CIO Weekly | Ein Maximum, das bleibt

Wegen der hartnäckigen Dienstleistungsinflation und des nur schwachen Abschwungs dürften die Notenbanken noch länger an hohen Leitzinsen festhalten. Neuberger Berman | 20.01.2023 10:51 Uhr
Brad Tank, Chief Investment Officer – Fixed Income, Neuberger Berman / © e-fundresearch.com / Neuberger Berman
Brad Tank, Chief Investment Officer – Fixed Income, Neuberger Berman / © e-fundresearch.com / Neuberger Berman
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Besonders stark schwankten die Kurse 2022 oft an Tagen, an denen der amerikanische Verbraucherpreisindex veröffentlicht wurde. Daher war man auch am letzten Donnerstag sehr gespannt.

Die Gesamt- und Kerninflation im Jahresvergleich entsprach den Konsenserwartungen. Wir haben einen weiteren beruhigenden Monat mit stetigen Rückgängen. Allerdings wich die Struktur der Inflation etwas von den Erwartungen ab. Das war vielleicht nicht ganz so erfreulich.

Maßvoll

Als vor einem Monat die Novemberzahlen bekannt wurden, reagierten die Anleger erfreut. Die Teuerung schien auf breiter Front nachzulassen.

Im Dezember fiel die Inflation erneut, und Lebensmittel, Energie und Güter wurden meist sogar billiger. Die Dienstleistungsinflation stieg hingegen weiter. Auch in früheren Inflationsphasen war der Anstieg der Dienstleistungspreise oft sehr hartnäckig.

Die unmittelbare Marktreaktion war dann genauso uneinheitlich wie die Daten.

Die Finanzbedingungen wurden schnell straffer, aber dann folgte eine nachhaltige Lockerung. Aktien stiegen, Renditen fielen, der US-Dollar gab nach, und der Goldpreis legte zu. Nach wenigen Stunden hatten die Anleger dies als eine weitere relativ harmlose Zahlenreihe abgetan.

Notenbanksignale

Unübersichtlicher wurde es durch Äußerungen von Patrick Harker, Präsident der Philadelphia Fed. Einerseits sei er zu kleineren Zinserhöhungen um nur noch 25 Basispunkte bereit, andererseits wolle er die Zinsen so lange anheben, bis die Inflation wieder ihrem Zielwert entspricht. Schon zu Wochenbeginn hatten sich die Notenbankpräsidenten aus Boston und Atlanta ähnlich geäußert.

Bereits im November hatten wir festgestellt, dass Investoren zunehmend mehr auf die Konjunkturdaten als auf die scharfe Rhetorik der Fed achten.

Letzte Woche hat die Weltbank ihre Prognose für 2023 fast halbiert, auf gut 1,7% Weltwirtschaftswachstum. Für die Industrieländer erwartet sie statt 2,2% jetzt nur noch 0,5% Wachstum. Die Einkaufsmanagerindizes (PMIs) für das Verarbeitende Gewerbe signalisieren in den USA, Europa und Japan eine schrumpfende Industrieproduktion. Auch der amerikanische Dienstleistungs-PMI ist gerade unter 50 gefallen, von 56,5 auf 49,6, was ebenfalls für eine Rezession spricht. Warum sollte man sich dann Sorgen um die Dienstleistungspreise machen?

Da ein starker Abschwung nicht auszuschließen ist, fragen sich viele Investoren, ob die Notenbanken die Zinsen in der zweiten Jahreshälfte 2023 nicht wieder senken müssen. Dazu passt auch die Entwicklung der Anleihenmärkte.

Hartnäckige Inflation

Wir nehmen hingegen die Fed und die anderen Notenbanken beim Wort. Wir glauben noch immer an eine hartnäckige Teuerung.

Allerdings gehen wir auch davon aus, dass die Güterinflation ihren Höhepunkt überschritten hat. Energie- und Rohstoffpreise sind nicht leicht zu prognostizieren, weil sie von vielen Faktoren abhängen – von den wirtschaftlichen Folgen des Krieges in der Ukraine, dem Neustart der chinesischen Wirtschaft und dem Wetter. Im Dienstleistungsbereich rechnen wir trotz des Anstiegs im Dezember mit einem allmählichen Rückgang der Wohnkosten.

Ansonsten dürfte die Dienstleistungsinflation aber hoch bleiben, weil die Löhne steigen und noch immer Personalmangel herrscht. Letzte Woche erst fielen die amerikanischen Arbeitslosengeldanträge auf ein Dreimonatstief und lagen damit unter den Erwartungen. Mit 3,5% befindet sich die amerikanische Arbeitslosenquote fast auf einem 50-Jahres-Tief, und auch die Arbeitslosenquote im Euroraum ist mit 6,5% rekordverdächtig niedrig.

Immer mehr spricht für sehr viel höhere Lohnabschlüsse in Japan, Europa und den USA. Erst letzte Woche setzten die streikenden New Yorker Krankenpfleger Lohnerhöhungen um enorme 19% durch. Die Arbeitnehmer wollen stärker am Wirtschaftswachstum partizipieren. Wir halten das für eine langfristige und weltweite Entwicklung.

Wir können uns durchaus vorstellen, dass die Dienstleistungsinflation 2023 hartnäckig hoch bleibt und die Konjunktur nur leicht nachgibt. Die Notenbanken könnten dann noch länger an hohen Zinsen festhalten.

Puffer

Das sind einige der Hauptthemen unseres neuen vierteljährlichen Fixed Income Outlook.

Wir rechnen damit, dass die Inflation in den USA und im Euroraum Ende 2023 auf 3,0% bis 3,5% fällt. Damit wäre sie sehr viel niedriger als zuletzt, läge aber noch immer über dem Zielwert. Das Maximum der Leit- und Kurzfristzinsen wäre dann von Dauer.

Optimistischer sind wir für die Zinsvolatilität, die deutlich niedriger ausfallen könnte als letztes Jahr. Erstmals seit Langem halten wir die Renditen angesichts des Durationsrisikos wieder für angemessen. Wir meinen, dass sie wieder einen ausreichenden Puffer bieten.

Die letzten Jahre haben uns gezeigt, dass Konjunktur und Weltlage stets überraschen können. Dennoch glauben wir, dass 2023 für Anleiheninvestoren mehr Chancen und deutlich weniger Risiken bereithält als 2022.

Brad Tank, Chief Investment Officer – Fixed Income, Neuberger Berman

Nehmen Sie teil bei der Solving 2023 Roadshow von Neuberger Berman– Diskutieren Sie mit.

07.02.2023 – Frankfurter Hof, Frankfurt

08.02.2023 – Steigenberger Parkhotel, Düsseldorf

09.02.2023 – Hotel Vier Jahreszeiten, Hamburg

21.02.2023 – Palais Coburg, Wien

22.02.2023 – Bayerischer Hof, München

23.02.2023 – Steigenberger Graf Zeppelin, Stuttgart

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