CIO Weekly | Taktik und Strategie

Diversifikation nach Assetklassen, Sektoren und Regionen ist selbstverständlich. Und Diversifikation nach Anlagezeiträumen? Neuberger Berman | 15.06.2023 16:00 Uhr
Niall O’Sullivan, Chief Investment Officer, Multi Asset Strategies – EMEA, Neuberger Berman / © e-fundresearch.com / Neuberger Berman
Niall O’Sullivan, Chief Investment Officer, Multi Asset Strategies – EMEA, Neuberger Berman / © e-fundresearch.com / Neuberger Berman

Viele Leser der CIO Weekly Perspectives sind selbst Investoren. Sie stehen vor den gleichen Herausforderungen wie wir.

Eine davon ist, dass viele Kernstrategien einen Anlagehorizont von mehreren Jahren oder gar Jahrzehnten haben, aber kurzfristige Entwicklungen den Portfolioertrag manchmal stark beeinflussen.

Mit der taktischen Asset-Allokation kann man auf kurzfristige Chancen und Risiken reagieren. Oft stellt man sich dann gegen seine strategische Asset-Allokation.

Stabile Basis…

Jeder Investor hat seinen eigenen Prozess. Am Anfang steht oft eine diversifizierte strategische Asset-Allokation mit unterschiedlichen Ertragsquellen, darunter Staatsanleihen, Unternehmensanleihen und Aktien.

Das ermöglicht auch deshalb Erträge, weil Wertpapiere auf die Konjunktur reagieren. Außerdem fällt es vielen Anlegern schwer, wirklich langfristig investiert zu bleiben. Mit einer diversifizierten Anlage wird man dafür belohnt, dass man auch bei Wirtschafts- und Marktschwankungen Kurs hält.

Fast alle Assetklassen haben 2022 verloren. Wer nicht verkauft hat, konnte sich seit Jahresbeginn aber über Gewinne freuen. Langfristig hat man mit diesen Assetklassen dank ihrer Risikoprämien ohnehin meist gut verdient. Das ist der Grundgedanke der strategischen Asset-Allokation. Für die meisten Investoren hat sie funktioniert.

…mit Variationen

Vielleicht reicht Ihnen das aber nicht. Dann könnten sie nach Marktphasen Ausschau halten, die völlig anders sind als beim Aufbau der strategischen Asset-Allokation angenommen – etwa, weil sich die Bewertungen oder der mittelfristige Konjunkturausblick verändern. Man könnte dann Positionen eingehen, die bisweilen deutlich von der strategischen Asset-Allokation abweichen.

Die Leser unseres vierteljährlichen Asset Allocation Committee Outlook wissen, dass wir seit der zweiten Jahreshälfte 2020 vorsichtig sind. Wir rechneten mit einer steigenden Inflation, sahen große Zinsrisiken und hielten Aktien für zu hoch bewertet. Diese Einschätzungen würden eine Positionierung implizieren, die weniger Aktien und mehr Liquidität enthält als eine langfristige strategische Vermögensallokation. Anleger, die so positioniert sind, wurden während des Ausverkaufs an Aktien- und Rentenmärkten im Jahr 2020 belohnt. 

Auch 2023 blieben wir bei Aktien bislang zurückhaltend. Mittelfristig rechnen wir mit schwächeren Unternehmensgewinnen. Auch wegen der hohen Kurzfristzinsen lohnt es sich, erst einmal abzuwarten.

Solche Anpassungen der Asset-Allokation bedeuten, dass man auch nach Anlagedauern diversifiziert. Letztlich variiert man aber nur die strategische Asset-Allokation, statt Grundlegendes zu ändern. Man denkt meist mittelfristig, auf Sicht von 12 bis 18 Monaten. Daher sollte man die Performance nicht über einen kürzeren Zeitraum messen.

Für Mehrertrag kann auch aktives Management innerhalb der Assetklassen sorgen. Doch auch hier hat man meist einen längeren Anlagehorizont, vor allem bei vielen aktiven Aktienstrategien. Deshalb sind Phasen mit einer hohen Indexkonzentration wie zurzeit für aktive Manager oft nicht einfach. Aus strategischen, manchmal aber auch aus aufsichtsrechtlichen Gründen, verzichten sie auf ähnlich konzentrierte Portfolios.

