CIO Weekly | Nachhaltigkeit bei Emerging-Market-Anleihen

Auch bei Emerging-Market-Anleihen zahlt es sich aus, Nachhaltigkeitsfragen nicht länger zu ignorieren. Neuberger Berman | 27.10.2021 15:29 Uhr
© Photo by Nuno Marques on Unsplash
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Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Die heutigen CIO Weekly Perspectives stammen von unseren Gastautoren Sean Jutahkiti und Kaan Nazli.

Nächstes Wochenende treffen sich Vertreter aus fast 200 Ländern in Glasgow zur 26. Weltklimakonferenz (COP26). Nichts zeigt besser, wie global Nachhaltigkeitsthemen heute sind.

Und doch werden sie bei Emerging-Market-Anlagen oft außer Acht gelassen. Aber auch in den Schwellenländern ist ESG – Umwelt, Soziales, Governance – heute wichtig, selbst wenn ihre ESG-Performance noch nicht immer perfekt ist.

Wir halten einen aktiven, engagierten und vorausschauenden – und damit im besten Sinne nachhaltigen – Investmentansatz für unumgänglich, weil sich dieses Thema in den Emerging Markets, und insbesondere in Asien, so schnell entwickelt.  Diese Herangehensweise bringt allerdings bei Emerging-Market-Anleihenund vor allem bei staatlichen Emittenten einige Herausforderungen mit sich.

Kapitalaufnahme

Etwa 80% der Weltbevölkerung leben in den Emerging Markets. Auf sie entfallen ungefähr 60% des Welt-BIP und zwei Drittel der weltweiten CO2-Emissionen. HSBC schätzt, dass China etwa 200 Billionen Renminbi, also 200% des derzeitigen BIP, investieren muss, um bis 2060 Netto-Nullemissionen zu erreichen. Für Indien hält die Bank of America mehr als 400 Milliarden US-Dollar Investitionen bis 2030 für nötig, um die Emissionen zu senken.

Staats- und Unternehmensanleihen spielen dabei eine wichtige Rolle, ebenso wie grüne, soziale und nachhaltige GSS-Anleihen. Nach Angaben der Climate Bonds Initiative ist der Markt für grüne Anleihen 2020 nirgendwo so stark gewachsen wie in den Schwellenländern. Im selben Jahr begab die Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) ihre erste Nachhaltigkeitsanleihe, und China wurde das Land mit den größten Emissionen sozialer Anleihen.

Wir glauben, dass Investoren in Emerging-Market-Anleihen viel zur Nachhaltigkeit beitragen können. Aber es ist nicht immer einfach.

Unerwünschte Ergebnisse

Beginnen wir mit den staatlichen Emittenten.

Weil der Staat Gesetze und Vorschriften erlässt, ist die Nachhaltigkeit des öffentlichen Sektors nur ein Teilaspekt. Ein verantwortlicher nachhaltiger Staatsanleiheninvestor muss Wirtschaft und Unternehmen eines Landes genau kennen und wissen, wie sich Gesetze und Vorschriften entwickeln. Separat betrachtet können die ESG-Ratings für den öffentlichen Sektor irreführend sein.

Wir glauben sogar, dass ein ausschlieslicher Fokus auf Ratings zu schlechten Anlageergebnissen führen kann. Reichere Länder haben oft stabilere Institutionen, und meist herrscht weniger Ungleichheit. Beides führt zu höheren ESG-Ratings. Die Weltbank schätzt, dass sich die Unterschiede zwischen den ESG-Punktzahlen von 133 Ländern (und sieben Anbietern) zu 90% mit Unterschieden des Pro-Kopf-Einkommens erklären lassen. Wenn das Geld dann den Ratings folgt, werden die reicheren Länder reicher – und die ärmeren erhalten nicht die nötigen Mittel, um die UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) zu erreichen. Das kann den Fortschritt bremsen.

Deshalb raten wir neben dem gängigen Best-in-Class-Konzept zu einer vorausschauenden Perspektive. Ausschlüsse sind durchaus wichtig. Zurzeit entfällt ein Viertel des Marktes auf 20 staatliche Emittenten, die in einem nachhaltigen Emerging-Market-Anleihenportfolio unserer Ansicht nach nichts verloren haben. Sehr viel offener sind wir hingegen für Länder, die ärmer sind und (deshalb) vielleicht niedrigere ESG-Ratings haben, in denen es aber klare Anzeichen für Verbesserungen gibt.

Zunehmend wichtiger wird auch der Dialog, auch wenn er gerade bei staatlichen Emittenten nicht immer einfach ist. Auch wenn ein Land nur wenig Fortschritte macht, kann Investorenengagement für Verbesserungen bei wichtigen Themen wie CO2-Emissionen, internationale Steuertransparenz, Korruptionsbekämpfung, Geldwäsche und Finanzierung von Terrorismus sorgen.

Wenn Investoren bei Nachhaltigkeitszielen Prioritäten festlegen, sollten sie die Zukunft im Blick haben. Wir halten nicht alle Ziele für gleich relevant. Anpassung an den Klimawandel und Klimaschutz sind überall wichtig, aber in den Emerging-Market-Ländern sind auch soziale Ziele von besonderer Bedeutung, vor allem eine höhere Lebenserwartung und bessere Bildung. So lange sich hier nichts tut, lassen sich viele andere SDGs nicht erreichen.

