Die Anleger stellen sich auf schwierige Bedingungen in Frankreich ein, wo an den kommenden beiden Sonntagen Parlamentswahlen stattfinden. Die Aufmerksamkeit richtet sich auf mögliche Auswirkungen, falls die Linke (Nouveau Front Populaire, NFP) oder die Rechte (Rassemblement National, RN) eine bedeutende Anzahl von Sitzen in der Nationalversammlung gewinnen sollten. Während der französische Präsident (derzeit Emmanuel Macron von der Mitte-Partei Renaissance) auf der Weltbühne als zentrale Führungspersönlichkeit gilt, entscheidet die Nationalversammlung in der Regel über innenpolitische Angelegenheiten wie z. B. den Haushalt.
Das französische Haushaltsdefizit liegt derzeit bei 5,5% des BIP und damit bereits über dem EU-Ziel von 3%. Die Ausgabenpläne der Nouveau Front Populaire könnten das Defizit jedoch um 6 Prozentpunkte erhöhen, so dass es theoretisch auf 11% ansteigen könnte, was zu negativen Marktreaktionen führen könnte. Umfragen vom Wochenende zeigen, dass der Rassemblement National mit 210 bis 250 Sitzen in der Nationalversammlung in Führung liegt, gefolgt von den Linken mit 180 bis 210 Sitzen und dem Bündnis der Mitte mit 75 bis 105 Sitzen.
Wir erhöhen zwar nicht aktiv das Risiko bei französischen Wertpapieren oder Titeln, die mit französischem Risiko gehandelt werden, aber wir evaluieren die Möglichkeiten, dies zu tun. So haben sich beispielsweise die Spreads von Finanztiteln mit hohem Beta in Europa (z. B. einige in Italien) aufgrund der Entwicklungen in Frankreich ausgeweitet, auch wenn sie selbst nicht in Frankreich engagiert sind, und dies könnten erste Positionen sein, in denen wir Risiko hinzufügen. Dieser Ansatz ermöglicht es uns auch, das französische Risiko zu berücksichtigen, sobald wir dazu bereit sind, möglicherweise dann, wenn die französischen Banken mit erheblichen Spreadzugeständnissen auf den Markt zurückkehren.
Die Ereignisse in Frankreich gehen den Wahlen in den USA im November voraus (die erste Präsidentschaftsdebatte zwischen den Kandidaten findet diesen Donnerstag statt). Da die US-Wahl erhebliche Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Ausgabenpolitik hat (neben anderen wichtigen makroökonomischen Auswirkungen), denken wir, dass die Anleger zunehmend zögern könnten, Positionen in eine der beiden Richtungen aufzubauen, insbesondere angesichts der positiven Renditen in allen Anlageklassen im bisherigen Jahresverlauf. Mit dem Abflauen der Ereignisse in Frankreich könnten die Märkte im Sommer und bis in den Herbst hinein eine ruhige Phase erleben – es sei denn, die eingehenden Wirtschaftsdaten weichen erneut deutlich vom Trend ab.