CIO Weekly | Vorsicht, Bärenmarktallye

Für Zinsen und Inflation würden wir gern optimistisch sein. Aber irgendwann werden wir den schwierigen Fragen ins Auge sehen müssen, die sich am Beginn einer neuen Zeit stellen. Neuberger Berman | 14.10.2022 11:57 Uhr
Erik Knutzen, Chief Investment Officer – Multi-Asset Class, Neuberger Berman / © e-fundresearch.com / Neuberger Berman
Erik Knutzen, Chief Investment Officer – Multi-Asset Class, Neuberger Berman / © e-fundresearch.com / Neuberger Berman
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

In wenigen Tagen erscheint unser neuer Asset Allocation Committee Outlook. Sein wichtigster Punkt ist, dass wir bei Aktien vorsichtig bleiben müssen, Anleihen aber wegen ihres Rendite- und Diversifikationspotenzials immer mehr schätzen.

Die letzte Woche schien diese Sicht auf die Probe zu stellen. Zwei Tage lang legten Aktien so stark zu wie zuletzt im April 2020, und auch die Anleihenkurse stiegen. Müssen wir den Outlook jetzt schnell umschreiben?

Zu optimistisch

Wie Raheel Siddiqui in unserem letzten Aktien-Quartalsausblick schrieb, ist nichts davon neu. 

Der Rückgang der US-Inflation von Juni auf Juli löste eine starke Sommerrallye aus. Man hoffte, dass die Notenbanken die Straffung der Geldpolitik bald beenden würden. 

Letzte Woche schien es ähnlich. Erst erhöhte die Reserve Bank of Australia ihren Leitzins überraschend schwach, dann lieferte der amerikanische Job Openings and Labor Turnover Survey (JOLTS) Hinweise auf eine mögliche Abkühlung. Schnell rechnete man an den Märkten nicht mehr mit Leitzinsen von 4,5% Ende 2023, sondern nur noch mit 4,1%. Aktien legten kräftig zu, gaben im weiteren Verlauf der Woche aber wieder etwas nach. Der US-Arbeitsmarktbericht vom Freitag gab der Fed keinen Anlass zu einem Kurswechsel.

Wie im Juli halten wir die Investoren auch jetzt für zu optimistisch: Die Verbraucherpreise legen auf breiter Front zu, und die Inflation steigt wie von uns prognostiziert strukturell. Unterschätzt wird auch die Bereitschaft der Notenbanken, die Zinserhöhungen zu beenden. Sowohl die Fed als auch die EZB sprechen weiterhin ungewöhnlich deutlich davon, dass die Inflation schnell eingedämmt und auf ihren Zielwert zurückgeführt werden muss.

Wenn es die Fed mit ihren Konjunktur- und Leitzinsprognosen ernst meint, könnte die sehr negative reale Federal Funds Rate positiv werden. Positive Realzinsen waren bis zur großen Finanzkrise üblich – aber trotzdem rechnen viele Investoren nur mit einer Rückkehr zur „Normalität“ der letzten Jahre.

Diversifikation

Wir erwarten daher eine noch straffere Geldpolitik, einen weiteren Konjunkturrückgang und schwächere Gewinnausblicke für die Unternehmen. Deshalb halten wir kurzfristige Aktienmarktrallyes zurzeit nicht für nachhaltig.

Doch so sehr wir bezweifeln, dass der Konjunkturausblick bereits in den Gewinnerwartungen berücksichtigt ist, so sehr glauben wir auch, dass die Anleihenkurse die Zinserhöhungen mittlerweile fast vollständig abbilden. Außerdem dürften die Credit Spreads allmählich eine Rezession anzeigen, vor allem bei Emittenten mit einer hohen Kreditqualität. 

Die laufenden Renditen sind daher jetzt attraktiv – vor allem, wenn risikobehaftete Titel wieder unter Verkaufsdruck geraten. Das sorgt für interessante Chancen. Wir gehen davon aus, dass man in schwierigen Zeiten Aktien jetzt wieder mit Anleihen diversifizieren kann, vor allem, wenn die zurzeit extrem hohe Inflation etwas fällt, die Leitzinsen weiter steigen und die Wachstumszweifel zunehmen.

Fragen

Seit einiger Zeit schreiben wir über die Herausforderungen für klassische 60/40-Portfolios – 60% Aktien, 40% Anleihen. Im Mittelpunkt stand dabei die 40: Um Rendite zu erzielen und das Portfolio zu diversifizieren, setzten wir auf ein aktiveres Anleihenmanagement und einen höheren Anteil alternativer Anlagen. Grundsätzlich halten wir daran fest, halten Anleihen wegen ihrer jetzt höheren Renditen aber mittlerweile für attraktiver.

Vielleicht sollte man sich aber auch intensiver mit der 60 befassen. Vorbei ist die Zeit, als niedrige und fallende Renditen alle Aktienkurse steigen ließen.

Nötig werden sorgfältigere Einzelwertanalysen – nicht nur, um Erträge zu erzielen, sondern auch, damit das Portfolio diversifiziert bleibt. Kommen manche Regionen und Sektoren besser mit einer strukturell höheren Inflation und steigenden Zinsen zurecht als andere? Können heutige Erträge (Dividenden) mehr wert sein als spätere (Kursgewinne)? Sind die Risiken von High-Yield-Anleihen mitunter attraktiver als die von Aktien? Müssen Investoren, um die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen zu verringern, die Zinssensitivität und damit die Duration ihrer Aktienanlagen senken?

Das sind schwierige, aber wichtige Fragen, nicht nur im derzeitigen Abschwung, sondern auch am Beginn der von uns erwarteten neuen Weltwirtschaftsära. Wenn wir nach einer Bärenmarktrallye an eine Neuauflage des letzten Jahrzehnts glauben, bedeutet das nur eins: Wir zögern die Auseinandersetzung mit den wirklich wichtigen Themen hinaus.

Erik Knutzen, Chief Investment Officer – Multi-Asset Class, Neuberger Berman

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