Auf der bevorstehenden EZB-Sitzung wird es voraussichtlich eine lebhafte Debatte darüber geben, ob es besser sei, eine weitere Zinserhöhung um 25 Basispunkte im September zu beschließen oder zu pausieren. Obwohl die gegenwärtigen Daten für weitere Zinserhöhungen sprechen, lassen Zukunftsindikatoren eine Pause zum jetzigen Zeitpunkt empfehlenswert erscheinen. So ist die Gesamtinflation im August weniger stark zurückgegangen als erwartet, und die Kerninflation liegt immer noch bei über 5%. Da die Energiepreise weiterhin unter Druck stehen, könnte sich die Inflationsrate dem Ziel der EZB von 2% langsamer annähern.
Dennoch gibt es bedenkliche Anzeichen für eine Verlangsamung der Konjunktur. So nimmt die Kreditnachfrage spürbar ab. Das verarbeitende Gewerbe ist seit Jahresbeginn rückläufig, und die Frühindikatoren deuten darauf hin, dass sich dieser Trend fortsetzen wird. Auch der Dienstleistungssektor zeigt seit dem Frühjahr Anzeichen einer anhaltenden Abschwächung. Der Arbeitsmarkt kühlt sich ab. All dies deutet darauf hin, dass sich die höheren Zinsen erst mit einer gewissen Verzögerung in der Realwirtschaft - und letztlich auch bei der Inflation - niederschlagen werden.
Wenn die EZB jetzt eine Pause einlegt, kann sie die Auswirkungen der vergangenen Zinserhöhungen evaluieren, und falls weitere Zinserhöhungen notwendig werden, könnten diese später im Jahr erfolgen. Da jedoch damit zu rechnen ist, dass die Kerninflation im Jahresvergleich im letzten Quartal dieses Jahres aufgrund von Basiseffekten zurückgehen wird, könnten die „Falken“ im EZB-Rat diese Sitzung als ihre letzte Chance betrachten, eine finale Zinserhöhung durchzusetzen. Eine endgültige Entscheidung ist jedoch noch nicht gefallen.
Von Katharine Neiss, Chief European Economist, PGIM Fixed Income