Der Frühindikator für die Nachfrage nach Immobilien hat sich ins Negative gedreht. Der Indikator setzt sich aus Konjunkturumfragen und einigen harten Wirtschaftsdaten zusammen. Damit könnte den Gewerbeimmobilienmärkten härtere Zeiten bevorstehen. Gleichzeitig signalisiert dies, dass ein breit angelegter Abschwung bereits im Gange ist.
Insbesondere die steigenden Energiepreise und Kreditkosten treffen den privaten Sektor schwer und machen die bescheidene wirtschaftliche Erholung nach der Pandemie zunichte. Dies wirkt sich unmittelbar auf die Logistik- und Einzelhandelsmärkte aus, wohingegen sich der Stimmungseinbruch und der Druck auf Unternehmensgewinne auch auf die Aussichten für die Büroimmobilienmärkte niederschlagen.
Im Frühjahr führten steigende Inflationseffekte zu höheren Marktzinsen, was sich in den Bewertungen an den Finanzmärkten niederschlug. So konnten wir bereits einen Rückgang des Transaktionsvolumens und einen Anstieg der Immobilienrenditen feststellen. Allerdings neigen Kapitalmärkte dazu, schnell zu reagieren und falsche Signale zu geben. Die aktuellen Signale aus der Wirtschaft und die Entwicklung auf dem Immobilienmarkt bestätigen jedoch, dass ein Abschwung eingesetzt hat und dass die tatsächlichen Kapitalwerte nicht nur auf den Druck der Finanzmärkte reagieren.
Real sind die Immobilienkapitalwerte im zweiten Quartal 2022 um 2 % gesunken – ein eher moderater Rückgang, der allerdings typischerweise nur dann zu verzeichnen ist, wenn ein breiter Abschwung begonnen hat oder unmittelbar bevorsteht. Auffallend ist besonders der schnelle Umschwung von einer positiven zu einer negativen Entwicklung, nachdem das reale Wachstum des Kapitalwerts bis vor kurzem noch zugenommen hatte.
Was können wir aus der Vergangenheit lernen?
Da es immer wahrscheinlicher wird, dass wir uns auf eine wirtschaftliche Rezession und einen Abschwung auf dem Immobilienmarkt zubewegen, ist die Vergangenheit ein geeigneter Orientierungspunkt dafür, was in Zukunft passieren könnte. Die grundlegende Frage ist, ob es sich um einen leichten Abschwung mit einer raschen Preisanpassung handelt, der relativ schnell zu einer Erholung führt, oder ob wir auf eine tiefgreifende Rezession zusteuern, die sich auf viele Bereiche der Wirtschaft ausweitet und zu einer grundlegenden Neubewertung von Immobilienwerten führt. Oder handelt es sich doch um eine Art Mittelweg.
Während die Mainstream-Prognosen den bevorstehenden Abschwung mit minus 20 % realem Kapitalwertrückgang in den nächsten Jahren im mittleren Bereich einordnen, zeigt ein kurzer Blick auf vergangene Korrekturen, dass Abschwünge in der Regel in zwei Kategorien fallen: schnell und schwach oder langanhaltend und ausgeprägt.
Derzeit sinkt die Stimmung schnell, die Prognosen werden nach unten korrigiert und es bestehen erhebliche Risiken durch Faktoren wie die Energieversorgung. Dies könnte das Wachstum dämpfen, was die Befürchtung aufkommen lässt, dass die Entwicklung in einer langen und anhaltenden Rezession enden könnte. Ein solches Szenario weist einige Gemeinsamkeiten der Situation in Großbritannien in den 1970er Jahren auf, als insbesondere Ölpreisschocks und eine hohe Inflation zu einer langen Periode schwacher wirtschaftlicher Leistung, größeren Spannungen an den Finanzmärkten und einem angeschlagenen Immobilienmarkt führten.
