Globale Aktien haben sich seit Anfang dieses Jahres bislang sehr gut entwickelt. Sie haben dabei von den Impffortschritten und der Verabschiedung eines weiteren großen Konjunkturpakets profitiert, die dadurch möglich wurde, dass die Demokraten bei der Wahl eine – wenn auch hauchdünne – Mehrheit im Senat erringen konnten. Die politische Unsicherheit hat durch die reibungslose Amtsübergabe an die neue Regierung Biden am 20. Januar weiter abgenommen, auch wenn es zu Beginn jenes Monats während der offiziellen Bestätigung des Votums der Wahlleute vor dem US-Kapitol zu gewalttätigen Vorfällen gekommen war.
Die Weltwirtschaft steuert auf eine robuste Erholung zu, und die Aussichten für die Unternehmensgewinne für das Jahr 2021 sind sehr gut. Es wird erwartet, dass die Gewinne weltweit um 30% steigen dürften, und wir halten es für möglich, dass diese Prognosen sogar noch deutlich übertroffen werden. Jene Regionen / Sektoren, die im Jahr 2020 besonders stark verloren haben, dürften dieses Jahr eine überaus kräftige Gewinnerholung verzeichnen. Zyklische Sektoren wie Energie, Industrie und zyklische Konsumgüter dürften daher nach dem Gewinneinbruch im vergangenen Jahr ein explosives Gewinnwachstum verzeichnen. Robustere, widerstandsfähigere Sektoren, darunter Technologie, Gesundheit und Basiskonsumgüter, dürften in diesem Jahr ein stärkeres Gewinnwachstum als 2020 erzielen, der Unterschied dürfte aber vergleichsweise milde ausfallen. Zudem dürften eher zyklisch ausgerichtete Regionen, unter anderem die Schwellenländer, Europa und Großbritannien, beim Gewinnwachstum vorn liegen, der qualitativ höherwertige US-Markt indes hinterherhinken.
BEGINN DES „REFLATION TRADE“
Bemerkenswerter als die Entwicklung des Aktienmarkts auf Indexebene ist die Rotation: Die Verlierer des letzten Jahres avancieren entsprechend den zuvor genannten Gewinntrends zu den Gewinnern dieses Jahres. In den USA liegen Finanz- und Energiewerte mit Stand vom 22. März jeweils 16% und 31% im Plus, während Technologie- und Gesundheitstitel in diesem Jahr bislang fast unverändert notieren. Wir sind davon überzeugt, dass die Outperformance von zyklischen Titeln und die Reflation weiter Bestand haben und sich im Jahresverlauf vielleicht sogar verstärken werden, da sich das Wirtschaftswachstum beschleunigen dürfte. Dies gilt insbesondere für die USA, wo mehrere stärker werdende Trends zum schnellsten Wachstum seit Jahrzehnten führen könnten. Durch das Konjunkturpaket von wahrlich historischen Ausmaßen haben die privaten Haushalte noch sehr viel mehr Geld beiseitelegen können, wobei durch die Beschränkungen und Lockdowns im letzten Jahr ohnehin bereits ein gewaltiger Nachfragestau besteht. Die Verteilung der Impfstoffe erreicht allmählich so etwas wie eine kritische Masse, so dass die Rückkehr zu Verhaltensmustern wie vor der Pandemie in diesem Frühjahr und Sommer zu enormen Konsumausgaben führen könnte.
POSITIONIERUNG FÜR DEN BEVORSTEHENDEN BOOM
Die steigenden Wachstumsprognosen, der von tiefen Niveaus aus wachsende Inflationsdruck und die unablässige Unterstützung durch die Politik scheinen die wichtigsten Treiber für die Marktperformance zu sein. Angesichts dieser starken Kombination verfolgen wir weiterhin eine risikofreundliche Anlagestrategie. Was die Asset-Allokation angeht, haben wir Aktien und Rohstoffe im Vergleich zu Barmitteln und Anleihen übergewichtet. Im Aktienbereich sind wir risikofreundlich ausgerichtet und bevorzugen Substanz- gegen Wachstumswerten sowie Small Caps gegenüber Large Caps. Zyklischen Sektoren geben wir den Vorzug gegenüber defensiven Sektoren und solchen mit langfristigem Wachstumspotenzial. Bei den regionalen Aktiengewichtungen ist die Situation aufgrund des Umfangs des US-Konjunkturpakets etwas komplizierter. Als qualitativ höherwertiger Markt dürften sich die USA unterdurchschnittlich entwickeln, wenn sich das globale Wachstum erholt. Doch angesichts der massiven Konjunkturimpulse und des Erfolgs der Impfkampagne dürften die USA China wieder als Hauptmotor des weltweiten Wachstums ablösen. Im Aktienbereich sind die USA und die Schwellenländer aktuell gegenüber den Märkten in der Region Europa, Australasien und Ferner Osten (EAFE) übergewichtet.
