Ökonomen-Duo: Höhere Lebensmittelpreise bedrohen Ernährungssicherheit und politische Stabilität weltweit

PGIM Investments | 04.07.2023 09:00 Uhr
Giancarlo Perasso, Lead Economist Africa and Former Soviet Union bei PGIM Fixed Income & Elizabeth Doppelt, Senior Associate for the Global Macroeconomic Research Team bei PGIM Fixed Income / © e-fundresearch.com / PGIM Investments
Giancarlo Perasso, Lead Economist Africa and Former Soviet Union bei PGIM Fixed Income & Elizabeth Doppelt, Senior Associate for the Global Macroeconomic Research Team bei PGIM Fixed Income / © e-fundresearch.com / PGIM Investments

Der Einmarsch Russlands in die Ukraine im vergangenen Jahr hat einen Krieg ausgelöst, der die globalen Lebensmittelversorgungsketten auf den Kopf gestellt hat. Seitdem haben steigende Lebensmittelpreise weltweit für Unmut gesorgt und zu Protesten in Ländern wie Pakistan, Ecuador, Indien und vielen anderen geführt.1

Die Preise für Nahrungsmittel und Düngemittel sind im Vergleich zu ihren jüngsten Höchstständen wieder gesunken. Da jedoch Russland und die Ukraine wichtige Exporteure von Nahrungsmitteln und Russland und Belarus wichtige Produzenten von Düngemitteln sind, befinden sich die Preise immer noch auf historischen Höchstständen. Auch bleibt die geopolitische Lage weiterhin angespannt. Hinzu kommt, dass die volatilen Ölpreise und die zunehmend unsicheren Wetterbedingungen die Kosten für die Produktion und den Transport von Nahrungsmitteln in die Höhe getrieben haben.

In den letzten Monaten haben sich die meisten Analysten und Investoren auf die inflationären Auswirkungen steigender Lebensmittelpreise konzentriert. Diese Auswirkungen waren in Schwellenländern besonders stark, da Lebensmittel dort einen höheren Anteil am Warenkorb ausmachen als in Industrieländern.

Steigende Lebensmittelpreise gefährden Ernährungssicherheit auch bei einer Inflationsstabilisierung

Falls sich die Lebensmittelpreise stabilisieren oder um das aktuelle Niveau herum schwanken, wird ihr Einfluss allmählich aus den Inflationsdaten verschwinden. Dennoch wird das Preisniveau für Nahrungsmittel deutlich höher als in den vergangenen Jahren sein, was die Kaufkraft der Verbraucher spürbar schmälert. Diesen Kaufkraftverlust können die privaten Haushalte nur dann ausgleichen, wenn sich ihre Einkommenszuwächse beschleunigen – was aber angesichts der konjunkturellen Abkühlung in den Schwellenländern in den nächsten Monaten eher unwahrscheinlich ist. In der Folge verringern höhere Lebensmittelpreise die Erschwinglichkeit von Lebensmitteln und beeinträchtigen die Ernährungssicherheit, und zwar auch dann, wenn sich die Inflation wieder stabilisiert.

Das Zusammenspiel von hohen Preisen, niedrigen oder langsam steigenden Einkommen und unsicherer oder abnehmender Ernährungssicherheit ist ein Nährboden für soziale Unzufriedenheit. Langfristig kann diese Situation dazu führen, dass Regierungen ihre Haushaltspolitik lockern, ihre Staatsverschuldung neu verhandeln oder im Extremfall gar abgelöst werden.

