Vor dem Hintergrund der großen politischen Entscheidungen, die in dieser Woche in Europa anstehen, sind alle Augen auf die EZB gerichtet, die weitere Impulse geben dürfte. Seit Wochen signalisieren die Mitglieder des EZB-Rats eine " Neujustierung der Förderinstrumente". Diese werden vermutlich über den Pandemie-Notkaufplan, bekannt als PEPP, und gezielte langfristige Refinanzierungsgeschäfte erfolgen, die dazu beitragen, den Kreditfluss in die Realwirtschaft zu unterstützen. Die Erwartungen sind inzwischen ins Unermessliche gestiegen, so dass die Gefahr besteht, dass die EZB bei ihrer heutigen Sitzung unter den Erwartungen des Marktes bleibt. Eine Reihe von Faktoren spricht jedoch für weitere wesentliche geldpolitische Maßnahmen, möglicherweise bis Mitte 2022 bis zu 600 Milliarden Euro an zusätzlichen Käufen von Vermögenswerten.
- Die Anfang März angekündigten zusätzlichen Nettoankäufe von Vermögenswerten in Höhe von 120 Mrd. € werden im Januar auslaufen, was zu einer geringfügigen Verschärfung der Finanzierungsbedingungen führen wird, unter ansonsten gleichen Bedingungen.
- Die gesamte Region befindet sich mitten in einer zweiten Infektionswelle in diesem Winter, die früher einsetzte, sich schneller ausbreitet und länger andauern dürfte als angenommen. Dies hat die politischen Entscheidungsträger in Europa dazu veranlasst, einen Lockdown light einzuführen. Dieser wird vermutlich bis Anfang nächsten Jahres bestehen bleiben und sich entsprechend auf die Wirtschaftstätigkeit auswirken, insbesondere im Dienstleistungssektor.
- Die Inflation ist nach wie vor besorgniserregend niedrig und setzen den Abwärtstrend fort, der bereits vor der Pandemie beobachtet wurde. Es ist unerlässlich, dass die europäischen geldpolitischen Entscheidungsträger unmissverständlich signalisieren, dass sie sich der Erreichung ihres Preisstabilitätsziels verpflichtet fühlen.
Der EZB-Rat kann diese drei Faktoren etwas besser angehen, indem er sein Programm zum Erwerb von Vermögenswerten weiter und länger ausdehnt. Wir alle hoffen, dass die Pandemie dann nur noch eine vage Erinnerung sein wird.
Katharine Neiss, Chefvolkswirtin bei PGIM Fixed Income