„Unsere Meinung ist eindeutig: Bleiben Sie in den Anleihenmärkten investiert“, sagt Robert Tipp, Chief Investment Economist und Head of Global Bonds bei PGIM Fixed Income. „Das mag zunächst seltsam klingen – vor allem, wenn man das Zinsniveau und die Spreads in den Industrieländern betrachtet. Dennoch dürften Anleihen auch weiterhin höhere Renditen liefern als Barmittel, und dass trotz der allgemeinen Befürchtungen, dass die Zinssätze bereits ihren Tiefstand erreicht haben und der Konjunkturzyklus dem Ende nah ist. Unsere Überzeugung basiert dabei nicht bloß auf den derzeitigen Bedingungen, sondern auch auf langjähriger Erfahrung. Erst im vergangenen Jahr hat uns der 40 Jahre alte Bullenmarkt bewiesen, dass er nach wie vor große Zahlen schreiben kann – für uns war das noch nicht das Finale.
Wenn wir uns die Anleihemärkte im Detail anschauen, so sind die Leitzinsen schon seit geraumer Zeit niedrig, während die Kredit-Spreads unterdurchschnittlich sind. Die Spread-Kompression und leicht sinkende Zinsen haben jedoch in Kombination mit dem Roll-Down-Effekt von Spread- und Renditekurven in drei der vergangenen vier Jahre zu beträchtlichen Renditen geführt. Zugegeben, auf Grundlage der aktuellen Rendite- und Spread-Niveaus bietet der Markt derzeit keinen Raum für ähnlich hohe Erträge. Und dennoch können die aktuellen Konditionen Anleihen treiben. Hierfür müssen aus unserer Sicht zwei Bedingungen erfüllt sein: erstens anhaltend niedrige Zinsen und zweitens ein verlängerter Wirtschaftszyklus. Nach unseren Prognosen für das Jahr 2020 ist dies erfüllt.
Treuer Begleiter Niedrigzins
Auch längerfristig bleiben sie voraussichtlich gültig, denn mehrere Fundamentaldaten sprechen für ein anhaltendes Niedrigzinsumfeld. So unterschätzen viele Volkswirtschaften wie Europa und China, dass ihre ehemals expandierende Erwerbsbevölkerung schrumpft. Hinzu kommt die hohe Verschuldung, der fortgeschrittene Wirtschaftszyklus und das verlangsamte Wirtschaftswachstum – insbesondere in China. Die Kombination dieser Faktoren kann dazu führen, dass das Zinsgleichgewicht deutlich unter den Prognosen liegt. Hinzu kommt, dass wir die Folgen dieser Entwicklungen noch nicht spüren, sie liegen in der Zukunft.
Verantwortlich für die ultraniedrigen Zinssätze sind auch die Zentralbanken der Industrieländer. Sie haben auf unangemessen hohe Wachstums- und Inflationsraten gehofft und die kurzfristigen Zinssätze daher auf ein unnatürlich niedriges Niveau gedrückt – abgesehen von den USA. Zusätzlich haben sie durch ihre aggressiven Anleihekaufprogramme enormen Druck auf die langfristigen Renditen ausgeübt. Dass sie ihre Politik ändern und die Leitzinsen wieder steigen, ist mittelfristig unwahrscheinlich. Die langfristig stabile Konjunktur und verhaltene Inflationserwartungen sprechen dagegen.
Low for long
Hinzu kommt, dass die veränderte Politik der Zentralbanken den Wirtschaftszyklus stützt. Während die Notenbanken in der Vergangenheit dazu tendiert haben, Finanzblasen und eine überhitzte Wirtschaftsaktivität zuzulassen und die Märkte anschließend durch Zinserhöhungen auszubremsen, sind diese Übertreibungen aktuell nicht zu beobachten. Sie haben ihre Fehler eingesehen. Genau diese Einsicht könnte der Schlüssel zu einem längeren Wirtschaftszyklus sein, der nicht durch steigende Leitzinsen beendet wird.
Anleger, die in Anleihen investieren wollen, sehen sich damit einem Marktumfeld ausgesetzt, das sich mit den Worten „low for long“ (in etwa: „lange niedrig“) beschreiben lässt. Die Renditen auf den Anleihemärkten werden wohl in Zukunft geringer ausfallen, die Spreads bleiben eng. Zudem müssen sich Investoren auf zunehmende Unsicherheit einstellen. Die daraus resultierende Volatilität bietet aktiven Strategien jedoch auch Chancen, Alpha zu generieren. Dass aktives Management unter diesen Bedingungen Mehrwert schaffen kann, hat sich bereits in den vergangenen Jahren erwiesen.“