CIO Weekly | Die Weltraumwirtschaft hebt ab

Die Weltraumwirtschaft ist sehr viel bodenständiger, als man denkt. Und sie beeinflusst immer mehr Lebensbereiche. Neuberger Berman | 23.06.2022 13:30 Uhr
Michael Barr, Senior Research Analyst, Neuberger Berman / © Neuberger Berman
Michael Barr, Senior Research Analyst, Neuberger Berman / © Neuberger Berman
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Die heutigen CIO Weekly Perspectives stammen von unserem Gastautor Michael Barr.

Wenn Lieferketten und Logistik schon auf der Erde an ihre Grenzen stoßen, wirken Investitionen in die Weltraumwirtschaft wie eine Verschwendung von Kapital.

Tatsächlich spielt die Weltraumwirtschaft aber eine entscheidende Rolle bei der Lösung einiger unserer drängendsten Probleme – und sie wird immer wichtiger. Sie macht Lieferketten krisenfester, verbessert die Welternährungslage, fördert die Konnektivität unserer immer stärker vernetzten Wirtschaft und hilft beim Kampf gegen den Klimawandel, nicht zuletzt durch bessere Messverfahren.

Warum ist die Weltraumwirtschaft plötzlich so wichtig geworden, und warum verändert sie schon jetzt unser Leben?

Kommerziell interessant

Mehr als 50 Jahre lang war der Weltraum die Domäne weniger Länder und Forschungsinstitute. Um immer komplexere und teurere Technologie in die Erdumlaufbahn zu schicken, brauchte man ein immer aufwendigeres Risikomanagement. Mancher Raketenstart kostete über 100 Millionen US-Dollar.

Um die Kosten zu senken, gründete Elon Musk 2002 SpaceX – und löste damit eine Revolution aus. Nach Angaben des Center for Strategic and International Studies kostet ein Raketenstart jetzt nur noch ein Zehntel so viel wie vor 20 Jahren. Bei lediglich 2 oder 5 Millionen US-Dollar können sehr viel mehr Unternehmen die Chancen des Weltraums nutzen.

Hinzu kommt der technische Fortschritt, durch den der Weltraum einfach sehr viel mehr Möglichkeiten bietet. Die Übertragungskapazität des Internets hat sich verzehnfacht, die Übertragungsgeschwindigkeit ist von 300 auf 3 Millisekunden zurückgegangen, und Kameraobjektive sind hundertmal so scharf geworden, um nur einige Beispiele zu nennen. Satelliten können heute sehr viel mehr, als einfach nur Fernsehsendungen zu übertragen und das Wetter zu beobachten.

Infrastruktur, Enabler, Apps

Anhand der Entwicklung des Smartphones lässt sich gut verdeutlichen, mit welchen Investmentchancen wir rechnen.

Es begann mit der grundlegenden Infrastruktur: Was damals die Smartphone-Hersteller waren, sind heute Firmen wie SpaceX und Rocket Lab, die größten Anbieter kommerzieller Raketenstarts, oder die Produzenten von Satelliten und ihren Einzelteilen.

Dann kamen die Enabler: die App-Stores, das neue Interface der Smartphones. In der Weltraumwirtschaft entsprechen dem die Anbieter von Cloud-Infrastruktur und innovativer Computertechnik, aber auch Hersteller von Remote-Sensoren und modernsten Kameras und Objektiven. Für viele Unternehmen ergeben sich dadurch neue Chancen, auf der Erde wie im Weltraum.

Die Firmen, die diese Chancen dann nutzen, entsprechen den Anbietern von Smartphone-Apps. Sie sind die dritte Säule. Hier ist mit dem größten Wachstum zu rechnen.

Revolutionäre Anwendungen

Kommen wir daher zurück zu den Herausforderungen von heute und den revolutionären Apps, die sie lösen können.

Satellitentechnologie kann nicht die ukrainischen Häfen wieder öffnen oder mehr LKW-Fahrer ausbilden. Die Kombination von mehr Satelliten, besseren Objektiven, höherer Übertragungsgeschwindigkeit und größeren Datenmengen erlaubt aber Logistikentscheidungen in Echtzeit, dank hoher Bildauflösung und globaler Perspektive. Dadurch können die Lieferketten effizienter werden. Man kann aber auch schneller auf Störungen reagieren, egal, ob sie die Folge eines Krieges oder eines Frachtschiffs sind, das den Suezkanal blockiert.