AKTIEN
Ein starkes Gewinnwachstum äußert sich nicht immer unbedingt in einer guten Aktienmarktentwicklung. Zuweilen fällt ein starkes Gewinnwachstum mit einer Straffung der Zentralbankpolitik zusammen, die die Bewertungen an den Aktienmärkten drückt. Zum Beispiel stiegen die Gewinne im Jahr 2018 um 28%, doch der S&P 500 verlor 4% auf Basis der Gesamtrendite, weil die US-Notenbank (Fed) die Zinssätze in jenem Jahr viermal anhob (nach vier Zinserhöhungen im Jahr 2017). Aktuell versichert uns die Fed aber, dass die Zinssätze bis 2024 nicht angehoben werden, und ist mittlerweile sogar dazu übergegangen, einen Anstieg der Inflation über die Zielvorgabe zuzulassen. Wir glauben zwar nicht, dass die Aktienrenditen mit dem explosiven Gewinnwachstum in diesem Jahr Schritt halten können (aufgrund der bereits hohen Bewertungen an den Aktienmärkten), sind aber nach wie vor der Ansicht, dass Aktien im Vergleich zu ihrer langfristigen Historie überdurchschnittliche Renditen erbringen werden.
ANLEIHEN
Die Renditen von Staatsanleihen werden durch die steigenden Zinsen beeinträchtigt. Die Rendite der 10-jährigen US-Treasuries lag am 18. März bei 1,7%, im Vergleich zu 0,9% am Jahresanfang und einem Tiefstand von 0,5% im Jahr 2020. TLT, der iShares 20yr+ Treasury Bond ETF, ist 20% unter seinen Hochstand vom August 2020 gesunken. Angesichts des von zunehmendem Wachstum geprägten Umfelds könnten die 10-jährigen Benchmarksätze in diesem Jahr auf 2,0% steigen (oder sogar auf 2,5% im Falle einer Übertreibung). Allerdings dürfte das Aufwärtspotenzial der Staatsanleihenrenditen aufgrund der Aussicht auf stärkere Anleihenkäufe der Zentralbanken – oder wenigstens entsprechender Ankündigungen und Gerüchte – begrenzt bleiben. Wir bleiben in festverzinslichen Risikoanlagen, unter anderem in US-Hochzinsanleihen, aber übergewichtet, weil das von hoher Risikofreude und starkem Wachstum gekennzeichnete Umfeld die Spreads drücken könnte, auch wenn diese bereits wieder auf Niveaus wie vor der Pandemie notieren.
ROHSTOFFE
Wir sind davon überzeugt, dass die Pandemie zu einem letzten Einbruch während der 12-jährigen Rohstoffbaisse geführt hat, in deren Verlauf die Preise um mehr als 70% gesunken sind. Die deutlich negativen Ölpreise bei den nächstfälligen Terminkontrakten im April letzten Jahres dürften eine totale Kapitulation des Marktes markiert haben. Wir glauben, dass die Rohstoffmärkte in eine neue Aufschwungsphase eingetreten sein dürften, die durch mehrere Faktoren unterstützt wird: eine robuste weltweite Konjunkturerholung nach der Pandemie, die extrem lockere Fiskal- und Geldpolitik, den höheren Inflationsdruck, die aufgrund der rückläufigen Preise mangelnden Investitionen in neue Kapazitäten in den letzten zehn Jahren, Umweltschutzmaßnahmen und ESG-Anlagen. Wir rechnen mit höheren Mittelflüssen in Rohstoffe, wenn die Anleger ihr Augenmerk stärker auf die Absicherung von Inflationsrisiken legen.
U.S. DOLLAR
Der US-Dollar hat in diesem Jahr eine gewisse Stärke bewiesen, und die US-Wirtschaft hat sich aufgrund des hohen Tempos bei den Covid-19-Impfungen und der anhaltenden fiskalpolitischen Impulse hervorragend entwickelt. Dennoch gehen wir davon aus, dass der US-Dollar nun bis zum Jahresende schwächer notieren wird. Trotz der sich bessernden Wachstumsaussichten haben sich die Realrenditen nicht maßgeblich zugunsten des US-Dollar verändert. Das US-Handelsbilanzdefizit ist in den letzten Quartalen immer weiter angewachsen, und der US-Dollar bleibt auf Basis der Kaufkraftparität überbewertet. Schließlich dürften sich die Wachstumsperspektiven im Rest der Welt im weiteren Jahresverlauf bessern, wenn die Impfprogramme in anderen Ländern weiter Fahrt aufnehmen, so dass der Wachstumsunterschied zu den USA schrumpft.
Interessierte LeserInnen finden hier den vollständigen Ausblick.
¹Quelle: Alle angegebenen Wachstumsschätzungen sind Bloomberg-Konsensschätzungen. Es kann nicht garantiert werden, dass die Prognosen erreicht werden. Bitte beachten Sie die zusätzlichen Angaben am Ende dieses Dokuments
²Quelle: Datastream. Stand: 19.3.21.
Quellen: Datastream, FactSet, Bloomberg, Congressional Budget Office, Consensus Economics, Weltgesundheitsorganisation, Johns Hopkins University und QMA.