„Der chinesische Onshore-Anleihemarkt ist auf ein Volumen von derzeit 12,5 Billionen US-Dollar angewachsen und ist Sinnbild dafür, dass dieser für ausländische Investoren zunehmend interessanter wird“, sagt Gerwin Bell, Lead Economist des Asia Global Macroeconomics Research Teams bei PGIM Fixed Income. „Sowohl der Off- als auch der Onshore-Anleihemarkt basieren auf dem Renminbi, allerdings bezieht sich der Begriff Offshore-Renminbi (CHN) lediglich auf Geld, das außerhalb des chinesischen Festlandes liegt, frei verfügbar und handelbar ist. Investoren sollten die spezifischen Risiken im Auge behalten, die sich mit der Öffnung des Onshore-Anleihemarktes ergeben:
Die chinesischen Behörden dürften darauf achten, dass das Lockern der Regulierungen für ausländische Beteiligungen am Onshore-Anleihemarkt sehr graduell voranschreitet, um einen plötzlichen Stillstand auf der Offshore-Seite zu vermeiden. Dies betrifft langfristig orientierte Investoren weniger. Es schränkt allerdings die Möglichkeiten ein, den chinesischen Rentenmarkt für kurzfristige, spekulative Zwecke zu nutzen. Darüber hinaus wird die People’s Bank of China, die Notenbank des Reichs der Mitte, die verstärkte Kapitalkontrolle zur Wahrung der geldpolitischen Autonomie nutzen.
Fiskalische Anreize könnten unserer Meinung nach eines der wichtigsten makroökonomischen Instrumente der chinesischen Behörden sein, um negativen Entwicklungen entgegenzuwirken, die durch den Handelsstreit mit den Vereinigten Staaten ausgelöst wurden. Wir erleben bereits eine deutliche Zunahme an Emissionen von Kommunalanleihen. Um diese für Investoren attraktiver zu gestalten, wurde den Banken zudem regulatorische Entlastungen gewährt. Mit dem Öffnen des Onshore-Anleihemarktes bedarf es konsistenter rechtlicher Rahmenbedingungen für Konkursfälle, auf die sich ausländische Investoren stützen können. Dazu orientieren sich chinesische Behörden bereits an internationalen Standards. Allerdings findet die Anwendung dieser Richtlinien auf tatsächliche Ausfälle derzeit nur in begrenztem Maße statt. Unserer Ansicht nach ist der Umgang mit Konkursen weiterhin stark einzelfallbasiert und könnte dadurch zu inkonsistenten Ergebnissen für Anleihegläubiger und andere Interessensgruppen führen, wie Aktionäre und Mitarbeiter.
Die rege Entwicklung des chinesischen Onshore-Anleihemarktes dürfte sich unserer Ansicht nach auch auf das breitere Emerging-Market-Debt-Universum sowie die anderen Handelsplätze Chinas auswirken. Des Weiteren könnte daraus ein Abnehmen der Liquidität am chinesischen Offshore-Anleihemarkt resultieren, was diesen perspektivisch obsolet machen könnte. Wir gehen dennoch davon aus, dass Investoren zunächst die weitere Entwicklung und Stimmung am chinesischen Onshore-Anleihenmarkt aufmerksam verfolgen, und erst nach und nach ihre Exposure erhöhen. Hintergrund ist, dass Investoren im Bereich Global Fixed Income bei ihren Investitionsentscheidungen tendenziell konservativ und bedacht agieren.“
Gerwin Bell, Lead Economist Asia Global Macroeconomics Research Teams, PGIM Fixed Income
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