Unternehmens- und Verbraucherverhalten

Bei Unternehmensanleihen sieht es ähnlich aus.

Vor allem bei High-Yield-Emittenten, die meist weniger gut auf Nachhaltigkeitsthemen vorbereitet und oft auch stärker davon betroffen sind, werden hohe ESG-Scores unserer Ansicht nach bereits vom Markt bemerktt. In den letzten fünf Jahren waren Ertrag und Volatilität des JPMorgan ESG Asia Credit High Yield Index (JESG JACI HY) und des klassischen JACI HY recht ähnlich. In den letzten zwölf Monaten, als die Zeiten für die Assetklasse nicht einfacher waren, lag die ESG-Variante des Index aber vorn und war dabei weniger volatil. Wir glauben, dass ihr Vorsprung sogar noch größer wird. Emerging-Market-Regionen wie Asien haben in puncto Nachhaltigkeit zwar noch Nachholbedarf, aber gerade hier sind Investitionen oft am wichtigsten. Regierungen, Unternehmen und Verbraucher machen hier oft die schnellsten Fortschritte.

Den großen Bedarf an Klimaschutzinvestitionen allein in China und Indien haben wir schon erwähnt. Immer wichtiger wird auch soziale Gerechtigkeit; vor allem in Asien müssen die Regierungen dafür mehr tun. Chinas neue strategische Schwerpunktsetzung mit dem Ziel „Wohlstand für alle“ ist nur das bekannteste und wichtigste Beispiel.

Hinzu kommt, dass Aufsichtsbehörden, wieder vor allem in Asien, höhere Anforderungen an das Nachhaltigkeitsreporting stellen. An der Spitze steht nach einer Reihe von Maßnahmen Hongkong, aber ein weiteres wichtiges Beispiel ist das Securities and Exchange Board of India (SEBI), das mit den neuen BRSR-Richtlinien (Business Responsibility and Sustainability Reporting) ebenfalls strengere Regeln erlassen hat. Neben den koordinierten Vorgaben der Sustainable Stock Exchanges Initiative (SEE) der UN dürften auch solche Maßnahmen den Blick auf die Nachhaltigkeitsperformance von Ländern, Sektoren und Unternehmen lenken, sodass der Wettbewerb Fortschritte erzwingt.

Wie bei staatlichen Emittenten muss man auch hier unbedingt die Zukunft im Blick haben und auf ein Nachhaltigkeitskonzept mit intensivem Dialog setzen, vor allem bei High-Yield-EmittentenNur so lassen sich die Gewinner und Verlierer des Wandels erkennen, und nur so kann man Unternehmen bei den nötigen Veränderungen helfen.

Große Dynamik

Kommen wir abschließend zu einigen Beispielen, die zeigen, was wir mit „vorausschauend“ meinen.

Bei den staatlichen Emittenten scheint uns die Elfenbeinküste interessant. Auf den ersten Blick wirkt das Land nicht gerade wie ein Nachhaltigkeitsführer. Erst mit Waffengewalt konnte der Verlierer der Präsidentschaftswahlen 2010 dazu gebracht werden, seine Niederlage einzugestehen, und die politische Stabilität bleibt ein Problem. Außerdem gibt es viel zu viel Kinderarbeit.

Dennoch macht das Land große Fortschritte. So steigt die schon jetzt recht hohe Lebenserwartung weiter, und auch die theoretische und praktische Dauer des Schulbesuchs nimmt zu. Die Bertelsmann Stiftung und das Sustainable Development Solutions Network (SDSN) schätzen, dass sich in Afrika von 2016 bis 2020 nur der Sustainable Development Report Index von Kenia stärker verbessert hat.

Bei Unternehmensanleihen fällt ein chinesischer Aluminiumproduzent auf, mit dem wir seit einiger Zeit in Kontakt sind. Aluminium ist ein energieintensiver Sektor und die CO2-Intensität des Unternehmens ist überdurchschnittlich hoch, weil über 90% seiner Energie aus Kohlekraftwerken stammt.

Und doch glauben wir, dass das leitende Management bei dieser Herausforderung langfristig denkt, nicht zuletzt wegen der jüngsten Emissionsziele der chinesischen Regierung. Bis Anfang nächsten Jahres soll ein externer Berater eine Dekarbonisierungsstrategie entwickeln. Schon jetzt wissen wir, dass das Unternehmen bis zum Ende des Geschäftsjahrs 2022 ein Drittel seines Energiebedarfs nicht mehr mit Kohle, sondern mit Wasserkraft decken will. Wir glauben, dass das Unternehmen deshalb – und wegen eines Joint Ventures mit einem deutschen Recycling-Unternehmen zur Rückgewinnung von Aluminium – deutlich zukunftsfähiger ist als seine Wettbewerber.

Damit das Kapital dort investiert wird, wo es unter Nachhaltigkeitsaspekten am dringendsten gebraucht wird, sollten Anleihenemittenten wie diese in Nachhaltigkeitsportfolios eine wichtige Rolle spielen. Sie mögen zwar jetzt noch nicht perfekt sein, machen aber zweifellos sehr große Fortschritte.

Sean Jutahkiti und Kaan Nazli, Neuberger Berman

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