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Nach dem enormen Zinsanstieg in diesem Jahr und den jüngsten Anzeichen für ein Inflationsmaximum muss die Asset-Allokation grundlegend überdacht werden. Neuberger Berman | 01.12.2022 10:00 Uhr
© Photo by Niklas Ohlrogge on Unsplash
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Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

„Wenn sich die Fakten ändern, ändere ich meine Meinung. Und was tun Sie?” 

Wir wissen nicht, ob John Maynard Keynes das wirklich gesagt hat. Aber unsere Kunden, die wir in den letzten Wochen in Europa besucht haben, scheinen es ähnlich zu sehen. Viele von ihnen meinen, dass sie ihre Asset-Allokation überdenken müssen – denn viele Parameter haben sich grundlegend verändert. 

Unsere Kunden bezweifeln, dass die bisherigen Portfoliogewichtungen noch zum neuen Umfeld passen. Sie wissen, dass das vor allem mit dem enormen Anstieg der Anleihenrenditen zu tun hat. Wenn unsere Experten für Asset-Allokation um ihre Einschätzung gebeten werden, holen sie wieder die alten Rezeptbücher hervor, die seit zehn Jahren, wenn nicht länger, im Regal verstauben. 

Risiko 

Aber welche Assetklassen werden jetzt wieder Teil des Menüs? 

Letztlich hängt davon ab, welche Erträge wir erwarten und wie sicher wir uns dabei sind. Wo sind die Bewertungen attraktiv, wo ist das Risiko akzeptabel? 

Dieses Jahr sind die Bewertungen der meisten Assetklassen deutlich gefallen. Weil die Investoren seit Mitte Oktober immer weniger mit einem weiteren Inflationsanstieg rechnen, ist die Volatilität zurückgegangen. Das hat Auswirkungen auf die so beliebten Value-at-Risk-Modelle. Auch das könnte ein Grund dafür sein, dass die Portfoliorisiken im 4. Quartal oft angehoben wurden. 

Diese beiden Veränderungen hatten große Auswirkungen auf die risikoärmeren Teile der Portfolios. 

Für Anleger, die Mehrertrag gegenüber der Inflation wünschen, waren inflationsindexierte Anleihen wegen ihrer hohen Bewertungen seit Jahren uninteressant. Zehn Jahre lang ist die US-Zehnjahresrendite kaum über 1% gestiegen, und 2012, 2020 und 2021 war sie sogar negativ. Die deutsche Realrendite lag noch im März mit -2,5% deutlich unter null. 

Jetzt scheinen sich die US-Realrenditen bei 1,40% bis 1,75% eingependelt zu haben. Die deutsche Realrendite beträgt wieder null, die französische und die italienische sind wieder positiv. Wenn die Inflation nicht weiter steigt und die Zinsvolatilität nachlässt, könnten Inflation-Linked Bonds wegen ihrer wieder attraktiven Bewertungen erneut eine Rolle spielen. 

Credits 

Bei risikoreicheren Titeln ist es komplexer. 

In lokaler Währung haben Aktien dieses Jahr in Europa etwa 8% und in den USA 15% verloren. Mitte Oktober betrugen die Verluste seit Jahresbeginn zeitweilig über 20%. 

Wesentlichen Anteil an der jüngsten Erholung hatte die Hoffnung, dass Inflation und Zinserwartungen nicht weiter steigen. Aber für die Unternehmensgewinne muss das nicht unbedingt gut sein. 

Weil die Gewinne eine nominale Größe sind, steigen sie bei einer niedrigeren Inflation in der Regel weniger stark, falls nicht andere Faktoren für einen Ausgleich sorgen. Wenn die Inflation in den nächsten Monaten zurückgeht, wird das aber wohl am fallenden Wirtschaftswachstum liegen. Deshalb sind wir noch nicht davon überzeugt, dass Aktien ihren Tiefpunkt gesehen haben und die Volatilität passé ist. 

Wenn Inflation, Zinsen und Zinsvolatilität nicht weiter steigen, scheint uns das für Anleihen aber klar positiv – für inflationsindexierte Titel wie für Credits. 

Ein schwächeres Gewinnwachstum ist für Anleihen keine große Belastung, zumal wir allenfalls mit einem maßvollen Rückgang rechnen. Auch die Refinanzierungsrisiken halten sich in Grenzen. Manche Unternehmen werden zwar nächstes Jahr mit höheren Zinsen leben müssen, aber die meisten Unternehmensanleihen werden frühestens in drei bis vier Jahren fällig. Die Kurse sind hingegen stark gefallen. 

Selbst nach der Rallye der letzten Wochen bieten internationale High-Yield-Anleihen noch immer etwa 9% Rendite und Spreads von über 500 Basispunkten. Noch im Januar betrugen die Renditen eurodenominierter High-Yield-Titel kaum 3%, aber heute sind es über 7%. Auch andere Credits versprechen Chancen, etwa Direct Lending, das vom Rückgang der Kreditsyndizierung profitiert. 

Diese Kombination aus attraktiveren Bewertungen, nachlassender Volatilität und einem hohen Rang in der Kapitalstruktur führt zu einer der größten Änderungen der Asset-Allokation: Risikoreichere Sektoren risikoärmerer Assetklassen werden plötzlich zu ihrem zentralen Baustein. Früher waren sie allenfalls eine zusätzliche Renditequelle. 

Taktik 

Ein anderes Thema in unseren Kundengesprächen ist das Veränderungstempo. 

Wenn sich die Lage so schnell ändert wie dieses Jahr und die Wechselwirkungen so komplex sind, muss man sowohl taktisch als auch strategisch denken. Das erfordert assetklassenübergreifende Ansätze, die eine Vielzahl von Risikofaktoren aufgreifen. 

Die beiden Marktrallyes seit dem Sommer zeigen das eindrucksvoll. Sie boten Möglichkeiten, zwischen risikoreicheren und risikoärmeren Titeln, Value und Growth sowie Zyklikern und defensiven Aktien umzuschichten. Auch eine aktive Durationssteuerung kann eine taktische Chance sein, wenn die Anleihenrenditen tatsächlich ihr Maximum erreicht haben und sich jetzt seitwärts bewegen. Währungsschwankungen sind ebenfalls interessant, wenn der US-Dollar seinen Höchststand erreicht hat und sich die Geldpolitik weltweit wieder angleicht. 

Das sind nur einige Veränderungen der für die Asset-Allokation wichtigen Parameter im Jahr 2022. Unsere Gespräche mit Kunden zeigen, dass ein Umdenken stattfindet und Portfolios entsprechend angepasst werden. 

Niall O’Sullivan, Chief Investment Officer, EMEA – Multi-Asset Class, Neuberger Berman

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