Fallstricke

Tatsächlich zeigte die erste Jahreshälfte 2023, dass Anlagen allein auf Basis mittelfristiger und strategischer Einschätzungen ihre Tücken haben.

Wurden Investoren wirklich für ihre Geduld belohnt? In gewisser Weise ja.

Mit Geldmarktanlagen und kurzfristigen US-Staatsanleihen hat man etwa 5% verdient, aber der gleichgewichtete S&P 500 bewegte sich dieses Jahr im Wesentlichen seitwärts. Der wirkliche, kapitalisierungsgewichtete S&P 500 Index hat aber um 12% zugelegt. Er steigt bereits seit Oktober und hat seit dem 10. März noch einmal kräftig Auftrieb bekommen.

Über die Gründe dafür haben wir viel geschrieben. Viel hatte mit Kapitalströmen zu tun, der Eindeckung von Short-Positionen, Käufen der Vorjahresverlierer und Momentumstrategien. Bewertungsüberlegungen spielten aber auch eine Rolle. Der deutliche Rückgang der Zinserwartungen im März half den Mega Caps, den hoch kapitalisierten US-Wachstumswerten, die den Index noch immer dominieren. Und dann gab es auch fundamentale Gründe: Die Fortschritte der Künstlichen Intelligenz schienen äußerst spannend. Profitiert haben davon vor allem einige wenige hoch kapitalisierte Titel.

Sprechen die Fakten aber wirklich dafür, dass der S&P 500 sein Niveau in den nächsten zwölf Monaten halten kann? Vielleicht, aber wir bleiben aus fundamentalen Gründen vorsichtig. Wenn überhaupt machen uns die jüngsten Gewinne mittel- bis langfristig noch vorsichtiger. Aber das ist der Zeithorizont unserer strategischen Asset-Allokation.

Könnte der Index in den nächsten Wochen und Monaten weiter positiv überraschen, zumal der KI-Enthusiasmus immer mehr zunimmt und man sich über die US-Schuldenobergrenze geeinigt hat? Selbstverständlich.

Hier wird die taktische Asset-Allokation wichtig.

Themen und Triebkräfte

Dieses Beispiel legt nahe, dass kurzfristige Entwicklungen der strategischen Asset-Allokation oft zuwiderlaufen.

Deshalb sind sie so lästig. Sie können der Performance vorübergehend schaden. Aber man kann sie auch nutzen. Die taktische Asset-Allokation ist keine Kopie der strategischen. Man kann sie mit einem Derivate-Overlay umsetzen oder taktische Fonds kaufen.

Die Märkte könnten durchaus noch ein Jahr lang von einer Handvoll Technologieaktien getragen werden, die von der KI-Euphorie profitieren. Plötzliche Änderungen von Kapitalströmen und Liquidität oder auch irgendwelche Einzelereignisse könnten zu Verzerrungen und Arbitragemöglichkeiten führen, die einige Tage oder Monate anhalten. Dann kann die Diversifikation nach Zeiträumen die langfristige strategische Asset-Allokation ergänzen.

Taktisch handeln und Gewinne realisieren

Mit der taktischen Asset-Allokation kann man jetzt von einem weiteren Anstieg des S&P 500 profitieren, dank wachstumsstarker Mega Caps und vielleicht auch einzelner Konjunkturdaten. Wegen des Dreijahreshochs der impliziten Volatilität könnten auch Indexkaufoptionen, die aus dem Geld sind, dank niedriger Optionsprämien interessant sein.

Wenn sich solche Anlagen lohnen, werden sich die Verantwortlichen für die strategische Asset-Allokation fragen, ob der Markt irgendwann zur Vernunft kommt. Aber genau darum geht es bei der Diversifikation nach Anlagezeiträumen, zusätzlich zur traditionellen Diversifikation nach Assetklassen, Sektoren und Regionen: Wenn sie Erfolg hat, kann man Gewinne realisieren und sich über die taktische Allokation freuen. Die Gewinne kann man wiederum in Wertpapiere investieren, die dank ihrer Risikoprämien langfristige Gewinne in Aussicht stellen. Schließlich könnten die Risikoprämien jetzt noch höher sein als vor den jüngsten Kursgewinnen.

Von Niall O’Sullivan, Chief Investment Officer, Multi Asset Strategies – EMEA, Neuberger Berman

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Neuberger Berman Standort in Deutschland: Eurotheum, Neue Mainzer Str. 66-68, 60311 Frankfurt

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