Mehrere Faktoren deuten auf einen Abschwung hin, der allerdings nicht so stark ausfallen könnte. Zu diesen Faktoren gehören die niedrigen Leerstände, das geringe Angebot in ganz Europa in den vergangenen Jahren, niedrige Beleihungswerte und eine begrenzte Verschuldung während des letzten Zyklus. Die Aussicht, dass eine Rezession (oder fallende Rohstoffpreise) die Inflation schnell dämpft und die Notwendigkeit weiterer Zinserhöhungen verringert, spielt eine weitere Rolle bei der Beurteilung, ebenso wie die Tatsache, dass einige Sektoren (wie z. B. der Einzelhandel) bereits eine erhebliche Preiskorrektur hinter sich haben. Auch halten langfristige strukturelle Trends an, z. B. in den Sektoren Handel, Wohnen, Life Science oder Datenzentren, was die Aussichten auf eine rasche Erholung der Nachfrage erhöht.
Da es sich bei Immobilien um eine langfristige Anlageklasse handelt, liegt die Schlussfolgerung auf der Hand: Die Abwärtsrisiken haben erheblich zugenommen, so dass der Einsatz von Eigen- und Fremdkapital in den nächsten Quartalen sehr selektiv erfolgen sollte.
Wie sehen die Investitionsmöglichkeiten aus?
Einige Kennzahlen haben sich langsam an die neue wirtschaftliche Realität angepasst und verschiedene Abwärtsrisiken einkalkuliert. Natürlich liegen selbst die neuesten Daten hinter der Marktrealität zurück. Das Ausmaß einer Preiskorrektur wird erst mit den Geschäftsabschlüssen zu neuen Preisniveaus erkennbar. Dieser Prozess kann einige Zeit in Anspruch nehmen, zumal der Unterschied zwischen geforderten und gebotenen Preisen hoch ist und weiter steigt.
Eindeutig ist jedoch, dass sich die Stimmung verschlechtert und der Markt schnell korrigiert. Da die Risiken nach wie vor hoch sind, sind Investitionen in den kommenden Quartalen riskant. Preisanpassungen des Marktes können Hinweise darauf geben, wann sich ein Einstieg wieder lohnt. Auf Basis unseres internen Preismodells kalkulieren wir die erforderliche Investitionsrendite für die Märkte in ganz Europa mithilfe der aktuellen Zinserhöhungen, wobei die neuesten Nachfrageprognosen sowie der Bedarf an höheren Renditen als Ausgleich für die kurzfristigen Risiken berücksichtigt werden. Dieses Preismodell liefert eine Bandbreite für die erforderliche Rendite, um bessere oder schlechtere Aussichten für die Renditeprognose zu beurteilen. Daraus lässt sich ablesen, dass die Renditen durchwegs nach oben korrigiert werden müssen, vor allem in den Bereichen Retail, da die Kaufkraft der Haushalte unter Druck geraten ist, sowie in der Logistik, wo die Renditen in den vergangenen Jahren stark gesunken sind. Bei Büroimmobilien gibt es hingegen eine große Bandbreite an akzeptablen Renditen. Hier haben etwa jene Märkte, die weniger von remote working betroffen sind – etwa in Kontinentaleuropa – besser Aussichten als etwa London.
Das Risiko eines kurzfristigen Kapitalverlusts ist nach wie vor hoch, wenngleich eine Neubewertung Chancen auf langfristige attraktive Gewinne für Anleger bietet. Insgesamt ist eine Anpassung um mindestens 50 Basispunkte erforderlich. Dieses entspricht unter sonst gleichen Bedingungen einem Wertverlust von 12 %, während eine Korrektur um 100 Basispunkte, was eher einem Rückgang von 26 % entspräche, eine deutliche langfristigere Kaufgelegenheit darstellen dürfte. Bei diesem Renditeniveau würden die Preise die schwächeren kurzfristigen Bedingungen und die Anpassung an ein höheres Zinsniveau hinreichend kompensieren, solange eine tiefe Rezession im schlimmsten Fall vermieden wird.
Peter Hayes, Global Head of Investment Research bei PGIM Real Estate