Trotz zunehmender geopolitischer Spannungen waren die globalen Rahmenbedingungen für Schwellenländeranleihen fast das gesamte Jahr über günstig. Auch wenn die Geopolitik weiterhin für Gegenwind sorgt, sollten die bisherigen Wahlergebnisse in den wichtigsten Schwellenländern den Anlegern ein gewisses Maß an Sicherheit bieten.
Zum einen verliefen die Wahlen, im Gegensatz zu früher, in der Regel frei und fair und ohne größere gewaltsame Zwischenfälle – mit Ausnahme der venezolanischen Wahlen, von denen aber über die Einwanderungsfrage für die USA hinaus kaum Auswirkungen auf die Region zu erwarten sind. Zum anderen blieben die etablierten Parteien weitgehend an der Macht, auch wenn einige an Rückhalt verloren und andere Koalitionsregierungen bildeten. Es ist unwahrscheinlich, dass die Wahlen kurzfristig zu größeren globalen Schocks oder Verwerfungen führen werden, aber die Anleger sollten im Blick haben, wie die einzelnen Länder ihre fiskalische Verantwortung bewältigen und wie sie ausländische Investitionen aus den USA und China für sich gewinnen wollen.
Aktuelles Haushaltsdefizit Mexikos fordert erhebliche Konsolidierungsanstrengungen
In der Gruppe der großen Schwellenländer überraschte der große Vorsprung von Claudia Sheinbaum in Mexiko. Mit Hilfe des populären nunmehrigen Ex-Präsidenten gelang es Sheinbaum und ihrer Partei, eine qualifizierte Mehrheit im Kongress zu erlangen, die es ihnen ermöglicht, Verfassungsreformen durchzusetzen. Viele der vorgeschlagenen Reformen zielen darauf ab, Korruption und Ungleichheit zu bekämpfen, doch einige Änderungen bergen die Gefahr, dass die demokratischen Institutionen geschwächt oder größere dauerhafte Haushaltsbelastungen auferlegt werden. Das aktuelle Haushaltsdefizit Mexikos von fast 6% des BIP erfordert bereits jetzt erhebliche Konsolidierungsanstrengungen, um das Ziel von 3% des BIP im nächsten Jahr zu erreichen.
Ungeachtet der fiskalischen Risiken dürfte Sheinbaum die Bemühungen der USA um Nearshoring und öffentlich-private Investitionen stärker unterstützen als ihr Vorgänger. Derzeit ist Mexikos Investment Grade-Status stabil, aber Investoren sollten die Nearshore-Zuflüsse, die Entwicklung der Energiereform und den Grad der Unabhängigkeit der mexikanischen Zentralbank sowie die Erwartungen der US-Notenbank und die Stärke des US-Dollars im Auge behalten.
Südafrika: Ramaphosa kann pragmatischen Kurs weiterverfolgen
In Südafrika verlor die seit dem Ende der Apartheid regierende Partei African National Congress (ANC) ihre einfache Mehrheit, was Befürchtungen weckt, die Koalitionspartner könnten radikale Maßnahmen fordern. Erfreulicherweise haben Präsident Cyril Ramaphosa und seine reformorientierte Fraktion eine Koalition mit Parteien gebildet, die seinen pragmatischen Wirtschaftsansatz weitgehend teilen, was die Hoffnung auf politische Kontinuität und Strukturreformen stärkt. Das Land ist reich an Mineralien, die von den USA und China stark nachgefragt werden, und die unverzichtbar sind für die globale Energiewende hin zu erneuerbaren Energien. Die Herausforderung, die südafrikanische Wirtschaft zu reformieren, dürfte jedoch einer raschen Trendwende in der makroökonomischen Entwicklung entgegenstehen.
Indien: Dritte Amtszeit für Modi
In Indien wird Präsident Narendra Modi eine dritte Amtszeit antreten, allerdings mit einem geringeren Vorsprung als erwartet. Nach den Wahlen erlebte die indische Börse einen dramatischen Ausverkauf, bevor sie sich wieder erholte. Indien wird ein immer wichtigerer Akteur in den globalen Produktionsketten und wird weiterhin von Störungen im Welthandel, insbesondere im Elektroniksektor, betroffen sein. Die Renditen ausgewählter indischer Unternehmens- und Quasi-Staatsanleihen weisen ein faires bis attraktives Niveau auf, und die Wechselkurs- und Zinsentwicklung entspricht der anderer Schwellenländer. Die größten Risiken gehen weiterhin von den globalen Rohstoffpreisen aus.
US-Wahl: Handelsbeschränkungen und ihre Folgen für Schwellenländer
Der Wahlausgang in den USA dürfte für die Schwellenländer die größten Auswirkungen haben. Neue Handelsbeschränkungen gegenüber China oder darüber hinaus könnten unter einer Trump- oder Harris-Regierung zu deflationären Verwerfungen in der gesamten Region führen. Ein China, das wirtschaftlich geschwächt ist, wird den Schwellenländern vor allem kurzfristig schaden, da dadurch weniger Finanzmittel zur Verfügung stehen und die Nachfrage nach globalen Rohstoffen sinkt.
Während politische Risiken die Bewertungen der Schwellenländer seit langem belasten, könnten weitere Wahlphasen mit vergleichsweise ruhigem Verlauf zur Festigung jener Entwicklung beitragen, der die Schwellenländer zu attraktiven Anlagen macht. Die USA und China bemühen sich weiterhin, Schwellenländer auf ihre Seite zu ziehen. Aktuell liegen die Renditen von Staatsanleihen in harter Währung bei etwa 6,25% (was einen Puffer gegen kurzfristige Spread-Volatilität oder steigende Renditen von US-Staatsanleihen bietet). Der Wachstumsunterschied zwischen Schwellen- und Industrieländern bleibt über 2%, ein historischer Indikator dafür, dass Anleihen aus Schwellenländern die US-High-Yield-Anleihen übertreffen werden.
BB-Unternehmensanleihen aus Schwellenländern bieten derzeit attraktivste Renditechancen
Die Aussichten für Unternehmensanleihen aus Schwellenländern bleiben günstig, obwohl die Spreads am unteren Ende der Spanne liegen und im Vergleich zu US-amerikanischen High Yield Bonds mit einer Rendite von 7% für eine Anlageklasse mit Investment Grade-Rating immer noch attraktiv erscheinen. Am besten schneiden nach wie vor BB-Unternehmensanleihen aus Schwellenländern ab mit einem aktuellen Spread von 320 Basispunkten und ausgewählte BBB-Emittenten mit längeren Laufzeiten und einem Spread von rund 175 Basispunkten. Die lokalen Zinsen in den Schwellenländern haben sich schlechter entwickelt als in den Kernländern, aber eine Verlangsamung der US-Wirtschaft und bevorstehende Zinssenkungen könnten einer überverkauften Anlageklasse Rückenwind verleihen.
Von Cathy Hepworth, Head of Emerging Markets Debt bei PGIM Fixed Income