CIO Weekly | Blüht der Yen jetzt auf?

Der Yen ist immer noch schwer belastet. Dennoch könnte der lange, kalte Winter bald vorbei sein. Neuberger Berman | 04.04.2024 12:11 Uhr
Brad Tank, Chief Investment Officer – Fixed Income, Neuberger Berman / © e-fundresearch.com / Neuberger Berman
Brad Tank, Chief Investment Officer – Fixed Income, Neuberger Berman / © e-fundresearch.com / Neuberger Berman

Jedes Frühjahr erlebt Japan ein wahres Naturwunder. Der Winter ist vorbei und die Kirschblüte beginnt. Das ganze Land leuchtet rosarot.

Für den Yen dauert der Winter aber schon länger. Seit seinem langfristigen Hoch gegenüber dem US-Dollar 2011 hat er fast die Hälfe seines Werts verloren und notierte zuletzt so niedrig wie seit Anfang der 1990er nicht mehr. Weil die Inflation in den USA höher war als in Japan, wertete der Yen real noch sehr viel stärker ab: In den letzten 30 Jahren war sein handelsgewichteter realer effektiver Wechselkurs nie niedriger als heute.

Doch vor zwei Wochen hat die Bank of Japan ihren Leitzins angehoben – von -0,1% bis 0,0% auf 0,0% bis +0,1%. Acht Jahre lang lagen Japans Zinsen deutlich unter null, und bis zur letzten Zinserhöhung muss man sogar 17 Jahre zurückgehen. Japans Inflation beträgt zurzeit 2,8%.

Geht der Winter jetzt vorbei? Könnte der Yen endlich wieder aufblühen?

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Zusammen mit dem Ausstieg aus der Zinsstrukturkurvensteuerung und dem Stopp der Notenbankkäufe von ETF-Anteilen und Immobilien signalisierte die Zinserhöhung das Ende der jahrelangen Geldmengenexpansion.

Seltsamerweise gab der Yen aber erst einmal nach: Gegenüber dem US-Dollar büßte er weitere 1,5% ein, und laut Terminmarkt sind die Short-Positionen im Yen heute so hoch wie zuletzt 2017.

In gewisser Weise folgte der Markt der Regel, dass man „bei der Nachricht“ verkaufen soll. Die Zinserhöhung selbst hat dann niemanden mehr überrascht, und ihre Begleitrhetorik war recht zurückhaltend. An den Anleihenkäufen hat sich kaum etwas geändert und nichts sprach für weitere Zinsschritte. Die Aussicht auf höhere Zinsen für Bankreserven, Kursverluste der großen Anleihenbestände und die wieder etwas niedrigere Inflation dürften die Notenbank erst einmal abwarten lassen.

Wir glauben aber, dass noch andere, viel stärkere Kräfte den Yen im Winterschlaf halten.

Zinsdifferenzen und Marktstimmung

Aus unserer Sicht reagiert der Dollar-Yen-Wechselkurs (USD/JPY) vor allem auf zwei Faktoren: die Zinsdifferenz zwischen den beiden Ländern und die weltweite Marktstimmung. Ein Indikator aus 50% Realzinsdifferenz und 50% S&P 500 bildet den Wechselkurs sehr gut ab.

Das ist plausibel. Die aktuelle Zinsdifferenz von etwa 5,5 Prozentpunkten macht den Yen zu einer attraktiven Finanzierungswährung für Carry Trades in US-Dollar – sei es am Währungsmarkt selbst oder in Form nicht währungsgesicherter Käufe amerikanischer Anleihen durch japanische Investoren. Das Risiko eines Carry Trades ist, dass Kursverluste den gesamten Carry neutralisieren. Deshalb sind Carry Trades – und damit Short-Positionen im Yen – bei einer guten Marktstimmung beliebter.

Trotz Corona, der vielen weltpolitischen Krisen und der Störungen des Welthandels ist die implizite Volatilität von USD/JPY zurückgegangen. Die implizite Volatilität von Währungen und Aktien ist fast auf ein Fünfjahrestief gefallen. Die Leitzinsen wurden zwar wiederholt angepasst, doch haben Änderungen der Geldpolitik keine großen Auswirkungen auf den Wechselkurs, solange die Zinsunterschiede weitgehend unverändert bleiben. Mit jeder guten Konjunkturnachricht aus den USA und mit jeder weiteren erwarteten Verzögerung der Zinssenkungen der Fed lässt die implizite Volatilität in der Regel weiter nach.

Die große Unbekannte

Wie der Winter können solche Entwicklungen manchmal von Dauer sein, aber irgendwann ist Schluss.

Carry Trades sind nicht umsonst zu haben. Diesmal könnte das Interesse enden, wenn die Anlegerstimmung weltweit nachlässt und die Volatilität steigt. Vor allem aber haben Carry Trader bei einem geringeren Zinsunterschied zwischen den USA und Japan weniger Schutz vor Kursverlusten.

Eine Reihe schwacher US-Arbeitsmarktdaten oder anderer Hinweise auf eine nachlassende Konjunktur, gefolgt von einer Lockerung der US-Geldpolitik, könnten genau das bewirken – selbst wenn die Bank of Japan ihre eigene Geldpolitik weiter normalisiert.

Auch weiß niemand genau, ob die japanische Notenbank vielleicht direkt am Währungsmarkt interveniert.

Die derzeitigen Gerüchte über eine kurz bevorstehende Intervention überraschen nicht. Der reale effektive Wechselkurs des Yen ist heute niedriger als im Oktober 2022, als die Bank of Japan zuletzt intervenierte – und heute wie damals warnt sie vor spekulativen Übertreibungen. Wenn sie jetzt noch wartet, dürfte die Wahrscheinlichkeit spätestens dann steigen, wenn der amerikanische Wahlkampf Fahrt aufnimmt und Handelsverzerrungen durch einen schwachen Yen die Politik beschäftigen.

Eine erste Knospe

Wird irgendetwas davon reichen, damit sich der USD/JPY-Trend nachhaltig umkehrt?

Vielleicht, vielleicht auch nicht. Interventionen und Abschwünge müssen hinreichend stark sein, damit sich genug Investoren von ihren geliebten Positionen trennen. Außerdem wäre es sehr teuer, gegen USD/JPY zu wetten. Der negative Carry betrüge jährlich 5,5%.

Eine neue Blüte des Yen mag nicht sicher sein, aber der Höhepunkt des Winters dürfte hinter uns liegen. Für andere Währungen wird es aber unterdessen ungemütlicher.

Als erste G10-Notenbank hat die Schweizerische Nationalbank am 21. März ihren Leitzins gesenkt. Wir halten den Franken daher zur Finanzierung von Carry Trades jetzt für attraktiver als den Yen. Wer eine Long-Position im Yen eingehen will, finanziert sie möglicherweise mit dem Franken und zahlt dann einen negativen Carry von gut 1 Prozentpunkt statt gut 5 wie beim US-Dollar.

Japans Kirschblüte beginnt – mit einer ersten Knospe.

Von Brad Tank, Co-Chief Investment Officer und Global Head of Fixed Income, Ugo Lancioni, Senior Portfolio Manager & Toyaj Singh, Portfolio Analyst und Trader bei Neuberger Berman

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