Die Aktienmärkte setzten im 3. Quartal ihre kräftige Nach-März-Rallye fort, während die COVID-19-Bedingungen weiterhin den Menschen, Unternehmen und Regierungen in aller Welt tagtäglich ihr Verhalten diktierten. Verhaltensweisen, die im Frühjahr noch desorientierend und disruptiv wirkten, wandelten sich über den Sommer und Frühherbst zur Alltagsroutine. Das Home-Office wurde Standard und die Länder und Unternehmen versuchten es mit der schrittweisen Aufhebung der Einschränkungen. Die weltweiten Infektionszahlen spiegelten die verschiedenen Strategien der Regierungen und Verhaltensweisen der Menschen. Das allesbeherrschende Thema blieb die Entwicklung eines Impfstoffs und der Einsatz von Human- und Kapitalressourcen führte zu einer Reihe vielversprechender Ansätze.
Während COVID-19 weiterhin die Wirtschaftstätigkeit weltweit beeinträchtigt, sind wir zuversichtlich, dass die guten Ergebnisse einiger klinischer Versuche in den kommenden Monaten zu einer wirksamen Vakzine führen werden. Allerdings wird es bis zu einem Endprodukt, das in der ganzen Welt verfügbar ist, noch 12-18 Monate dauern - und ebenso lange bis eine breite Erholung des Vertrauens und der Wirtschaftstätigkeit einsetzt.
Die US-Wirtschaft erholt sich weiterhin von den schlimmsten Auswirkungen der Pandemie, wobei jedoch der Rhythmus des Wiederaufschwungs nachzulassen scheint. Die jüngsten Wirtschaftsdaten (harte, weiche wie führende) deuten auf eine V-förmige Erholung in den USA und in der Welt hin, die entgegen den Erwartungen im weiteren Quartalsverlauf zu kräftigen Gewinnen führen dürfte. Die Bedingungen für eine fortgesetzte Erholung der Unternehmensgewinne sind gegeben, denn die geringeren Arbeits- und Reisekosten ermöglichen ein weiteres Ansteigen der Gewinnspannen. Dennoch bleiben die Zukunftsperspektiven insgesamt unsicher, nicht zuletzt wegen der Präsidentschaftswahlen in den USA und des fortgesetzten Einflusses der Pandemie.
SEKTORIELLE GESICHTSPUNKTE
Im 3. Quartal hat sich der Markt ausgeweitet. Zyklische Gebrauchsgüter und Informationstechnologie standen weiterhin an der Spitze, ebenso jedoch nun zyklische Materialien und Industriewerte. Wachstumspapiere führten den Markt an und erzielten gegenüber Value-Aktien quer durch alle Marktkapitalisierungen eine erhebliche Outperformance. Im September jedoch büßten sie einen Teil ihres Vorsprungs ein, und zwar aufgrund von Besorgnissen über die Bewertung ihres Wachstumspotenzials auf kurze Sicht. Gleichzeitig stabilisierten sich die von der Pandemie am stärksten beeinträchtigten Unternehmen, z.B. in den Branchen Freizeitaktivitäten und Reisen, da hinsichtlich ihrer Tätigkeit nun das Schlimmste vorüber war, obwohl es insgesamt bei einer geringeren Aktivität blieb.
Alles in Allem haben die Investoren diejenigen Unternehmen bevorzugt, die bereits vor COVID-19 florierten und denen die Pandemie noch Rückenwind und bessere Wettbewerbspositionen gebracht hat. Sektoren, deren Aktienkurse und Betriebsgrundlagen von der Krankheit unverhältnismäßig stark getroffen wurden, werden zwar wahrscheinlich eine Erholungsrallye erleben, sobald mit dem Vertrieb des Impfstoffs begonnen wird, aber eine Rückkehr zu den operativen Zahlen vor COVID19 wird wohl noch eine Zeitlang auf sich warten lassen.
