Die relative Attraktivität von Aktien gegenüber Anleihen hat durch den aktuellen Rücksetzer nochmals deutlich zugenommen. Mittelfristig scheint damit kein Weg an Aktien vorbei zu führen.

3. Die Berichtssaison für Q4 2019 ist fast vorüber. Damit laufen in den USAdie Aktienrückkaufprogramme wieder an. Da Unternehmen somit wieder als ständige Käufer im Markt agieren, sollten sie zusätzliche Unterstützung bieten. Hinzu kommt, dass viele Unternehmen die für 2019 genehmigte Programme noch nicht vollständig ausgeführt haben und entsprechend über genügend „trockenes Pulver“ verfügen.

4. Die Zentralbanken und Regierung dürften bei erhöhtem Risiko einer Konjunkturabschwächung geld- und insbesondere fiskalpolitisch aktiv werden um die Konjunktur unterstützen. In China sind diesbezüglich bereits die ersten Schritte gegangen. 

 Unsere Einschätzung

 Die aktuelle Lage bleibt schwierig einzuschätzen und es gilt diese genau zu beobachten. Keine Frage, die Risiken haben zugenommen. Mittel- bis langfristig bestehen für Aktien aber auch Chancen, denn aufgrund ihrer relativen Attraktivität führt kein Weg an ihnen vorbei. Dies legt eine Positionierung nahe der strategischen Allokation, d.h. in der Nähe der neutralen Quoten, nahe. Eine deutliche Reduktion der Aktienquote erscheint erst bei einem nachhaltigen Drehen der Aktienfondszuflüsse, bei zunehmenden Verkäufen durch systematische Anlagestrategien und einer weiteren globalen Ausbreitung des Virus für angebracht. Phasen panischer Abverkäufe halten wir zudem für einen schlechten Zeitpunkt, um Aktienrisiko abzubauen. 

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