Ziel unserer Analyse war es herauszufinden, welche Länder unter diesen Bedingungen am stärksten von den sozialen Herausforderungen bedroht sind. Dafür haben wir zuerst einen neuen Index für Inflation, Arbeitslosigkeit und Ernährungsunsicherheit berechnet. Im Anschluss haben wir diesen neuen Index mit dem „Political Stability and Absence of Violence/Terrorism“-Index der Weltbank verglichen, der die Anfälligkeit eines Landes für soziale Unruhen misst.2

Mehrschrittiger Analyseprozess zur Bestimmung der jeweiligen Nahrungsmittelversorgung

Zunächst wurde für jedes Land ein Misery Index als Summe der jüngsten Arbeitslosen- und Inflationsraten berechnet. Je höher der Wert des Misery index ausfällt, desto schwieriger ist die jeweilige wirtschaftliche Gesamtsituation.3 Damit wird nun auch der Faktor der Arbeitsmarktstabilität in unsere frühere Analyse mit einbezogen, da eine höhere Arbeitslosigkeit eine soziale Herausforderung darstellt, die Anlass zu politischen Unruhen geben kann. Im Anschluss haben wir den Global Food Security Index (GFSI) des Economist herangezogen, um zu messen, wie prekär die Nahrungsmittelversorgung in den einzelnen Ländern ist. Anschließend wurden sowohl der Misery index als auch der GFSI auf Werte zwischen 0 und +1 normiert und der Mittelwert beider Werte gebildet. Weil der Misery Index und der GFSI auf einer umgekehrten Skala gemessen werden, haben wir den normalisierten Index der Ernährungsunsicherheit von 1 subtrahiert. Das heißt, je höher die Summe der beiden Indizes ausfällt, desto schlechter steht es um die Kombination aus Ernährungssicherheit und wirtschaftlicher Lage, die unser neuer Index abbildet.

Obwohl das Ergebnis kein eindeutiges geografisches Muster erkennen lässt, enthält der „schlechteste“ Quadrant in der linken oberen Ecke eine Reihe von Ländern südlich der Sahara. In diesem Quadranten stellen die hohen Nahrungsmittelpreise große humanitäre, soziale und fiskalische Herausforderungen dar, wie die jüngsten Proteste in Kenia zeigen.

Die Länder im rechten unteren Quadranten hingegen weisen im Vergleich zu ihren Peers eine höhere Ernährungssicherheit und eine größere politische Stabilität auf. Diese Länder bieten potenzielle Chancen in Bezug auf den relativen Wert. Wir erwarten beispielsweise, dass sich die Situation in Costa Rica verbessert, da das Gesetz zur fiskalischen Verantwortung in Übereinstimmung mit dem IWF-Programm die Kreditbasis des Landes weiter verbessert. Auch Katar sticht hervor, da es weiterhin von der steigenden Erdgasnachfrage europäischer Kunden profitiert.

Von Giancarlo Perasso, Lead Economist Africa and Former Soviet Union bei PGIM Fixed Income & Elizabeth Doppelt, Senior Associate for the Global Macroeconomic Research Team bei PGIM Fixed Income

1 Hossain, Naomi und Jeffrey Hallock. Food, energy & cost of living protests, 2022. Friedrich Ebert Stiftung, Dezember 2022.

2 Unsere Stichprobe umfasst nur 47 der Länder, die im EMBI Global Diversified Index (EMBIG D) von JP Morgan für Staatsanleihen in harter Währung enthalten sind, da der Global Food Security Index des Economist nicht alle Länder abdeckt, aus denen sich der Index zusammensetzt. Die folgenden EMBIG D-Länder sind nicht im Economist's Global Food Insecurity Index enthalten: Armenien, Barbados, Gabun, Georgien, Irak, Jamaika, Kroatien, Libanon, Malediven, Mongolei, Namibia, Papua-Neuguinea, Surinam, Trinidad und Tobago. Außerdem schließen wir Argentinien und die Türkei aus, weil ihre extremen Inflationsraten die Misery Indizes verzerren. Schließlich schließen wir Länder aus, deren Regierungen zahlungsunfähig sind (Sri Lanka, Ghana, Sambia, Libanon, Russland, Ukraine). Ruanda und Honduras wurden aufgrund der Datenverfügbarkeit ausgeschlossen. 

3 Der Ökonom Art Okun entwickelte in den 1960er Jahren den „Misery Index“ zur Bewertung der USA und anderer Industrieländer. Dieser ist auch heute noch für die Bewertung von Schwellenländern nützlich, auch wenn das Ausmaß informeller Beschäftigung den Indexwert in Schwellenländern negativ beeinflussen kann.

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