CIO Weekly | Euro-Parität: Zwischenstation oder Tiefstand?

Viel wirkt zurzeit auf den Euro ein. Das könnte gut für die Währung sein, aber auch eine noch stärkere Abwertung auslösen. Neuberger Berman | 31.08.2022 15:48 Uhr
© Photo by Immo Wegmann on Unsplash
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Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Wie schon im Juli fiel der Euro auch jetzt wieder kurzzeitig unter die Parität zum US-Dollar.

Ein Unterschreiten der Parität ist ein wichtiges Ereignis. Noch wichtiger könnte aber etwas anders sein: Die für Wechselkurse wichtigen Faktoren können dem Euro in den nächsten Wochen und Monaten nützen, aber auch eine noch stärkere Abwertung auslösen. Ist die Parität also nur eine Zwischenstation, bevor der Euro noch weiter fällt? Oder hat er sein Tief schon erreicht?

Wechselwirkungen

Wechselkurse reagieren meist auf das absolute Zinsniveau, Zinsdifferenzen, Unterschiede im Inflations- und Wachstumsausblick und Kapitalströme.

Mal dominiert der eine Faktor, mal ein anderer. Während der Pandemie sah man das deutlich. In den ersten Wochen machte den Währungshändlern der sehr unsichere Konjunkturausblick Sorgen. Später, ab der zweiten Jahreshälfte 2020, hatten sie die Zinsunterschiede im Blick. Während der Erholung Ende 2021 kamen die Mittelabflüsse aus eurodenominierten Titeln hinzu.

Im Februar hatten wir uns schon einmal mit diesem Thema befasst. Damals vermuteten wir, dass die Europäische Zentralbank die Aufmerksamkeit der Währungshändler mit einer strafferen Geldpolitik wieder auf die gegenüber den USA etwas besseren europäischen Konjunkturaussichten lenken würde – und darauf, dass die Leitzinsen im Euroraum wieder positiv werden könnten.

Besonders sicher waren wir uns zwar nicht, aber wir sahen zumindest die Möglichkeit, dass die Renditen von Anleihen im Wert von mehreren Billionen Euro bei Leitzinsen über null wieder positiv werden. Das hätte Kapitalströme nach Europa auslösen und zu einem Wiedererstarken des Euro führen können.

Zwei Wochen später marschierte Russland in die Ukraine ein.

Schlimmer ging es kaum

Seitdem hat man am Währungsmarkt tatsächlich etwas anderes im Blick – nämlich die Probleme, mit denen die europäische Wirtschaft seit sechs Monaten kämpft.

Die Sanktionen gegen Russland haben Europas Energieversorgung massiv gestört, zumal Nord Stream 1 immer wieder außer Betrieb ging. Außerdem litt Europas konjunktursensitive Exportwirtschaft unter Chinas Null-COVID-Politik. 

Zu einer der größten Inflations- und Wachstumskrisen kam im Sommer dann die Dürre hinzu. Sie ließ die Flüsse austrocknen, die für die Logistik in Europa so wichtig sind. Selbst die Rückkehr der Risikobereitschaft war für den Euro ungünstig, weil Investoren vor allem die gerade sehr stabilen US-Titel wiederentdeckten.

Gegenwind

Manche dieser Probleme scheinen nachzulassen, doch spricht wenig für ein schnelles Kriegsende in der Ukraine. Daher dürfte die Energieknappheit in Europa auch weiterhin das Wachstum dämpfen und die Inflation anheizen. Auch Europas eigentlich stabile Leistungsbilanz dürfte durch teure Energieimporte weiterhin Schaden nehmen. Dabei ist gerade die Leistungsbilanz einer der wichtigsten Pluspunkte des Euro gegenüber dem US-Dollar.

Es könnte aber auch alles besser werden.

Gas wird in Europa vermutlich so lange teuer bleiben, wie Russland gegen die Ukraine Krieg führt. Aber bleiben die Preise so hoch wie jetzt? Solange Russland wenigstens etwas Gas nach Europa liefert, ist das zwar nicht ausgeschlossen, aber doch unwahrscheinlich. Trotz hoher Kosten füllt Europa seine Gasspeicher schneller als geplant. Die Preise steigen deshalb jetzt, könnten aber im Winter dadurch leichter kontrollierbar sein. Das könnte die Folgen für Konjunktur und Leistungsbilanz begrenzen.

Die Inflation wäre im Euroraum dann zwar noch immer hoch – aber doch niedrig genug, damit die EZB mit Zinserhöhungen etwas bewirken könnte. Durch das neue „Transmissionsschutzinstrument“, das zu große Renditedifferenzen zwischen den Mitgliedsländern verhindern soll, sind Zinserhöhungen dann ohnehin einfacher. Auch eine Euro-Aufwertung wäre unproblematischer, würde sie doch den Inflationsimport begrenzen.

Zu pessimistisch

An den Anleihemärkten rechnete man schnell mit drastischen Zinserhöhungen der EZB. Die Zinsunterschiede sind zurückgegangen, obwohl der Euro wegen der pessimistischen Konjunkturerwartungen für den Euroraum gefallen ist.

Bei Redaktionsschluss stand Jerome Powells Rede auf der Jackson-Hole-Konferenz an. Der amerikanische Notenbankchef könnte die Märkte wegen der jüngsten Lockerung der Finanzbedingungen warnen. Die Zinsunterschiede könnten dann wieder steigen, sodass der Euro wieder unter die Parität fiele. Letztlich glauben wir aber, dass die europäischen Konjunkturaussichten am Devisenmarkt zu negativ eingeschätzt werden und das absolute Zins- und Renditeniveau in Europa nicht genügend beachtet wird. 

Noch sind wir uns aber nicht sehr sicher. Sowohl den Euro als auch den US-Dollar schätzen wir grundsätzlich neutral ein, sodass wir vorsichtig bleiben. Wenn die EZB die Inflation mit ihren Zinserhöhungen nicht stoppt, kann auch der Euro nicht aufwerten, egal wie hoch sie ausfallen. Außerdem finden wir andere europäische Währungen wie die schwedische und die norwegische Krone wieder interessanter. Auch sie sind attraktiv bewertet, doch ist in diesen Ländern die Inflation niedriger.

Dennoch sollte man sich aber nicht mehr so sicher sein, dass der Euro weiter abwertet.

Brad Tank, Chief Investment Officer – Fixed Income, Neuberger Berman
Ugo Lancioni, Head of Global Currency, Neuberger Berman

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