Natürlich können wir aus dem Weltraum auch den ukrainischen Getreidemarkt nicht wieder öffnen. Präzisionslandwirtschaft auf der Basis von Informationen, die uns Satelliten liefern, kann aber auch in anderen Regionen die Nahrungsmittelproduktion effizienter machen. Mit besseren Sensoren lassen sich nicht nur Daten zum Wetter, sondern auch zu Qualität, Temperatur und Feuchtigkeit von Böden gewinnen. Sie fließen dann in automatisierte Pflanzsysteme ein, sodass an den richtigen Stellen und zum richtigen Zeitpunkt Saatgut ausgebracht wird, um den Ertrag zu maximieren. Dadurch lassen sich Kosten senken, und man kommt mit weniger Wasser und Dünger aus.

Wenn die gängigen Sendemasten und Datenkabel um Satelliten ergänzt werden, wird auch die weltweite Vernetzung sehr viel effizienter und kostengünstiger, einschließlich der Anbindung abgelegener Regionen. Der Mobilfunk hat die Wirtschaft vieler Emerging-Market-Länder bereits stark verändert. Kostengünstige Satellitenkommunikation kann aber noch sehr viel mehr leisten. Aus Fahrtvermittlungs-Apps sind schon jetzt große Unternehmen entstanden, die satellitengestützte GPS-Technik verwenden. Durch eine noch bessere Konnektivität werden solche Dienstleistungen wirklich global.

Satelliten können auch helfen, Lücken im Mobilfunknetz zu schließen. Eine schnelle Übertragungsgeschwindigkeit erlaubt jene friktionslose Konnektivität, die für das Internet der Dinge unumgänglich ist. Erstmals können auch die Eigentümer abgelegener Einrichtungen wie Offshore-Windparks oder Öl- und Gaspipelines kontinuierlich Echtzeitdaten zur Leistung und zum Wartungsbedarf empfangen.

Weltraumbasierte Lösungen werden auch deshalb immer wichtiger, weil unsere Klima- und Umweltherausforderungen global sind. Die Entwaldung, der Anstieg des Meeresspiegels und das Schmelzen der Polkappen werden schon seit Jahren aus dem Weltraum beobachtet. Ein noch besseres Monitoring durch Satelliten, bessere Sensoren und hochauflösende Objektive ermöglicht jetzt auch die präzise Messung diverser ökologischer Veränderungen.

Unternehmen können jetzt aus erster Hand überprüfen, ob ihre Zulieferer Rohstoffe wirklich nachhaltig beschaffen. Sie können etwa die Zerstörung von Wäldern zur Errichtung von Palmölplantagen aufdecken. Weil wir Treibhausgasemissionen mithilfe von Satelliten immer besser nachverfolgen können, wissen wir jetzt, dass wir sie bisher unterschätzt haben. Hinzu kommen Chancen für Technologien und Datenanalysen, die eine genauere und fairere CO2-Regulierung, -Bepreisung und -Besteuerung ermöglichen.

Möglichkeiten

Wenn die Möglichkeiten schier endlos scheinen, hat das einen einfachen Grund: Weltrauminfrastruktur und Weltraumtechnologie lassen nicht nur neue Wirtschaftszweige entstehen, sondern bieten auch klassischen Unternehmen neue Chancen.

Heute hat die Weltraumwirtschaft ein Volumen von etwa 400 Milliarden US-Dollar. Über 50% davon entfallen auf Altaktivitäten wie Rundfunk und staatliche Dienstleistungen. Branchenanalysten halten ein Wachstum auf etwa 1,2 Billionen US-Dollar bis zum Jahr 2035 für möglich. Etwa drei Viertel davon würden auf neue Aktivitäten entfallen, wie wir sie oben beschrieben haben.

Die Weltraumwirtschaft ist den Kinderschuhen entwachsen. Zum Glück braucht man nicht selbst zum Mond zu fliegen, um von ihr zu profitieren oder in sie zu investieren.

Michael Barr, Senior Research Analyst, Neuberger Berman

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