Informationstechnologie
| Im 3. Quartal konnte der Technologiesektor um 12,0% zulegen, womit er den Gesamtindex schlug, der um 8,9% anstieg. Technologieaktien großer Marktkapitalisierungen und eine Gruppe kleinerer, schneller wachsender Unternehmen, die einige der technologiebasierten Vorteile ihrer größeren Konkurrenten genießen, waren Anfang September Gegenstand umfangreicher Verkäufe. Da diese Aktien in den letzten Monaten größere Kursanstiege zu verzeichnen hatten, gehen wir davon aus, dass diese Verkäufe im Rahmen normaler Gewinnmitnahmen und Kurskonsolidierungen erfolgten. Die jüngsten Berichte zu den Unternehmensgewinnen auf dem Technologiesektor sind weiterhin sehr gut und bestätigen die grundlegende Stärke der Geschäftsmodelle von Technologieunternehmen. Unserer Meinung nach dürfte der Markt im aktuellen COVID-bedingten Umfeld weiterhin Unternehmen favorisieren, die ein Asset-light-Geschäftsmodell und somit rascheres organisches Wachstum aufweisen. |
Gesundheit | Im 3. Quartal konnte der Gesundheitssektor um 5,9% zulegen, womit er hinter dem Gesamtindex, der um 8,9% anstieg, zurückblieb. Die Anstrengungen hinsichtlich der Entwicklung eines COVID-19-Impfstoffs kommen an vielen Fronten voran und praktisch jeder Tag kann neue Daten hierzu bringen. In der Zwischenzeit rücken die Meinungen der US-Präsidentschaftskandidaten zum Gesundheitswesen in den Mittelpunkt. Der demokratische Amtsbewerber und frühere Vizepräsident Biden legt den Akzent auf den Wiederaufbau der Lieferkette und die Einführung von steuerlichen Anreizen, um die Arzneimittelproduktion zurück in die USA zu holen. Er fasst zudem direkte Regierungsverhandlungen über bestimmte Arzneimittelpreise ins Auge. Er spricht sich für eine erweiterte Übernahme von Krankheitskosten und die Bekämpfung der Ungleichheit durch eine Sozialversicherung aus, die allen Amerikanern offen stehen würde, und zwar auf einer gleitenden Einkommensskala. Zudem will er das Mindestalter für die Beantragung von Medicare von 65 auf 60 Jahre herabsetzen. Einzelheiten dazu sind noch nicht bekannt, aber unserer Auffassung nach ist eine erweiterte Kostenübernahme generell positiv für die meisten Sektoren des Gesundheitswesens. Auf Krankenhäuser könnte sich dies jedoch negativ auswirken, wenn die Erstattungen nicht mehr auf kommerziellen, sondern auf Medicare-Sätzen basieren. Trump konzentriert sich angeblich darauf, die Arzneimittelpreise in den USA stärker an die Preise in anderen Teilen der Welt anzupassen, für ältere Amerikaner die Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente zu senken und die Tür für den Reimport von Medikamenten zu öffnen - eine Idee, die in der Vergangenheit von der FDA nicht aufgegriffen wurde. |
Finanzwerte | Trotz eines Plus von 4,5% im 3. Quartal ist der Finanzsektor einer der schlechtesten Performer des Jahres 2020. Er büßte gegenüber dem S&P 500 (+5,6%) seit Jahresbeginn 20% ein. Der drastische Rückgang der Zinssätze und die Unsicherheit rund um die Kreditqualität haben die Fundamentaldaten ebenso wie die Markterwartungen beeinträchtigt. Die Performance des Volatilitätsindexes war extrem - sowohl während der Verkaufswelle am Markt als auch bei der anschließenden Rallye von der Talsohle. Zwar haben die Maßnahmen der Regierung zu Beginn der COVID-Krise und die anschließende Wiedereröffnung bestimmter Teile der Wirtschaft die Leistungseinbußen des Sektors etwas gemildert, doch gibt es immer noch zu viele makroökonomische Unsicherheiten, als dass wir einen aussagekräftigen Ausblick auf die kurz- bis mittelfristige Entwicklung bei Finanzwerten geben könnten. |
Midstream-Infrastruktur | Im 3. Quartal hat sich die Midstream-Infrastruktur - nach einer Rallye von der Talsohle nach den Tiefständen vom März im 2. Quartal - seitwärts bewegt. Die Gruppe hatte mit Besorgnissen hinsichtlich der schleppenden globalen Wirtschaftsaktivität, weiterer potenzieller COVID-19-Lockdowns und deren Einfluss auf die gesamte Nachfrage zu kämpfen. Da sich die US-Wirtschaft jedoch zunehmend wieder öffnet und die wirtschaftliche Aktivität in den USA langsam wieder Fahrt aufnimmt, bleiben wir zuversichtlich, auch wegen der stark umwälzenden Unternehmensreformen im Midstream-Sektor in den letzten paar Jahren, die bereits langfristige positive Effekte hatten. Die kurzfristigen Ergebnisse vorherzusagen ist zwar schwierig, doch auf längere Sicht sind wir überzeugt, dass die integrierten, reformierten Großunternehmen überleben werden. |
Versorger | Der Anstieg des Versorgersektors um 6,1% im 3. Quartal blieb hinter der Performance des breiter gestreuten Indexes (8,9%) zurück, wobei sich jedoch die Fundamentaldaten des Sektors im Vergleich zu anderen wertorientierten Sektoren wie Energie und Finanzen besser gehalten haben. Während die Aufmerksamkeit der Marktteilnehmer derzeit den möglichen politischen Auswirkungen der US-Präsidentschaftswahlen und der allgemeine, makroökonomischen Unsicherheit gilt, halten wir den Sektor angesichts des extrem niedrigen Anleihezinsumfelds und der vorhersehbaren Fundamentaldaten weiterhin für attraktiv. Zwei Faktoren könnten diesen Sektor künftig antreiben: Erstens die Fähigkeit der Unternehmen, ihre operative Tätigkeit unter Einhaltung von Gewinnvorgaben und Verringerung der Risiken in ihren Portfolios auszuüben, und zweitens die potenziellen Wachstumschancen durch Investitionen in erneuerbare Energien. |