„Schaut man sich die bisherigen Ergebnisse an, die auf der Klimakonferenz in Glasgow erzielt worden sind, gibt es definitiv Fortschritte in Bezug auf Zusagen und Ziele. Insgesamt sind die Resultate jedoch ziemlich enttäuschend. Das liegt vor allem daran, dass die Zusagen zu weit in der Zukunft liegen, sich etwa auf die Jahre 2050, 2060 und 2070 beziehen. Viel wichtiger, wäre, mehr über die kurzfristigen Ziele zu wissen, also was im nächsten Jahrzehnt passieren wird. Denn um Netto-Null noch zu erreichen, müssen die wichtigsten Maßnahmen zwischen jetzt und 2030 stattfinden.
Wenn alle Zusagen der COP26 und der Vorgängerkonferenz erreicht werden, sind wir bei einem Temperaturanstieg von 1,8 °C. Das ist zwar ein großer Fortschritt gegenüber den 2,7 °C, die wir ohne ebendiese Zusagen hatten. Im Vergleich zu dem 1,5 °C-Ziel von Paris bleibt jedoch eine 70-prozentige Lücke.
Erfreulich ist die Initiative zur Reduzierung der Methanemissionen, die wir so nicht erwartet hatten. Hier hat sich binnen relativ kurzer Zeit eine beeindruckende Dynamik um diese wirklich gute und wichtige Initiative entwickelt. Aber auch sie greift zu kurz. Denn obwohl wir bis 2030 eine Reduzierung von 45 % erreichen müssen, sieht sie nur 30 % vor. Außerdem fehlen China und Russland. Andererseits sind mehr als 100 Länder an Bord, die insgesamt über 70 % des globalen BIP erwirtschaften und 50 % der weltweiten Methanemissionen verursachen. Das ist beeindruckend, und wir setzen große Hoffnungen in diese Initiative.
Billionen von Dollar müssen in die Dekarbonisierung erst noch gelenkt werden
Innerhalb der Finanzindustrie geht es darum, Vermögenswerte zuzuordnen und die Gesamtheit der Finanzanlagen und -portfolios auf diesen Netto-Null-Pfad auszurichten. Hier stehen wir wahrscheinlich erst am Anfang. Seien wir ehrlich, selbst jetzt haben wir weder die dafür notwendigen Daten noch die gut entwickelten Instrumente. Die notwendige Umlenkung von Billionen von Dollar in die Dekarbonisierung kann nicht von heute auf morgen geschehen, sondern muss schrittweise erfolgen, indem wir die bestehenden Portfolios auf den Netto-Null-Pfad umstellen.
Dazu braucht man zuallererst Daten. Und daran mangelt es. Daher ist ein wichtiges Ziel für die Finanzbranche, gemeinsam mit Aufsichtsbehörden und Emittenten eben diese Daten zu erstellen, um die Netto-Null-Ausrichtung unserer Bestände zu analysieren. Wir müssen in der Lage sein, die Ziele der Emittenten zu bewerten, die Erreichung ebendieser Ziele im Laufe der Zeit zu überwachen und Anlageentscheidungen auf Grundlage der Richtung zu treffen, in die sich der Emittent bewegt.“
Eugenia Unanyants-Jackson, Head of Environmental, Social and Governance Research bei PGIM Fixed Income